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Notizen

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Das Pax-Christi-Komitee, Salzburg, zusammen mit der Arbeitsstelle der Pax-Christi-Bewegung in Oberösterreich und mit der katholischen Inneren Mission, hatte für den 2. Oktober zu einem Sühnegang in das KZ Mauthausen aufgerufen, der sich zu einem höchst bewegenden Ereignis gestaltete. Es war ein gewagter Versuch, die Bemühungen der Pax-Christi-Bewegung, Brückenau schlagen,.nun hier bei uns auf einen der heikelsten und verhärtetsten Komplexe, das KZ-Problem, auszudehnen; die erstarrten Fronten der Opfer des Nationalsozialismus und der von den NS-Gesetzen betroffenen früheren Nationalsozialisten in Bewegung zu bringen. Es wäre kühn, zu behaupten, daß dies mit dem Sühnegang allein schon geschehen sei; aber er war ein Anfang, ein guter Anfang. Die etwa 500 Menschen, die sich am 8. Oktober auf dem Bahnhof Mauthausen zusammenfanden, kamen wirklich zu einem beträchtlichen Teil aus jenen feindlichen Lagern ehemaliger Nationalsozialisten und ehemaliger KZler, und es war viel guter Wille spürbar während- ihres gemeinsamen Schweigemarsches, im Zeichen des großen Sühnekreuzes, zum Lager hinauf, auf jenen Wegen, die so vielen Menschen einst zum letzten schweren Weg geworden sind. Ertbischof Rohracher, der im Lager Mauthausen unter dem Sühnekreuz die Messe zelebrierte, sprach noch einmal von jener Zeit des Schreckens und Grauens und gedachte derer, die ihre Opfer wurden, aber auch ihrer Henker und Quäler, nicht im Geiste des Hasses, sondern der Verzeihung, die Christus von uns wünscht. In diesem Sinne sprach auch P. Manfred Hörhammer aus München, an dessen Worten wohl jedem der vielen Zuhörer die Mitverantwortung und Mitschuld jedes einzelnen an dem unmenschlichen Geschehen der Vergangenheit klarwerden mußte, und sei es nur durch unser Schweigen und Geschehenlassen von Dingen, die nicht hätten geschehen dürfen. Daß hier wirklich der Geist der Versöhnung lebendig war, wurde an einem kleinen, sehr bewegenden Ereignis offenbar. Wir hatten während der Siihnefeier eine kleine Gruppe von Franzosen beobachtet, die nicht gerade freundlich den Vorgängen folgte, und aus dieser Gruppe nun bat nach P. Hörhammers Ansprache einer um das Wort, der uns als Präsident des KZ-Komitees Mauthausen vorgestellt wurde. Er begann seine kurze Rede damit, daß er zum erstenmal im Schatten des Kreuzes spreche, und er sprach in dem Geist, den der Sühnegang erwecken wollte! In diesem gleichen Geist wurde am S. Oktober in der einzigen österreichischen Pax-Christi-Kirche, St. Elisabeth in Salzburg, ein von ehemaligen KZlern und Nationalsozialisten gemeinsam gestifteter Altar, hergestellt aus Material des' Todessteinbruchs von Mauthausen', übergeben und geweiht.

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Am 7._ Oktober 1938 versammelte sich die Katholische lugend Wiens im Dom zu St. Stephan und legte ihrem Bischof in spontaner Art ein Versprechen ihrer Treue ab. In einer grandiosen, unbeabsichtigten Kundgebung huldigte man dem Bischof. Polizei und Gestapo verhafteten viele Teilnehmer, einige von ihnen starben im KZ. In Erinnerung an dieses Ereignis, das der erste spontane Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Oesterreich war. veranstaltet die Katholische Jugend Wiens jedes Jahr am 8. Oktober eine Bekennte nisfeier. Dieses Jahr versammelten sich mehrere tausend Burschen und Mädel der Katholischen Jugend Wiens Samstag abends vor der Votivkirche. Der Diözesanführer der Katholischen Jugend, Dr. A p-piano, konnte zu Beginn der Feier unter den Ehrengästen Erzbischof Dr. J a c h y m begrüßen. Nach der Rede von Dr. Wolf Müller formierten sich die Teilnehmer der Kundgebung zu einem eindrucksvollen Fackelzug. Bei der feierlichen Abschlußkundgebung im Stephansdom erinnerte Msgr. Doktor Stur, der bei der denkwürdigen Kundgebung der Katholischen Jugend am 7. Oktober 1938 gepredigt hatte, in seiner Ansprache an die Tage des Herbstes 1938 und an die Verfolgungen, denen die Mitglieder der Katholischen Jugend in den Jahren der deutschen Besetzung ausgesetzt waren. Anschließend hielt Erzbischof Dr. Jachym den feierlichen Segen. In einer kurzen Ansprache dankte er den versammelten Jugendlichen für ihre Treuekundgebung. „Daß wir bewußte, beständige, kämpferische Katholiken werden und bleiben mögen, sei der Sinn dieser Bekenntnisfeier“, erklärte der Erzbischof.

