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Wahrzeichen in Ocker und Gold

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Sonderausstellung „Stift Melk - Geistliches, kulturelles Zentrum" vom 30. März bis 3. November als Beitrag zum Tausend-Jahr- Jubiläum.

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Sonderausstellung „Stift Melk - Geistliches, kulturelles Zentrum" vom 30. März bis 3. November als Beitrag zum Tausend-Jahr- Jubiläum.

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Rechtzeitig zum Tausend-Jahr-Jubiläum Österreichs wurde die Restaurierung des Stiftes Melk nach achtzehnjähriger Bautätigkeit abgeschlossen. „Man wußte, daß der Holzwurm in den Holzteilen der Melker Stiftskirche sein Unwesen trieb", sagt Abt Burkhard Ellegast. „Man konnte sehen, daß der Stuckmarmor in der Kirche über weite Strecken blind geworden war, Fresken von Schimmelbildungen heimgesucht. Ein Grund war die hohe Luftfeuchtigkeit im Kirchenraum (85-95 Prozent im Jahresdurchschnitt). Der Eindruck, den die Melker Stiftskirche noch in ihrem Alterungszustand erweckte, täuschte über den teilweise bereits stark fortgeschrittenen Verfall hinweg."

1976 stellte das Bundesdenkmal -amt in einer Untersuchung fest, daß so rasch wie möglich mit der Restaurierung begonnen werden mußte, wollte man nicht noch größere Schäden in Kauf nehmen. Als besonders bedenklich wurden die Holzwurmschäden an der Kanzel der Stiftskirche angesehen. Allen Beteiligten - dem Baumeister, dem Landeskonservator und den Vertretern des Stiftes — war klar, daß nur eine gründliche Sanierung in Frage kam. Die Gesamtkosten dieser Generalsanierung betrugen mehr als 200 Millionen Schilling. Das Land Niederösterreich trug mit vierundsechzig Millionen rund ein Drittel bei; der Bund steuerte etwa 50 Millionen bei, den Rest übernahm das Stift. Nach einer zweijährigen Untersuchungsphase konnte 1978 mit den eigentlichen Arbeiten begonnen werden.

Die Außenrestaurierung der Kirche sollte den Anfang machen, gleichzeitig wollte man die Fresken in der Kuppel restaurieren. Im März 1978 begann das Aufstellen der Gerüste. Erst von den Gerüsten aus sah man, wie groß die Schäden auch am Außenbau waren. Mauerwerk, Dachstühle und Dachdeckung wurden überholt und erneuert, wo es nötig war. Die hohe Luftfeuchtigkeit führte man auf das Fehlen von Dachrinnen rund um die Kirche zurück. Deshalb wurden an allen Dächern Kupferdachrinnen angebracht und neue Abflußkanäle verlegt. Zusätzlich wurden die Vergoldungen an den Türmen wiederhergestellt.

Probleme gab die Färbelung auf. Man fand die unterschiedlichsten Farbreste von Ocker bis zu vielerlei Rotschattierungen. Nach langen Diskussionen entschloß man sich für die Ocker-Färbelung, die für Melk als typisch angesehen wurde. Die plastischen Teile der Fassaden wurden nun intensiv, die Nullflächen heller gestrichen. Dadurch ergibt sich eine plastischere Wirkung.

In der Kuppel im Inneren der Kirche hatte man im September 1979 mit der Eingerüstung begonnen. Dabei machte man im Tambour der Kuppel zwischen den Fenstern eine interessante Entdeckung: Unter den Fresken fand sich eine zweite frühere Schicht. Nach dem Brand von 1738 hatte man die Fresken restaurieren müssen, keiner der bekannten Maler der Zeit hatte sich in der Lage gesehen, diese Arbeit zu übernehmen. Endlich hatte man in Josph Lessner einen Künstler gefunden. Er übermalte die Fresken zwischen den Fenstern. Selbst dem Laien fällt deutlich auf: Hinter starren Figurengruppen und einer matten Architekturmalerei kamen lebendige Gemälde zutage, die zur übrigen Kuppel paßten. Bei der Restaurierung entschied man sich nun dafür, die Übermalungen zu entfernen und die Freseken von Michael Rottmayr (1979) wiederherzustellen.

