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Im Jahr 1155 wurde das Schottenstift vom Babenberger-Herzog Heinrich II. Jasomirgott gegründet. Heute ist das Benediktinerkloster auf der Freyung in Wien mitsamt der Schule und dem Stiftsmuseum ein geistiges und spirituelles Zentrum inmitten der Großstadt. Aus Anlass des 850-Jahr-Jubiläums gestaltete die furche in Kooperation mit dem Stift dieses "extra". Wie kam das Stift zu seinem Namen? Wer war Herzog Heinrich II. Jasomirgott? Ein Streifzug durch die Geschichte.

Woher kommt der Name "Schotten"? Dieser Name ist etwas irreführend, da es sich bei der Gründung der Abtei um iroschottische Mönche handelte. Heinrich II. Jasomirgott, der Stifter des Hauses auf der Freyung, hatte die iroschottischen Mönche als Herzog von Bayern im St. Jakobskloster in Regensburg kennen gelernt, das bereits seit 1111 bestand. Die dort angesiedelten Mönche hatten durch ihr musterhaftes Leben, ihr hohes Interesse an Wissenschaften und durch ihre Sprachkenntnisse einen sehr guten Ruf. Auch wenn sie Kelten waren, die größtenteils aus Irland kamen, waren sie beim Volk beliebt und angesehen. Warum nannte man sie jedoch "Schotten" und nicht "Iren"? Es wohnten Iren auch in Schottland; die Bewohner beider Teile, Irlands und Schottlands zusammen, wurden im Mittelalter einfach als "Schotten" oder "Hibernier" bezeichnet. Somit hieß auch das Kloster in Wien "Schottenstift".

Die wichtigsten Aufgaben der Schottenmönche bestanden in der Verherrlichung Gottes, in der Beherbung von Gästen, besonders von Pilgern und Kaufleuten, und sicher auch schon in der Bildung und Erziehung. Im zweiten Stiftungsbrief aus dem Jahr 1161 - der erste aus dem Jahr 1155 ist verlorengegangen - heißt es ausdrücklich: Kloster und Kirche wurden gestiftet "zur Ehre Gottes und zur Verehrung der glorreichen Jungfrau Maria und zum Gedächtnis des heiligen Gregor". Der volle Name des Schottenstiftes lautet bis heute: Abtei Unserer Lieben Frau bei den Schotten.

Osterweiterung

Der Vater des Babenbergers Heinrichs II., Leopold III. (1095- 1136), war ein fleißiger Gründer von Klöstern: Durch ihn entstanden Klosterneuburg, Heiligenkreuz und Klein-Mariazell. Diese Tatsache wird für Heinrich der Anstoß gewesen sein, auch ein Kloster zu gründen. Ferner könnte mitgespielt haben, dass Heinrich in seinem Bestreben, das Zentrum weiter nach Osten zu verlegen, für diese neu entstehende Stadt Wien auch ein geistliches Zentrum brauchte. Von Anfang an war diese Gründung in Wien mit kirchlichem und weltlichem Besitz ausgestattet: Zum Schottenstift gehörten die Kapellen St. Rupert, St. Peter und Maria am Gestade; dazu kamen noch einige kleine Gotteshäuser in Niederösterreich. Über den damaligen Grundbesitz in Wien und in der Umgebung existieren keine Aufzeichnungen.

Schon bald müssen die iroschottischen Mönche mit dem Bau einer dreischiffigen romanischen Pfeilerbasilika begonnen haben, die um 1200 vollendet und eingeweiht wurde. Ein kleiner Teil dieses einst wuchtigen Bauwerks - es war ungefähr um ein Drittel länger als die heutige Kirche - ist in der romanischen Kapelle erhalten geblieben, die 1969 in der heutigen Form wiederhergestellt wurde.

Die Tatsache, dass Heinrich II. als älterer Sohn in der Nachfolge als Markgraf übergangen wurde, deutet auf ein gespanntes Verhältnis des Vaters zum Sohn hin. Leopold III. machte den jüngeren Sohn, Leopold IV., zu seinem Nachfolger. Leopold IV. verstarb allerdings bereits 1141, so dass schließlich Heinrich II. Jasomirgott zum Zuge kam. Der Ursprung des Beinamens "Jasomirgott" ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht liegt in ihm ein arabischer Name verborgen, den Heinrich vom zweiten Kreuzzug mitnahm. Die volkstümliche Erklärung, er habe des Öfteren "Ja so mir Gott helfe!" gesagt, ist nicht nachweisbar.

Heinrich II. war kein großer Kriegsheld und hatte immer wieder große Mühe, Feinde, die in das Land einfielen, abzuwehren. Die Teilnahme am zweiten Kreuzzug (1147-1149) war da einmal Rettung in höchster Not. Bei diesem Kreuzzug lernte Heinrich seine zweite Frau Theodora, die Nichte Kaiser Manuels von Byzanz, kennen. Heinrichs erste Frau Gertrud war bereits 1142 verstorben. Die neue Verbindung war politisch gesehen nicht zu unterschätzen. Die Tatsache, dass der Babenberger zu Byzanz gute Beziehungen unterhielt, war für die umliegenden Völker, vor allem für die Ungarn, eine Warnung, das babenbergische Erbe anzugreifen. Der kulturelle Einfluss von Byzanz darf allerdings nicht überschätzt werden.

