Wiener Schotten aus Irland

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Beginn und Blüte des Wiener Schottenstiftes sind in einer Sonderausstellung zu sehen: Ein Stück Stadt-, Wissenschafts- und Kulturgeschichte. Besonderer Schwerpunkt: mittelalterliche Musikdenkmäler.

Zurück zu den Wurzeln des Wiener Schottenstiftes führen uns kostbare Exponate: Handschriften, Skulpturen, bauliche Fragmente aus Irland, Regensburg und Wien, Bilder und Münzen. Hat uns schon die vorjährige Schau über die älteste Schreibstube Wiens in diesem Stift bestens informiert, so zählen jetzt die Musikdenkmäler des 12. und 13. Jahrhunderts zu den Schwerpunkten der Ausstellung (Kurator Dr. Martin Czernin). Die kostbaren Fragmente sind Reste alter Handschriften und dokumentieren die täglichen mittelalterlichen Mönchsliturgien. Die Gründungsurkunde des Schottenstiftes in Wien und diejenige der Wiener Universität - es bestanden enge wissenschaftliche Verknüpfungen mit dem Konvent -, Handschriften aus dem Mutterkloster in Regensburg und eine besonders wertvolle des Marianus Scotus, Gründer des Regensburger Schottenklosters, verweisen auf die wissenschaftliche Ausrichtung des Stiftes. Ebenfalls aus der Gründerzeit bzw. aus der ersten Kirche stammt die romanische Säule und die älteste Marienstatue Wiens.

Wertvolle Handschriften

Als Babenbergerherzog Heinrich II. Jasomirgott im 12. Jahrhundert im Rahmen eines Aufenthaltes in Regensburg die Benediktinermönche von St.Jakob kennenlernte, war er von der Missionstätigkeit jener irischen Mönche tief beeindruckt. Da er 1155 in Wien in unmittelbarer Nähe zu seiner herzoglichen Residenz ein Kloster gründen wollte, berief er Mönche aus dem Regensburger Ordenshaus nach Wien, die für die Verbreitung und Befestigung christlicher Kultur sorgen sollten und wegen ihres vorbildlichen Lebenswandels und hohen Bildungsgrades besonderes Ansehen genossen. Es waren vor allem Kelten aus Irland, einer Insel, die lateinisch Scotia maior hieß; daher wurde umgangssprachlich zwischen Iren und Schotten nicht unterschieden, sodass das Kloster "Schottenstift" genannt wurde. Es wurde bis 1418 ausschließlich von iro-schottischen Mönchen bewohnt. Als jedoch die Reform Herzog Albrechts V. bestimmte, dass auch nicht-irische Mönche Aufnahme finden sollten, resignierte der letzte irische Abt Thomas III. im Jahr 1418 und zog sich mit seinen Mönchen nach Regensburg zurück. Das nunmehr leere Klostergebäude wurde mit Mönchen der Abtei Melk neu besiedelt.

Mittelalterliche Münzen

Alte Regensburger und Wiener Münzen des 12. bis 14. Jahrhunderts waren das Zahlungsmittel der iroschottischen Mönche. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass sich eines der größten geistlichen Münzkabinette in unserem Land mit der bedeutendsten stiftlichen Sammlung antiker Münzen im Schottenstift befindet, dessen Bestände an die 40.000 Münzen und Medaillen umfasst, dazu kommt eine umfangreiche numismatische Bibliothek.

Die Leistungen des Schottenstiftes in der Pflege der Wissenschaften, der Lehrtätigkeit und nicht zuletzt der geschickten Wirtschaftsführung würdigte auch Kaiser Josef II., der das Stift nicht aufhob, sondern die Inkorporierung einiger Pfarren in Niederösterreich förderte bzw. veranlasste.

Die Entdeckungsreise zu den von der Benediktinerabtei Schotten inkorporierten Pfarren in Niederösterreich führt zunächst nördlich der Donau nach Hollabrunn, wo um 1050 die Kirche Eggendorf im Thale der Hl. Afra geweiht wurde. Nicht weit entfernt liegt Enzersdorf im Thale, das urkundlich 1177 erwähnt wurde. Die Pfarre wurde 1783 dem Schottenstift inkorporiert. Auf uraltem Boden steht in Enzersfeld bei Korneuburg die Pfarrkirche, die 1908/09 im sezessionistischen Stil erbaut wurde. Die Pfarre selbst sowie die um vieles ältere Filialkirche aus dem 12. Jahrhundert in Königsbrunn wird ebenfalls von den Schotten betreut.

Pfarren in Niederösterreich

Dem Hl. Veit ist die um 1100 geweihte Kirche von Klein-Engersdorf beim Bisamberg gewidmet. Richtung Gaweinstal-Mistelbach verdient die brocke Pfarrkirche von Höbersbrunn auf dem Kirchenhügel Aufmerksamkeit. Der Markt Gaweinstal an der Brünnerstraße wird meist nur als Durchzugsort angesehen. Das Patronatsrecht hatte 1280 Rudolf von Habsburg inne, der die Pfarre dem Schottenstift einverleibte. Nach einigen Zerstörungen wurde die Pfarrkirche in Verbindung mit dem imposanten Pfarrhof in der Barockzeit wiederhergestellt. Der kunsthistorisch wohl reichste Ort ist Pulkau in der Nähe von Retz. Bis vor wenigen Jahren war die Pfarre den Schotten seit 1158 inkorporiert, Weingärten und Äcker sind heute verpachtet. Eine alte Ansicht von Pulkau ist auf einem Ölbild aus dem 18.Jahrhundert im Museum im Schottenstift in Wien zu sehen.

Für die Nahversorgung des Stiftes sorgte Herzog Leopold VI., der 1200 den Schotten das Gut in Breitenlee (heute 22.Bezirk) schenkte.

Museum im Schottenstift

Bis 28. September, Mo-Sa, 10-17 Uhr An Feiertagen geschlossen

Tel. (01) 53498-0.

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