Gemeinsam Schöpfung feiern

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Das Thema "Umweltschutz" sollte auch Ur-Anliegen der Kirchen sein: Christliche Initiativen propagieren den September als "Schöpfungszeit". In der Steiermark werden Umweltinitiativen im kirchlichen Bereich auch aus Kirchenbeitragsgeldern unterstützt.

B erührt das Thema "Umweltschutz" schon im säkularen Bereich die Menschen nicht nur angenehm - es bedeutet auch schlechte Nachrichten, Trauer, Sorge, schlechtes Gewissen und vor allem eine Anfrage an eigene Gewohnheiten -, so wird es im kirchlichen Umfeld noch schwieriger.

Denn diejenigen, die sich für die Umwelt, im religiösen Sprachgebrauch die "Schöpfung", einsetzen, müssen oft erst quasi beweisen, dass ihr Anliegen überhaupt ein christliches ist. Interessanterweise erwarten sich aber gerade viele Menschen im Randbereich der Kirche von derselben ein deutliches Wort und ein vorbildhaftes Verhalten.

Die theologische Reflexion des Verhältnisses von Christentum und Natur hat im Lauf der Geschichte eine schwierige Wegstrecke zurückgelegt. In den letzten 30 Jahren allerdings gab es, ausgelöst durch das gehäufte Auftreten bedrohlicher Meldungen und daraus folgenden Vorwürfen an die Kirchen, eine intensive Auseinandersetzung, vor allem auf dem Gebiet der Ethik.

Papst und Patriarch

Papst Johannes Paul II. formuliert immer wieder sehr eindringliche Appelle, die Bewahrung der Schöpfung ernst zu nehmen. Als ein Beispiel von vielen sei auf die so genannte "Erklärung von Venedig" vom Juni 2002 verwiesen, die der Papst zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. unterzeichnet hat. Darin heißt es unter anderem: "[...] ist es die besondere Aufgabe der Christen [...], zur Verkündigung sittlicher Werte beizutragen und in den Menschen ein ökologisches Bewusstsein zu wecken, was nichts anderes ist als die Verantwortung gegenüber sich selbst, den anderen Menschen und der Schöpfung." Da auf dieser Ebene offenbar keine Angst vor einem gemeinsamen ökumenischen Vorgehen besteht, hat vielleicht auch die Initiative des Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I., des Vorgängers von Bartholomaios, noch eine Realisierungschance.

Vor 15 Jahren, im September 1989, lud Dimitrios I. von Konstantinopel die gesamte christliche Welt ein, den 1. September als "Tag der Danksagung für die große Gabe der Schöpfung und der Bitte für ihre Bewahrung und Befreiung" zu begehen. Ein Anliegen, dem sich 1992 alle orthodoxen Kirchen feierlich anschlossen und das auch von der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1997 in Graz allen christlichen Kirchen empfohlen wurde.

Auf Anregung der EÖV II bildete sich auch das "Europäische Christliche Umweltnetzwerk" (ECEN), um - aufgeteilt in verschiedene "Coalitions" - den Bereich Schöpfungsverantwortung im Leben der Kirchen zu verankern.

"Tag der Schöpfung"

Die für den "Tag der Schöpfung" zuständige Coalition wird von Isolde Schönstein, Gründerin der österreichweiten christlichen Umweltinitiative "Arge Schöpfungsverantwortung", geleitet. Sie ist auch Herausgeberin eines Dossiers, in dem theologische Überlegungen und praktische Impulse für eine Schöpfungszeit zusammengestellt sind.

Was spricht für einen "Tag der Schöpfung"? Außer den offensichtlichen Umweltbedrohungen (wie die beinahe schon zur Gewohnheit gewordenen Nachrichten über Öltanker-Unfälle, lecke Atomreaktoren, Wetterkatastrophenv... aufzeigen) und der damit wachsenden Verantwortung gibt es auch gute theologische Gründe für eine bewusste Feier der Schöpfung.

