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Keine sdiweigende Kirdie mehr

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Men Bauern und Unternehmer. Die Arbeiterklasse ist mit 12 Prozent Uberraschend gut beteiligt. Vorlaufig sind die Schweigenden nur in Paris, Lyon, Bordeaux, Arras und StraB-burg organisiert. In den anderen Orten sind sie iiber die Grundung von Basisgruppen nicht hinausge-kommen. Als Frucht der Konferenz von Ver­sailles iibergaben die Schweigenden den Bischofen eine Denkschrift, in der sie ihre Ziele umrisen. Sie be-statigten ihren Willen, in die Di-ozesen und Pfarreien einzudringen, ein eigenes Forum fiir die Jugend zu griinden, um den Mangel zu besei-tigen, daB diese vielfach das Aposto-lat mit politischen Verpflichtungen verwechselt. Die Schweigenden wen-den sich in ihrer Botschaft an die Bi-schofe: „Wir wollen keine Kaste, die uns Gesetze vorschreibt. Die von uns anerkannten Gesetze stammen von Christus. Die harmonische Entwick-lung der Gesellschaft ist durch die Doktrin der Kirche deflniert, die jedoch in keiner Weise einen Sozia-lismus herbeifuhren darf, welcher den Menschen unter die Tyrannei einer unverantwortlichen Biirokratie zwingt. Die Kirche soli nicht die Wissenschaft vernachlassigen, aber gewisse Techniken verneinen, wie die Dynamik der Gruppen, gefahr-liche Instrumente der psychologi-schen Massenbeeinflussung. Die Ver-wendung marxistischer Analysen, von katholischen Verbanden prakti-ziert, ist absolut zu vemeinen. Die Pseudopropheten bemiihen sich gegenwartig, kleine Gemeinschaften innerhalb der Kirche mit revolutio-narem Geist zu erfiillen. Wiirde die Kirche weiterhin diesen Weg verfol­gen, loste sie sich in einzelne Sekten auf.“

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Men Bauern und Unternehmer. Die Arbeiterklasse ist mit 12 Prozent Uberraschend gut beteiligt. Vorlaufig sind die Schweigenden nur in Paris, Lyon, Bordeaux, Arras und StraB-burg organisiert. In den anderen Orten sind sie iiber die Grundung von Basisgruppen nicht hinausge-kommen. Als Frucht der Konferenz von Ver­sailles iibergaben die Schweigenden den Bischofen eine Denkschrift, in der sie ihre Ziele umrisen. Sie be-statigten ihren Willen, in die Di-ozesen und Pfarreien einzudringen, ein eigenes Forum fiir die Jugend zu griinden, um den Mangel zu besei-tigen, daB diese vielfach das Aposto-lat mit politischen Verpflichtungen verwechselt. Die Schweigenden wen-den sich in ihrer Botschaft an die Bi-schofe: „Wir wollen keine Kaste, die uns Gesetze vorschreibt. Die von uns anerkannten Gesetze stammen von Christus. Die harmonische Entwick-lung der Gesellschaft ist durch die Doktrin der Kirche deflniert, die jedoch in keiner Weise einen Sozia-lismus herbeifuhren darf, welcher den Menschen unter die Tyrannei einer unverantwortlichen Biirokratie zwingt. Die Kirche soli nicht die Wissenschaft vernachlassigen, aber gewisse Techniken verneinen, wie die Dynamik der Gruppen, gefahr-liche Instrumente der psychologi-schen Massenbeeinflussung. Die Ver-wendung marxistischer Analysen, von katholischen Verbanden prakti-ziert, ist absolut zu vemeinen. Die Pseudopropheten bemiihen sich gegenwartig, kleine Gemeinschaften innerhalb der Kirche mit revolutio-narem Geist zu erfiillen. Wiirde die Kirche weiterhin diesen Weg verfol­gen, loste sie sich in einzelne Sekten auf.“

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Die Schweigenden verlangen die Pluralitat der eucharistischen Feiern und die Moglichkeit, weiterhin die lateinische Sprache verwenden zu diirfen. Den Kindern solle der Glaube in alien Dimensionen vermit-telt werden, unter Beriicksichtigung moralischer und geistiger Voraus­setzungen. Die Bewegung fordert energisch die Beibehaltung der pfarrlichen Strukturen und die orga-nische Teilnahme der Glaubigen an der Verwaltung dieser Einheiten.