Die Oesterreichische Akademie der Wissenschaften in Wien gibt ein Oesterreichisches Biographisches Lexikon heraus, das alle österreichischen Frauen und Männer erfassen soll, die zwischen 1815 und 1950 im jeweiligen österreichi-- sehen Staatsverband gelebt haben bzw. bis 1950 gestorben sind und auf- den Gebieten der Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik, des Militärs usw. hervorragendes geleistet haben. Die Akademie bittet um Namen von Personen, die in das Lexikon gehören. Der Redaktionsschluß für die Buchstaben G und H ist Anfang Dezember. Zuschriften ' erbeten an: Oesterreichisches Biographisches Lexikon, Dr. Eva

Obermayer-Marnach, Universität Wien, Institut für österreichische Geschichtsforschung.

Erika Spann-Rheinsch, die Witwe und Mitarbeiterin des Professors der Staatswissenschaft Othmar Spann, beging ihren-75. Geburtstag in Wien. Die Dichterin hatte einen größeren Kreis von Freunden und Vertrauten ihres Schaffens zu einer Lesung aus ihren Werken geladen.

Der Thomistenkongreß, der alle fünf Jahre in Rom zusammentritt, fand heuer von 13. bis 17. September statt. Diesmal wurde seine Bedeutung noch dadurch besonders unterstrichen, daß ihn der Heilige Vater selbst inaugurierte, indem er die Kongreßteilnehmer am 13. September in Castel Gandolfo empfing und in seiner Ansprache unter Hinweis auf die Fortschritte det modernen Atomforschung zur philosophischen Durchdringung und Auswertung der Ergebnisse der Naturwissenschaft aufforderte. Der Kongreß, der in der Cancelleria Apostolica abgebalten wurde, dauerte volle vier Tage und behandelte drei der vorzüglichsten Probleme der Gegenwart: Die Beziehung der thomistischen Philosophie zur Naturwissenschaft;, den dialektischen Materialismus und die Existenzphilosophie. Die Referate lagen bereits in einem. Band-von über 600 Seiten unter dem Titel „Sapientia Aquinätis“ in Druck vor.1 Ihr Inhalt wurde für. jedes der drei Themen von je zwei Referenten kurz zusammengefaßt. Hierauf begannen die Diskussionsreden, die in einem weiteren Band veröffentlicht werden. Von den Diskussionsrednern fand Pro-' fessor Keilbach (Wien) besondere Beachtung. Gestützt auf eine langjährige Erfahrung, wies er darauf hin, daß man mit den Anhängern des dialektischen Materialismus nur dann in eine fruchtbare Diskussion eintreten könne, wenn man zu beweisen sucht, daß die Wissenschaft entweder das nicht lehre, was sie behaupten, oder mit der Philosophie und Religion keineswegs in Widerspruch stehe. In der Schlußsitzung faßte der Leiter des Kongresses, P. Boyer SJ., das Ergebnis in kurzen Punkten zusammen, worauf Seine Eminenz Kardinal Pizzardo, der Präsident der päpstlichen Akademie des heiligen Thomas von Aquin und Vorsitzender des Kongresses, das Schlußwort sprach.