Aufschwung für Wien

1152 starb Konrad III.; Friedrich von Schwaben, sehr bekannt unter dem Namen "Barbarossa", wurde sein Nachfolger als deutscher König und Kaiser. Um vor der Romfahrt im eigenen Land alte Streitigkeiten mit den Welfen beizulegen, erklärte sich der junge Friedrich bereit, den Welfen das Herzogtum Bayern zurückzugeben, das allerdings Heinrich II. Jasomirgott innehatte. Die Entscheidung brachte schließlich der Fürstenrat zu Goslar, der dem Welfen Heinrich dem Löwen Bayern zusprach. Heinrich II. musste verzichten. Um jedoch nicht auf den Rang eines bloßen Markgrafen zurückzufallen, wurde das nun ihm zustehende Österreich zum Herzogtum erhoben. Am 8. September 1156 wurde im "Privilegium minus" die babenbergische Mark ein Herzogtum, das mit sehr großzügigen Sonderrechten ausgestattet wurde.

Heinrich II. Jasomirgott verstand es, sein neues politisches Zentrum, nämlich Wien, zu einem wichtigen Sammelort für Kaufleute, Pilger und Kreuzfahrer zu machen. Diese Stadt erlebte damals einen beachtlichen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung, so dass eine Erweiterung nach Süden hin notwendig wurde.

Die ständige Bedrohung aus dem Norden von Böhmen her führte des Öfteren zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Im Dezember 1176 verunglückte Heinrich II. auf einer dieser Kriegszüge mit seinem Pferd auf einer morschen Brücke, brach sich das Bein und starb an den Folgen dieser Verletzung am 13. Jänner 1177. Er wurde in der Schottenkirche beigesetzt, die damals noch nicht vollendet war. Sein heutiges Grab befindet sich in der Krypta. Die 1182 oder 1184 verstorbene Gattin Theodora und die Tochter Agnes, Witwe des ermordeten Ungarnkönigs Stephans III., wurden im selben Grab beigesetzt.

Aus der iroschottischen Periode (1155-1418) ist besonders zu erwähnen, dass von Anfang an eine Schreibstube bestand, in der auch für andere Klöster Urkunden in sehr schöner Ausführung hergestellt wurden. Aus dieser Zeit ist auch bekannt, dass die Beziehungen zu den Universitäten in Prag und Wien sehr eng waren. Die räumliche Nähe von Stift und Universität führte im Laufe der Jahrhunderte immer wieder zu bereichernden Kontakten.

Einen höchst bemerkenswerten Einschnitt in der Geschichte des Hauses bildet das Jahr 1418: Die Zahl der Mitglieder war auf sieben geschrumpft. Die Visitatoren stellten die Iroschotten vor die Alternative, entweder Einheimische als Mönche aufzunehmen oder das Kloster zu verlassen. Nach einer Bedenkzeit zogen es die Iroschotten vor, in ihre eigenen Klöster zurückzukehren. Seit dieser Zeit rekrutiert sich der Schottenkonvent größtenteils aus einheimischem Nachwuchs. Der letzte iroschottische Abt, Thomas III., wurde zum Abt von St. Jakob in Würzburg. In Wien folgte ihm Nikolaus von Respitz/Röschitz (1418-1428) nach.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden die Tafeln des Schottenmeisteraltares; die Fastenseite des Flügelaltares ist älter als die Tafeln des Marienlebens.

Eine herausragende Persönlichkeit in der Geschichte des Schottenstiftes war Abt Benedikt I. Chelidonius (1518-1521), an dessen Seite sich Wolfgang Schmeltzl als Dichter hervortat.

Großes Gewicht hatte - wie üblicher Weise in allen Klöstern - die Pflege der Wissenschaften und eine dadurch immer größer werdende Bibliothek. Abt Carl Fetzer (1705-1750), der Abt mit der längsten Regierungszeit, vermehrte den Bestand durch zahlreiche Ankäufe.

1807 wurde über kaiserlichen Auftrag das Schottengymnasium (s. Seite IV) gegründet, das nach einer kurzen Unterbrechung (1939-1945) sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut.

Wenngleich im Zweiten Weltkrieg an den einzelnen Gebäudeteilen nur wenige Schäden zu beklagen waren, bedeutete diese große Katastrophe einen schmerzvollen personellen und geistigen Einbruch. Nach zahlreichen Umbauten und Restaurierungen im inneren und äußeren Bereich blickt der Konvent der Schottenabtei einer durchaus hoffnungsfrohen Zukunft entgegen.

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