Frankreichs Schweigende der Kirche sehen ihre Aufgaben nicht isoliert und national begrenzt. Schon in Versailles manifestierte sich der Wille, mit Briidern gleicher Uberzeu-gung in Holland, Belgien, Osterreich, Deutschland und der Schweiz in Kontakt zu treten. Wurde in Bor­deaux am 25. April 1971 noch einmal die nationale Lebenskraft durch 2500 Anwesende dokumentiert, soil-ten in StraBburg am 6./7. November 1971 gleichgesinnte Personen in den Nachbarlandern aufgerufen werden. Unabhanigig von der Kundgebung der Schweigenden wurde am Vor-abend ein Treffen katholischer Intel-lektueller inszeniert. Den Veranstal-tungen in StraBburg war ein rela-tiver Erfolg beschieden. Die Bel-gier wahlten am gleichen Tag ihr Parlament. Die Deutschen flelen durch Uneinigkeit auf.

Pierre Debray hatte auf Hilfe aus dem deutschen Sprachraum gerech-net. Er klagt: „Wir haben den Ein-druck, daB wir in Deutschland nicht den Partner gefunden haben. Wir er-warten eine dynamische Bewegung, in die alle politischen und sozialen Kategorien des deutschen Volkes ein-treten konnen, die wirklich im Dienste der Kirche stehen und nicht einzelnen Theologen folgen. Wir wollen keine personlichen Formen unseres Glaubens propagieren, son­dern den Glauben an eine lebendige Kirche untermauern, wie er von den Papsten verkundet wird. Wir ver­teidigen alle sozialen Lehren und die Resultate der letzten Synode. Wir wollen nicht zwischen Dokumenten der Kirche wahlen und verstehen keineswegs, daB man einzelne Dogmen annimmt, die einem gefal-len, und andere zuriickstoBt, die einem nicht gefallen.“

Die Bischofe zeigen sich, von edni-gen Ausnahmen abgesehen, aufge-schlossen. In Versailles lieB sich der zustandige Bischof durch seinen Sekretar vertreten; in Bordeaux empfing er die KongreBteilnehmer noch in einer kleinen Kirche, in StraBburg bereits in der Kathedrale. Und er nahm selbst an der Sitzung teil.

Von Rudolf Lewandowski

In der Pfarrgemeinde Bruay-en-Artois, Diozese Arras, er-eigneten sich eigenartige Dinge. Der Pfarrer und seine Kaplane verweigerten den kleinen Kindern die Taufe mit der Begriin-dung, ein Baby kimne keine freien Entscheidungen treffen. Die Minenarbeiter der lothringischen Kohlengruben, traditionell katholisch und konservativ eingestellt, zeigten sich mit den neuen Formen des Katechismusunterrichts unzufrieden.

Im Friihjahr 1971 fand in einem Pariser Vorort der Kon-greB der katholischen Arbeiterbewegung AOC statt. Im Beisein von acht Bischoi'en feierten die Redner den Klassenkampf als eine absolute Notwendigkeit. Am 13. Februar 1971 drang ein linkes Rollkommando in die Pariser Basilika Sacre-Coeur ein. Es vernichtete Teile der Inneneinrichtung. Nachdem die Stpren-friede kurz darauf mit erheblichen Strafen belegt wurden, ver-teidigte sie der Kardinal-Erzbischof von Paris. mus erkennen. Als Frucht dieser Reisen publizierte er die Studie. „Ein Katholik kehrt aus der Sowjetunion zuriick“.

Er beobachtete aufmerksam das Experiment der Arbeiterpriester und glaubte seit 1962, innerhalb der fran­zosischen Kirche Veranderungen zu entdecken, welche die bisherigen Formen des Glaubens in Frage stell-ten. 1963 veroffentlichte er eine grundlegende Arbeit iiber die „Neuen Priester“ und prophezeite eine schwere Krise des Klerus. Seit 15. Mai 1966 gab er den „W6chent-lichen Brief des Pierre Debray“ her-aus, ein Informationsblatt, das halb im Geheimen zirkulierte und die sozialistisch-kommunistischen Ein-fliisse auf die katholischen Organisa-tionen enthiillte.