Im Lauf des Kirchenjahres werden Gottes Heilstaten in Jesus Christus gefeiert. Auffällig ist allerdings das Fehlen eines Fundamentes der Heilsgeschichte: die Feier des Bekenntnisses Gottes als "Schöpfer des Himmels und der Erde", wie es im Credo heißt. Im Blick auf die heutige Situation ist dabei eine Besinnung auf das Beziehungsgeflecht notwendig, in dem Menschen heute stehen. Theologische Reflexion allein greift hier allerdings zu kurz: Christlicher Glaube an Gottes Ja zur Schöpfung muss ganzheitlich erlebbar werden. "Das Geheimnis der heilsamen Präsenz Gottes in der Schöpfung kann letztlich nicht begriffen werden - es will erlebt, gespürt und gefeiert sein! Nur durch die Erfahrung, dass in allem, was ist und lebt, Gottes lebensschaffender Geist und Lebenswille erhalten ist, wird neu und tief gegründet die Ehrfurcht vor allem, was ist und lebt, wachsen", schreibt etwa Pfarrer Klaus Hoof im Dossier zur Schöpfungszeit 2004.

Ein gemeinsames Feiern der Schöpfung wäre eine gute Möglichkeit für konkrete Ökumene. Wenn in der Westkirche der 1. September auch nicht - wie in der Orthodoxie - der Auftakt des Kirchenjahres ist, so beginnt zu dieser Zeit das Arbeitsjahr. Zudem bietet sich mit dem Erntedankfest und mit dem Gedenktag des Hl. Franziskus (4. Oktober) eine inhaltlich stimmige Zeit an, weswegen kirchliche Initiativen eine so genannte "Schöpfungszeit" vom 1. September bis 4. Oktober propagieren.

Auf Initiative von Isolde Schönstein beschlossen die österreichischen Bischöfe 1995, analog zur evangelischen und katholischen Kirche Deutschlands, in jeder Diözese "Umweltbeauftragte" zu installieren, was mittlerweile - bis auf St. Pölten - überall geschehen ist.

Kirche & Umwelt in Österreich

Die inhaltliche Bandbreite, die dabei behandelt wird, reicht vom Transitproblem in Tirol, Gentechnik in Kärntens Landwirtschaft, Energiesparen in Salzburg bis zur Organisation von "Schöpfungsprojekten" in der Diözese Graz-Seckau.

Der "Arbeitskreis Nachhaltigkeit" in der Katholischen Aktion Steiermark hat 2002 begonnen, in den Pfarrgemeinderäten Menschen zu suchen, die sich besonders für die Schöpfung einsetzen. Mittlerweile gibt es schon in 70 steirischen Pfarren "Umwelt-Pfarrgemeinderäte", die konkrete Schritte initiieren: "Pfarrfeste ohne Müll" und Einsatz von erneuerbarer Energie kristallisieren sich dabei als Arbeitsschwerpunkte heraus. Aufgrund dieses Engagements ermöglichte es Diözesanbischof Egon Kapellari, Kirchenbeitragsgelder für "Schöpfungsprojekte" zu verwenden.

"Schöpfungsprojekte"

Beginnend mit der Schöpfungszeit 2004 werden nachhaltige Investitionen der Pfarren in den Bereichen Wasser, Energie und Mobilität nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch vom "Arbeitskreis Nachhaltigkeit" und den Umwelt-Pfarrgemeinderäten bei der Abwicklung betreut. Nach Ablauf eines Jahres sollte dann ein mehrfacher Nutzen erkennbar sein: Einsparung von Wasser, Strom und Treibstoff, dadurch geringere Betriebskosten, eine geringere Umweltbelastung und, nicht zuletzt, eine Vorbildwirkung der Pfarre für einen zukunftsfähigen Lebensstil.

Sinn der Schöpfungszeit ist es letztlich nicht, der ohnehin schon reichlich vorhandenen Arbeit neue Aktivitäten hinzuzufügen, sondern - auf dem Hintergrund des Glaubens an Gott, den Schöpfer und der daraus erwachsenden Verantwortung - den eigenen Lebensstil auf Überflüssiges und Umweltschädliches zu überprüfen und zu ändern. Vielfach wäre es schon ausreichend, dem Gedanken des "Sabbat" neuen Raum zu geben und "Böses zu unterlassen" - wie die Gemeinde im Schuldbekenntnis der Messe betet.

Die Schöpfung - und damit sind Pflanzen, Tiere und Menschen auch der nächsten Generationen gemeint - braucht Christen, die sich nicht aus ihrer Verantwortung stehlen.

Die Autorin ist Umweltbeauftragte der Diözese Graz-Seckau.

INFORMATIONEN: www.graz-seckau.at/ ka/ak_nachhaltigkeit.asp

Das Dossier "Schöpfungstag - Zeit der Schöpfung 2004", kann über die Arge Schöpfungsverantwortung bezogen werden: argeschoepfung@utanet.at (http://web.utanet.at/argeschoepfung)

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