Bei der Bestaurierung der Westfassade 1979 hatte man die vom Westen her nicht sichtbare Nordfront der Bibliothek ausgespart, ebenso die zur Kirche gerichtete Front des Kaisertraktes. Diese wurden 1981 einschließlich der Westfassade des Konventtraktes nachgezogen. Damit war die Außenrestaurierung der mit der Kirche verzahnten Bauteile abgeschlossen.

Als nächstes wurde das Presbyteri-um restaurtiert: Die Fresken bedurften nur einer Beinigung. Die Arbeiten am Stuckmarmor, das Ausbessern und Aufpolieren des echten Marmors am Hochaltar, die Bekämpfung des Holzwurmes, die Tischlerarbeiten am Chorgestühl, die Restaurierung der Vergoldungen am Hochaltar und an den Seitenwänden wurden Anfang 1980 fertiggestellt. Da 1980 eine Landesausstellung in Melk stattfand, ging man daran, Marmorsaal, Altane und Ribliothek zu sanieren. Weiters wurden die Fassaden des Bibliotheks- und des Kaiserganges gegenüber der Kirche fertiggestellt, ebenso wurden Drainierungsarbeiten um die Kirche durchgeführt.

Nach eingehenden Beratungen begann man im Kolomanihof und auch im Inneren der Kirche Bohre zu verlegen, die die feuchte Luft absaugen sollten. Die inzwischen als „Melker System" bekannt gewordene Anlage arbeitet mit einem automatisch gesteuerten Ansauger nicht so feuchter Außenluft und einer Absaugung der feuchten Innenluft. Dazu kommt eine sanfte Lufterwärmung des Kircheninneren. Der Bau der Anlage wurde im Spätherbst 1979 begonnen und über den Winter 1980 fertiggestellt. Erster Erfolg war das Abfallen der grünen Algenbeläge in der marmornen Sockelzone der Kirche. Dieses System läuft - durch ständige Messungen weiter kontrolliert - mittlerweile schon achtzehn Jahre. Vom ersten Jahr an waren die typischen Zeichen der Luftfeuchtigkeit - die feuchten Bodenplatten und die Nässespuren auf den Orgeltasten - verschwunden.

Nach dem Ausstellungs-jahr 1980 wurde ein Jahr später mit der Restaurierung des Kuppelraumes begonnen. Eine weitere Überraschung brachte die Entdeckung, daß im Kuppelfries vergoldeter und verkupferter Stuck einander abwechseln. Die Verkupferungen waren unter einer schwarzen Patina festgestellt worden. Ähnliche Befunde ergaben sich bei den Eisengittern vor den Fenstern der Oratorien, und später bei den Atlanten im Marmorsaal.

Als besonders aufwendig gestaltete sich die Restaurierung des Kirchenschiffes zwischen 1983 und 1987. Zunächst wurde das Gewölbe über der Orgel und die Orgel selbst restauriert. Danach begannen die Arbeiten an den beiden Seitenwänden, den Emporen und an der Decke des Kirchenschiffes. Ebenso galt es, das Deckenfresko zu restaurieren. 1988/89 ging man daran, den Prälatenhof und den Pfortenbereich wiederinstandzusetzen. 1990/91 wurde die Nordfassade des Stiftes mit Bibliothek und Kolomanisaal restauriert. Drei Jahre, von 1992 bis 1995, dauerte die Restaurierung der Ost-und Südfassade sowie der Basteien. Abschließend restaurierte man 1994/95 die Kaiserstiege und im vergangenen Jahr den Prälatenhof-Brunnen. Zum Millennium ist eines der größten Restaurierungsprojekte Österreichs abgeschlossen.

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