Pierre Debray verfolgte die letzte Periode des Konzils in Rom und war iiber die Art schockiert, in der die groBe Pariser Presse iiber die Kon-zilsarbeit und -beschlusse schrieb: Auf der einen Seite Sensationsgier, auf der anderen Seite die subjektive Parteinahme fiir die kontestierenden Krafte. Die Ereignisse im Mai 1968 fuhrten Pierre Debray dazu, die Ver-suche einer Kulturrevolution, in zahlreichen Pariser Pfarreien prak-tiziert, aufzugreifen. In seinem Wochenbrief (Auflage 100.000 Exem-plare) beleuchtete er als Soziologe die Methoden der radikalen Linken, die in Kapellen und Kirchen ihre Zellen etabliert hatten. Um diese Angriffe von der linken Seite abzu-wehren, griindete Pierre Debray ge-meinsam mit Francoise Lucrot das „Bureau d'Information d'Etude et de Liaison“.

Im Oktober 1969 kam Debray wie­der nach Rom, um die Arbeiten der Bischofssynode zu verfolgen. Die Priester der Gruppe „Austausch und Dialog“ organisierten eine parallele Versammlung, vielfach unterstutzt und gelobt von der Pariser Presse. Sieben franzosische Journalisten protestierten gegen die einseitige Berichterstattung: Diese sieben, Georges Daix, Guy Baret, Pierre Debray, Roland Gaucher, Pierre Lemaire, Beatrice Sabran, Louis Sal-leron, konnen als die Begriinder der Bewegung bezeichnet werden. Am 12. Oktober trafen sich 150 konte-stierende Priester am Petersplatz, rezitierten Bibelverse und zitierten Reden von Fidel Castro und Leit-satze aus dem Roten Biichlein Maos. Die sieben franzosischen Journa­listen kniipften ein Gesprach mit den Priestern an, und bald folgten funf-hundert Pilger diesen Auseinander-setzungen. Am nachsten Tag wurde diese Aktion in Paris als Sensation gewertet.

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Pierre Debray veranstaltete zahl­reiche Aussprachen in der Ewigen Stadt und registrierte mit Befrie-digung das Echo. Die Journalisten grundeten gleichzeitig das ..Franzo-sische Komitee fiir die Einheit der Kirche“. Madame Lucrot iibernahm die Funktion eines Generalsekre-tars. Am 3. November fand die erste offentliche Versammlung in Paris statt. 1200 Personen drangten sich in der Mutualite. Eine beachtliche Unterstiitzung erfiuhren die Schwei­genden durch die Einladung Kardi-nal Danielous, der am 9. Dezember die Masse der Katholiken auffor-derte, ihre Stimme zu erheben. 200.000 Personen unterzeichneten ein Treuebekenntnis an Papst Paul VI., unter ihnen Gabriel Marcel, Fran­cois Mauriac und Minister Edmond Michelet.

Die Bewegung rekrutierte sich anfanglich aus den Lesern des ..Wochentlichen Briefs“, der sich mit 6500 zahlenden Abonnenten einen Platz in der religiosen Information erworben hatte. Niemand kann sagen, wer zuerst den Begriff „Die Schweigenden der Kirche“ gepragt hat.

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Die Zeit schien reif, sich einer breiten Offentlichkeit vorzustellen.

