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Das alte Stiftsland Salzburg — geistliches Landesfürsteritum und Metropole — zählt innerhalb seines heute umgrenzten Bundeslandes seit alters her nur drei Abteien aus dem Benediktinerorden, und erst in der neueren Zeit haben sich diesen die Orden des hl. Franz, Franziskaner und Kapuziner, angliedern können. Alles in Giacomo Maniu, der das mittlere Bronzetor zum Salzburger Dom schuf, hat 1958 seine Studien in der Galerie Welz ausgestellt, die dazu einen reich bebilderten Band heiausbrachte. Der oben abgebildete große Schlüssel ist eine Studie zu dem goldenen Schlüssel, den der Künstler dem Erzbischof bei der Einweihung der Tore überreichte.

allem immerhin weniger Klöster als in den benachbarten bayrischen und österreichischen Landen. Zum alten Bestand gehören die Epz- abtei St. Peter in der Stadt, die Frauenabtei Nonnberg und die Abtei Michaelbeuern. Das alte Petersfrauenkloster und der Frauenkonvent zu Michaelbeuern waren viel zu sehr mit den Herrenklöstern verbunden, um im weiteren Rfhmen Geschichte; machen zu können. Diese drei Benediktinerabteien halfen das Land und die Diözese aus ersten Anfängen bis zu deren Höhe emporzuführen und begleiteten es durch die Jahrhunderte bis heute. Ihrer Stellung, nicht ihrem Willen ist es zuzuschreiben, daß neben ihnen jahrhundertelang eine andere Ordensgemeinschaft nicht aufkommen konnte und daß erst im ausklingenden 16. Jahrhundert aus ganz anderen Gründen und Zielen der Seelsorgehilfe und Missionsarbeit die Franziskaner (1583), die Kapuziner (1594) und die Augustinereremiten (1605) in der Stadt ihre Zelte aufschlugen, während die Jesuiten niemals im Lande Fuß fassen konnten. Die Erklärung einer solch eigentümlichen Tatsache scheint nicht in der ablehnenden Haltung der alten Orden gelegen zu sein; sie hätten sich auch gegen d.en Willen der Landesherren nicht durchsetzen können, und es hätte sich sicherlich in der Geschichte die Spur eines solchen Verhaltens gefunden. Seelsorgliche Bedürfnisse lagen in den ersten Zeiten für die Berufung anderer Orden nicht vor, die einzig dichter besiedelte Stadt war durch den anwesenden Klerus der Metropole versorgt. Den Orden des hl. Ignatius beriefen die Erzbischöfe für die Durchführung ihrer Gegenreformation nicht, weil der neue Glaube im geistlichen Salzburg keine höheren Schichten erfassen konnte und weil man im Gebirge mit den vorhandenen Volksorden auszukommen hoffte. Als die Landesfürsten sie später verschiedentlich für die Errichtung der Salzburger Universität herbeibaten, lehnte diese immer ab, vermutlich wohl im Interesse beider Institutionen.

Bleiben wir also bei den alten Abteien, die dieses Land auch im Sinne des Wortes „gestiftet” haben, und stellen wir fest, daß jede in ihrer eigenen Art ihre besonderen Funktionen für dieses Land ausgeführt hat. Nur nebenbei sei die Tatsache vermerkt, daß jedes Kloster in der übernatürlichen Ordnung die Funktion des Gebetes und des Opfers für die nähere und weitere Umgebung als Aufgabe zugewiesen bekommt, die es praktisch in die Mitte des religiösen Lebens einer Diözese rückt.

Die alte benediktinische Lebensweisheit des „Ora et labora” tritt uns geschichtlich am hellsten bei St. Peter entgegen. Aus seiner Zelle erwuchsen das Land und die Diözese, das Labora tritt uns zunächst augenscheinlicher entgegen, weil die Missions- und Kulturarbeit unter den tatkräftigen Abtbischöfen, von Virgilüber Arno bis zu Adalram und Liupram, großartige Erfolge erzielte und ein Gebiet zwischen dem Ziller und dem Plattensee unter seinem Einfluß standen. Wohl war der Dom schon gebaut, aber der Erzbischof wohnte trotz der 987 erfolgten Trennung zwischen Abtei und Bistum bis 1110 beim alten Kloster. Die Phase des raumbeherrschenden Labora wurde 987 auf das wesentlich stillere Ora beschränkt, dessen stetige Beobachtung von alter sher einfachhin durch die Form der Gebetsverbrüderung einer halben Welt, wie sie uns im Verbrüderungsbuch vorliegt, hinreichend bewiesen ist. In dieser stillen Zeit, fernab von jeder Politik, wurden für das Land die Schätze der Kunst, der salzburgischen Buchmalerei gehoben, die alte Petersschule vermittelte Wissen und Bildung. Um seine Verantwortung wußte wohl dieses Stift, wenn es sie mit der Legende des Abtes Balderich um das ewige Licht am Grabe des Stifters und Patrons Ruper- tus umkleidete: „Wenn mein Licht hier erlischt, wird diese Stadt zerstört werden,” Diese Abtei in unmittelbarer Nachbarschaft zum geistlichen und landesherrlichen Mittelpunkt hatte eben besondere Aufgabe für beide. Als St. Peter wieder hinaus in die Oeffentlichkeit trat, half es die Salzburger Benediktineruniversität zu gründen, die dann seine eigentliche Aufgabe wurde und in der es mit Männern, wie den Brüdern Mezger, eine Höhe erreichte wie kein anderes Haus in weiter Umgebung. Diese Aufgabe der Erziehung und wissenschaftlichen Bildung verblieb ihm bis in die neueste Zeit. Es ist selbstverständlich, daß es auch seiner seelsorglichen Aufgabe im Lande weitgehendst diente.