Das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart, 1917 als Deutsches Auslandsinstitut gegründet, hat sich von den Kriegsfolgen völlig erholt. Die Bibliothek umfaßt rund 100.000 Bände, die Kartenabteilung zählt 7500 Karten. Gegenwärtig gehen 1000 Zeitungen des In- und Auslandes ein, das .Zeitungsausschnittarchiv hält etwa 10.000 Ausschnitte zur Verfügung wissenschaftlicher Forschung. Ein allgemeines Archiv enthält Sammlungen von Satzungen, Jahresberichten, Programmen in- und ausländischer Institute. Die Lichtbildabteilung besitzt 90.000 Bilder aus allen Erdteilen. Diapositive für Vorträge werden regelmäßig ausgeliehen. Der Lichtbildabteilung ist eine originelle Sammlung von 8000 Reiseprospekten, Plakaten und Handbüchern sowie eine vollständige Sammlung aller Nationalhymnen im Original und in deutscher Uebersetzung, zum Teil auch auf Schallplatten, angeschlossen. Wissenschaftliche Anfragen gehen aus aller Welt ein; die Oesterreich betreffenden Fragen nehmen zu. Von den Publikationen des Instituts (Buchübersetzungen, Aus-landkalender, „India-Magazin“, „Deutschunterricht für Ausländer“) haben die „Mitteilungen“ großen informativen Wert. So erschien März/April 1955 die erste Biographie führender kulturpolitischer Zeitschriften aus 72 Ländern der Welt (900 Nummern umfassend) in deutscher Sprache, Mai/August 1955 ein Heft „Mexiko“ mit einer Auswahlbiographie, 266 Nummern enthaltend.

Verstärkte atheistische Aufklärung in der sowjetischen Kriegsmarine verlangt ein Leitartikel in dem offiziellen Organ „Sowjetski Flot“ („Sowjetflotte“), in dem darüber Klage geführt wird, daß es unter den Angehörigen der sowjetischen Streitkräfte noch zu viele Gottesgläubige gibt, deshalb sei es dringend erforderlich, die Anstrengungen im Kampf gegen den religiösen Glauben unter den Sowjetmatrosen zu steigern und jede Duldung als Verstoß gegen die kommunistische Weltanschauung zu brandmarken. Bei der Schwarzen-Meer-Flotte, klagt der Aufsatz, liegen die Dinge am meisten im argen, weil deren Kommandeure und Politkommissare offenbar die vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei erlassenen Anweisungen nicht ausgeführt haben. Die politische Verwaltung der Schwarzen-Meer-Flotte trage die Hauptschuld. „Lange Zeit hindurch haben die Propagaiidaredner der Schwarzen-Meer-Flotte nur einen einzigen Vortrag über das Thema Religion — der Feind von Wissenschaft und Fortschritt' gehalten. Erst jetzt endlich wurde ein weiterer Vortrag über die Schädlichkeit religiöser Vorurteile und über den Aberglauben vorbereitet. Das ist völlig unzureichend.“ Es genügt auch nicht, erklärt „Sowjetflotte“ weiter, für die antireligiöse Propaganda auf den Kriegsschiffen dafür angestellte atheistische Redner zu verwenden. „Hierfür muß vielmehr eine möglichst große Anzahl von Offizieren, Kommunisten und Mitgliedern des kommunistischen Jugendverbandes mit entsprechendem Training eingesetzt werden.“ — Also das tut not — fast dreißig Jahre nach der Machtergreifung des bolschewistischen Marxismus in Rußland. Und das ist keine isolierte Erscheinung. Ein Artikel des „Vestnik Vyshei Shkoly“, Nr. 8/1955, eines Organs für das höhere Schulwesen in Rußland, hält die Einrichtung von Kursen für Logik von beachtenswertem Nutzen in der Erziehung der Studenten für höherqualifizierte atheistische Arbeit. Eine Forderung, die das Blatt begründet hält durch die Tatsache, daß zwar die meisten sowjetischen Studenten frei seien von religiösen „Mißverständnissen“, aber es gebe „noch viele Menschen in Rußland, die sich vom religiösen Glauben nicht freigemacht haben Künftige Spezialisten seien mit der Fähigkeit auszurüsten, mit Hilfe der Logik überzeugend gegen die Religion anzukämpfen, so wie dies schon griechische Philosophen wie Epikur getan hätten.

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