Am 7./8. November 1970 bereiteten Pierre Debray und seine Freunde, die aus alien Lagern kamen, wie bei-spielsweise Professor Soulage, wel-cher von der Linken zu den Schwei­genden stieB, eine Kundgebung im groBten Saal von Versailles vor. Eine Woche vorher hatte die linksorien-tierte katholische Gruppe „Das neue Leben“, die einen permanenten Dialog mit den Marxisten anstrebt, 2500 Personen im gleichen Rahmen versammelt. Den ..Schweigenden der Kirche“ gelang es, zur eigenen Uber-raschung, 8500 Manner und Frauen, darunter den ehemaligen Minister-prasidenten Bidault, den gaullisti-schen Minister Raymond Triboulet und den engen Mitarbeiter Marschall Petains, Admiral Auphan, zu ver-sammeln. Eine starke Delegation von Minenarbeitern aus Nordafrika, Ab-geordnete aller Parteien mit Aus­nahme der Kommunisten, die eleganten Damen des 16. Pariser Be-zirkes, Landedelleute und einfache Burger, junge Frauen und Hunderte von Kindern reprasentierten Frank­reichs katholisches Volk. Aus Hol­land, Deutschland und der Ukraine waren Delegationen gekommen. „Wir proklamieren unseren Glauben und wollen ihn nicht zerstoren lassen“, erklarte man. „Wir bekennen uns zu den lebenden Traditionen der Kirche und wollen nicht mit ihnen brechen. Wir wollen die Einheit des Gottes-volkes herstellen und diese nicht auseinanderreiBen.“ Die maBvolle Haltung der KongreBteilnehmer fand in Pariser geistig-religiosen und politischen Kreisen lebhaften Widerhall.

Pierre Debray, der bisher durch •harte Formulierungen aufgefallen war und mit Gewalttaten gedroht hatte, wurde zum zuchtvollen Fiihrer einer Bewegung, welche imstande sein diirfte, die Mehrheit der fran­zosischen Katholiken anzusprechen. Es gelingt ihm, die zahlreichen hete-rogenen Stromungen, die sich in sei­ner Bewegung bemerkbar machen, in ein einheitliches FluBbett zu len-ken.

Heute prasentieren sich die Schweigenden der Kirche als einge-schriebener Verein mit 5000 Mitglie-dern und 50.000 Sympathisierenden. Die Mitglieder zahlen je nach Ein-kommen jahrlich 10 bis 100 Franc. Einzelne geben sogar Spenden bis zu 1000 Franc. Betrage dariiber werden nicht angenommen, um nicht in ein Abhangigkeitsverhaltnis zu geraten.

Die Organisation ist iibersichtlich gegliedert. An der Basis finden wir Kreise von fiinf bis sechs Personen, in die Pfarrei integriert, die gemein-sam beten und sich mit Glaubens-fragen beschaftigen. Diese Gruppen bilden einen Pfarr-Rat, der seinen Uberbau flndet im Rat von drei oder vier Pfarreien. Diese wieder ent-senden ihre Delegierten in die Diozesan- und Provinzrate. Die Be­wegung, stark zentralisiert und auf die Person des Prasidenten Pierre Debray ausgerichtet, wird von drei Instanzen geleitet: dem Nationalrat, dem nationalen Buro und einem Ver-waltungsrat. Fast alle sozialen Schichten sind vertreten. 55 Prozent Manner gegen 45 Prozent Frauen, bei einem Durchschnittsalter zwischen 35 und 50 Jahren. Der Grofiteil der Anhanger stammt aus dem kleinen Mittelstand. Es fehlen fast vollkom-

Seit zwei Jahren beschaftigen sich die Kommentatoren mit dem Trei-ben, den Erklarungen und Kritiken der kontestierenden Priestergruppe „Austausch und Dialog“. Diese neun-hundert Priester wurden als typisch fiir die Malaise innerhalb der 40.000 Kleriker Frankreichs hingestellt. Die Massenmedien verhalfen der Gruppe dazu, eine weit iiber ihre Bedeutung hinausgehende Rolle zu spielen und charakterisierten sie als eine Avant-garde, bereit und fahlg, die Prin-zipien des Zweiten Vatikanischen Konzils radikal zu realisieren. Das staatliche Fernsehen illustrierte im Laufe des Jahres 1971 mit einer ge-wissen Sympathie die Zersetzungs-erscheinungen innerhalb der Kirche.

Jeder Kenner der Kirche Frank­reichs staunte iiber das Schweigen der Masse der Glaubigen, welche sich fiir verniinftige Reformen aussprach, aber eine Reformation im Stile des 16. Jahrhunderts auf das entschie-denste ablehnte. Mit Ausnahme der extrem rechtsstehenden „Allianz vom heiligen Michael“, in der sich ehemalige Offlziere fur Kreuzugs-ideen erwarmten, verfolgten Frank­reichs Katholiken die Ablosung der durch Jahrhunderte liebgewordenen Strukturen und Riten mit gespann-ter Aufmerksamkeit, auBerten sich aber seiten negativ hinsichtlich der Auswiichse und des Trends.