Im Schatten einer solchen Geschichte und dieses Raumes steht die andere Abtei Michaelbeuern. Auch ihr ist in den ersten Jahrhunderten die Kolonisations- und Missionsarbeit als wichtigste Aufgabe zugewachsen (Michaelbeuern in Wien), auch sie hat sich dann später nach innen ausgerichtet, Schulen gegründet, die Grundlagen für eine reiche Seelsorgetätigkeit im 12. Jahrhundert gelegt (113 5 Seewalchen, 1212 Obersulz, 1229 Lamprechts- hausen). Freilich, Salzburg war doch weiter entfernt,. und damit das. unmittelbarste Interesse des Landesherrn an ihm. Man baute wohl im Gegensatz zu St. Peter ein Fürstenzimmer, man bekam aber doch auch den Druck und Schutz der geistlichen Obrigkeit dann nicht zu spüren, wenn er rechtzeitig notwendig gewesen wäre. Doch hat auch dieses Haus nach manchen Tiefen eine ansehnliche Höhe zur Zeit der Salzburger Universität und der Schulaufgaben des 19. Jahrhunderts erreicht.

Dem Frauenkonvent aut dem Nonnberg zeichnete die Natur selbstverständlich andere Funktionen für Stadt und Land vor. Wie Sankt Peter vom hl. Rupert gegründet, sollte es in den. Zeiten, da St. Peter vorwiegend durch seine Aufgaben das Labora betonen mußte, die Aufgabe des Ora übernehmen. Wenn wir. aus diesen ersten Zeiten über das Haus nicht viel erfahren, dann hat es sicherlich um so getreulicher dieser Aufgabe gedient. Nach dem Wiederaufbau durch Kaiser Heinrich II., 1109, konnte es infolge des Hochstandes seiner Observanz zahlreiche auswärtige Gründungen vornehmen: Göß (1020), St. Georgen am Längsee (durch dieses Sonnenburg in Tirol), Neumünster in der Schweiz, Erlaa in Niederösterreich, Gurk (1042); St. Walburg in Eichstätt bekam in der Nonnberger Chorfrau Imma seine neue Aehtissin. Schule, Schreib- und Illuminierkunst, eine typische salzburgische Aufgabe dieser Tage, standen in schönster Blüte. Dann freilich wurde Nonnberg praktisch ein Damenstift für den salzburgisęhen Adel, wenn auch unter der Regel des hl. Benedikt, in dein sich die Schwierigkeiten einer sozialen und feudalen Welt immer mehr abwechselten mit überstrenger Reform einzelner Aebtissinnen. Immer aber haben die salzburgischen Erzbischöfe gerade diese Frauenabtei auf besondere Weise behütet und geliebt. Alte Tradition hat hier ein Heim gefunden wie in keinem der salzburgischen Männerklöster. Zu den Obliegenheiten der Abtei gehörten eine bedeutende und weitum bekannte Apotheke, das Erhardi-Spital und eine neuerliche Ausweitung von Neugründungen und Besiedlungen:. Münster in Graubünden,. Sankt Martin bei Ottoheuern, vor allem Sähen (1680). Das adelige Stift hat seine Pforten heute allen geöffnet, die adelige Aufgabe einer stillen, aber reichen Gebets- und Kulturstätte verbleibt der Abtei inmitten des weltumbrandeten Salzburg.

In einem Rückblick auf 1250 Jahre Geschichte kann man wohl behaupten, daß diese Abteien ihre Verantwortung, zuerst Werkstätten einer neu aufzubauenden Kultur, dann Heimstätte für Gebet, Kunst und Wissenschaft, und zuletzt wiederum Werkzeug für die Arbeit an Stadt und Land zu sein, in aller Treue und Hingebung erfüllt haben. Ihr äußeres Gepräge, verglichen mit den anderen österreichischen Abteien, ist freilich kein Spiegel ihrer großartigen Leistung. Sie standen zu sehr im Schatten ihres Nachbarn, des Landesherrn. Gar mancher von ihnen, besonders gern Wolf Dietrich, kehrte in ihre Stille und Ruhe ein. Sicher gab es manche Spannungen auf Nebengeleisen, das eine Ziel aber und der gleiche Ursprung überstrahlte sie zu edler Harmonie, und beide waren schließlich aufeinander angewiesen. In der Sorge und Sorgfalt der Landesherren stand St. Peter wohl an der Spitze. Sie brauchten diese Abtei am meisten, und darum mußte St. Peter die meisten Eingriffe in die freie Abtwahl leiden, wenn allgemeine und landeswichtige Entscheidungen getroffen werden mußten und der rechte Mann fehlte. Viel weniger oft geschah dies in Michaelbeuern, nur ein einziges Mal auf dem Nonnberg. Die Vorliebe der Erzbischöfe für St. Peter fand ihren Ausdruck in einem Wort Eberhards II.: „Wenn wir auch in unserer Hirtensorge allen Klöstern und Kirchen unserer Diözese zur Vermehrung der Einkünfte und Hebung des Gottesdienstes verpflichtet sind, so kommt uns doch in erster Linie die Pflicht zu, jene Kirche, von der in der salzburgischen Provinz alle übrigen Klöster ihren Ausgang genommen haben, vor den übrigen zu ehren, und dies um so mehr, je älter und würdiger sie ist.”

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