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Wann macht ein Bischofsbrief Sensation?
Bischof will verheiratete Priester", „Bischofs-Brief zur Se-xualmoral", „Bischof: Sakramente auch bei zweiter Ehe", so titelten die Zeitungen, als Bischof Paul Iby, in der Bischofskonferenz für Jugend zuständig, einen sehr persönlichen Brief an 500 Jugendliche schrieb, die seiner Einladung folgend ihm ihre Probleme genannt hatten. Er hat viel mehr geschrieben: über den Platz der Jugend in der Kirche, jugendgerechte Liturgie, Verantwortung in der Liebe, und er hat an ihr „mündiges Gewissen" appelliert. Aber dafür wäre er nicht in die Schlagzeilen gekommen. Es scheint noch immer eine Sensation zu sein, über Zölibat und Geschiede-nenpastoral zu reden.
Iby hat für seinen Brief Lob bekommen, aber auch heftige Kritik. Ein Wochenmagazin bringt eine solche unter dem Titel: „Besser, er hätte ihn nicht geschrieben!" Heißt das, 500 Jugendlichen lieber nicht zu antworten, als „heiße Eisen" anzurühren? Oder hätte man wirklich nur sagen sollen, das geht eben alles nicht? Iby hat die erwähnten Fragen nicht vom Zaun gebrochen, sie sind in fast allen Briefen gestellt worden.
Von vielen Diskussionen weiß ich, daß das nicht nur Fragen der Jugend, sondern vieler Christen sind. Freilich gibt es dazu auch schon viele hochrangige Antworten. Sie konnten aber offenbar nicht überzeugen. Daß überhaupt noch gefragt wird, zeigt, daß man von der Kirche dazu immer noch Antworten erwartet.
Bischof Iby hat der Jugend nicht nach dem Mund geredet, sondern hat sie ernst genommen und sehr differenziert und persönlich argumentiert. Er hat die Jugend zur Verantwortung herausgefordert, ihr keinen „Freibrief" ausgestellt. Und nichts kann ich entdecken, was gegen die letztverbindliche Lehre der Kirche gesagt worden wäre.
Das Sensationelle an diesem Brief ist wohl für viele, daß wieder einmal ein Bischof - vor ihm taten es auch andere - den Mut hat, selbst heikle Fragen klar und ohne Umschweife zu beantworten. Als Bischof hat er damit einen Beitrag zum Lehramt geleistet, wohl auch manche angeregt, über bisher wiederholt Gesagtes hinauszudenken. Als Jugendbischof aber hat er ein Beispiel gegeben, wie man Jugendlichen in ihrer Sorge um die Kirche begegnen soll.
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