Aus der Mitte des Kirchenvolks kamen trotzdem Anregungen, welche die Zeitschrift „L'hornme nouveau“ aufnahm und in warnende Artikel umsetzte. Diese Zeitschrift, schon vor dem Kriege begrundet, erschien 1945 neu und inspirierte eine Bewegung, deren Konturen bis zum heutigen Tage fragmentarisch blieben. Abbe Andr6 Richard, Chefredakteur die­ser Zeitung, wurde zum Anwalt der konservativen Katholiken, welche die Erneuerung der Kirche in einer Anarchie enden sahen.

Im Gegensatz zu den kontestieren­den Priestern bildete sich 1970 die Gruppe „Opus Sacerdotale“, in der 500 Seelsorger das iiberlieferte Prie-stertum verteidigen. Als Hauptspre-cher tritt Etienne Catta auf, Profes­sor an der katholischen Fakultat von Angers. „Opus Sacerdotale“ publizierte am 1. Mai 1971 eine Dekla-ration, welche ein Bekenntnis zum Zolibat, zur unbedingten Anerken-nung der Autoritat der Kirche dar-stellt.

An anderen Orten entstanden spontan Gruppen, die zur Verteidi-gung des Glaubens aufriefen. Es fehlte jedoch die Personlichkeit, welche diese Angste und Hoffnun-gen, den Willen zur verniinftigen Reform und die Anerkennung wert-voller Uberlieferungen in eine Syn-these verschmolz und die unklaren Empflndungen von Zehntausenden franzosischer Katholiken inkar-nierte. Nun haben die Schweigenden einen Volkstribunen entdeckt: Pierre Debray.

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Vor zwei Jahren noch ein unbe-kannter Journalist, wurde Pierre Debray zur markanten Figur in der Erneuerung des kirchlich-religiosen Lebens der Nation, ein umstrittener Partner des Dialoges zwischen Hier-archie und Kirchenvolk. Der reli­giose Volkstribun, am 2. Juli 1922 in Paris geboren, verbrachte seine

Jugend in der Vendee, beeinfluBt von seinem GroBvater, einem streng antiklerikal eingestellten militanten Gewerkschaftsfuhrer. Der junge Debray konvertierte unter dem Ein­fluB seines Philosophie-Professors zum Christentum, fuhlte sich jedoch zuerst mehr vom Protestantismus als vom Katholizismus angezogen. Wie fiir viele andere Franzosen die­ser Generation wurde Karl Barth sein Mentor.

Im Juli 1940 betrat er als Student eine Kapelle und beobachtete einen deutschen Feldgeistlichen, der dort die Messe las. Die Einheit des Katho­lizismus, die es einem Gegner ge-stattete, im besetzten Land in der-selben lateinischen Sprache das hei-lige Opfer zu feiern, beeindruckte Debray derartig, daB er durch Monate dem Deutschen taglich bei der Messe diente. Im November 1940 trat er offentlich der katholischen Kirche bei und wurde fiihrender Kopf der studentischen Jugend (JEC). Die Grtindunig des angesehe-nen, im Quartier Latin liegenden „Centre Richelieu“ geht auf den jun-gen Konvertiten zuriick.

Pierre Debray spielt eine Rolle in der Widerstandsbewegung und wurde 1944 literarischer Kritiker der Zeitschrift „La France Catholique“.

1947 trat er in den Redaktionsstab der linksgerichteten Zeitschrift „Temoignage Chretien“ ein und arbeitete gleichzeitig beim Magazin „Esprit“.

Pierre Debray flirtete — es ge-horte damals zum guten Ton — mit der auBersten Linken, wurde Mit-glied des franzosischen Rats der Friedensbewegung, Sekretar des Verbands fur franzosisch-sowjetische Beziehungen und Mitglied des Natio-nalrats der demokratischen Welt-jugend. Zahlreiche Reisen durch die Sowjetunion, Jugoslawien, Polen und die Tschechoslowakei lieBen ihn das wahre Gesicht des Kommunis-

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