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Die Schloßkirche von Wernberg

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Schloß Wernberg, beherrschend auf einer Hochterrasse über einer Drauschleife gelegen, verdankt sein Entstehen einem Streit zwischen dem Kärntner Herzog Bernhard und Bischof Eckbert von Bamberg wegen eines dort befindlichen Gutshofes. Bereits 1277 ist in dem Friedensvertrag zwischen Herzog und Bischof erstmalig von einem Castrum Verden- burch die Rede. Im Jahre 1520 ging die ruinös gewordene mittelalterliche Burg in den Besitz des kaiserlichen Rates Wolfgang Kheven- hüller über, dessen Enkel Georg Kheven- hüller aus dem alten Gemäuer ein repräsenta- V v .u Renaissanceschloß mit freundlichem Laubenhof und festen Türmen an den Gebäudeecken schuf. 1667 kam der Besitz an das Stift Ossiach, dessen Äbte den Schloßbau mit festlichen Sälen ausstatteten und zu Beginn des 18. Jahrhunderts an dessen Nordseite eine keinesfalls mehr als Schloßkapelle zu bezeichnende stattliche Kirche erbauten.

Für diese Kirche, einen großen Saalbau, entsandte, wie sich erst jetzt herausstellte, das Stift seine in Ossiach tätigen Stukkateure und den Freskantem Josef Ferdinand Fro- miller nach Wernberg. Diese Künstler, in vorbildlicher Arbeitsgemeinschaft tätig, gliederten den hohen Saal durch ihren Dekor, statteten ihn so reich aus, daß die Schloßkirche von Wernberg als schönster barocker Sakralraum des Landes bezeichnet werden kann.

Davon war bis vor kurzem kaum mehr etwas zu ahnen. Als das Stift Ossiach im Jahre 1783 diesen Besitz aufgab, verlor das Gotteshaus zu Wernberg seine Funktion. Verschiedene Besitzer wechselten einander in kurzer Folge ab; kurze Zeit war der bekannte Graf Zeppelin Herr von Wernberg. Einer dieser Herren aber verwandelte die Kirche in einen Stall für seine Rennpferde. Er zog eine Zwischendecke ein und brachte an den Stallwänden Fliesen an. Das neugeschaffene Obergeschoß, samt seinen Gewölbemalereien ausgeweißigt, diente als Futterlagerstätte.

Seit dem Jahre 1935 besitzt der Missionsorden „Vom kostbaren Blut” Schloß Wernberg, ein Orden, der des zweckentfremdeten Kirchenbaues dringend bedurft hätte. Der schon 1938 unternommene Versuch, die Kirche wiederherzustellen, scheiterte an der Ungunst der Zeit. Deshalb drängte die Kloster- vorstehung, den ehemaligen „Prälatensaal” des Schlosses, einen Festraum mit profanem Freskendekor, als Notkirche einzurichten. Bauliche Veränderungen sowie das Ubertün- chen der profanen Gewölbemalerei untersagte der Denkmalschutz. Nach dem zweiten Weltkrieg (das Schloß wurde durch Bombenfälle in nächster Nähe beschädigt) gewann der Ausbau der zu klein gewordenen Notkirche erneut Aktualität. Wieder ging es um das Übermalen der Fresken, wieder um den Einbau einer zusätzlichen Platz schaffenden Empore. Das Wiederherstellen der herrlichen Schloßkirche schien der Klostervorstehung wegen der unübersehbaren Kosten ein allzu großes Wagnis. Allein schon einen Ersatz für das nunmehr als Depotraum benützte Ubergeschoß der Kirche zu finden schien ein nahezu unlösbares Problem. Zufolge dieser Tatsache erhielt der Festsaal des Schlosses eine hölzerne, leicht wieder entfembare Empore und diente trotz der profanen Fresken weiterhin als Raum für den Gottesdienst. Freilich konnte dies keine endgültige Lösung darstellen, zumal im Schlosse eine bald stark florierende Fremdenpension Unterkunft gefunden hatte. Nunmehr blieb zufolge des zusätzlichen Raumbedarfes kein anderer Ausweg mehr, als die Wiederherstellung der alten Kirche zu wagen, obwohl sich nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch im Hinblick auf die zu lösenden formalen Probleme unüberwindliche Schwierigkeiten abzuzeichnen begannen.

Nach dem Abbruch der eingezogenen Zwischendecke und der Abnahme der Wandfliesen waren die zu lösenden Probleme deutlich sichtbar geworden. Der Stuckdekor hatte durch Zwischendecke und Wandfliesen, aber auch in seinem oberen Bereich durch Benützen des Obergeschosses als Depotraum argen Schaden genommen. Immerhin ließen sich die verlorenen Ornamente rekonstruieren und dadurch wiederherstellen. Von den durch die Tünche schimmernden Gemälden auf der Altarwand und dem Gewölbe wagte niemand anzunehmen, daß sie nur halbwegs unversehrt erhalten wären. Die aus Stuck gebildeten, seitlich an die Wand gestellten Seiiten- altäre sind in die Stuckdekoration der gesamten Wandfläche eingebunden; ihre Wiederherstellung stellte kein Problem dar.

Der von verschiedenen Seiten ausgesprochene Vorschlag, vor der Altarwand einen „modernen” Tischaltar aufzustellen und darnackt erscheinenden Gewölben, ebenso aber zu der weißen, ungegliederten Altarwand in krassem Widerspruch stehen. Deshalb bedurfte es der Farbigkeit im Gewölbe und der farbigen Altarwand, um die Raumeinheit wiederzugewinnen.

Wider Erwarten erbrachten durchgeführte Freilegungsproben an Gewölbe- und Altarwand außerordentlich erfreuliche Ergebnisse. Die ehrwürdigen Schwestern, die schon beim Freilegen des Stucks den Restauratoren an die Hand gingen, brachten auch beim Freilegen der Gewölbemalereien die erforderliche Geduld und Behutsamkeit auf. Das Wagnis ist gelungen! Selbst vom Hochaltar kam nahezu der ganze in feinfühlender Weise auf den Stuckdekor abgestimmte „Aufbau” zutage. Lediglich die durch die Mensa verdeckte Sockelzone und zwei seitliche Heiligenfiguren waren neu zu malen. Die übrigen riesigen Gemäldeflächen bedurften nur verhältnismäßig geringer Ergänzungen und Retuschen.

Der Raum wirkt wieder in unerwartetem Glanze. Barocke Glasluster stimmen in seine Festlichkeit ein. Selbst die für die Klosterfrauen erforderlich gewordene zweite Empore, zurückgesetzt über der ersten aus der Barockzeit, stört nicht. Sie unterteilt die über der Barockempore schmucklos gebliebenen und daher nackt wirkenden Wandflächen; sie verdeckt diese Blößen und dient dadurch auch in formaler Hinsicht, der Raumwirkung.

Noch sind die Arbeiten nicht vollkommen abgeschlossen, noch fehlt die in barock-ge- geschwungenen Formen zu erstellende Altarmensa, auf der der vergoldete, aus einer Kärntner Kirche stammende Barocktabernakel vor dem nahezu vollplastisch wirkenden an die Wand gemalten Altar sich keinesfalls als Fremdkörper ausnehmen kann. Noch fehlt die überzeugende Lösung für das Zentrum dieses Altares. An jener Stelle befand sich einst ein Ölgemälde; derzeit nimmt den Platz ein geschnitztes Kruzifix ein, das in seiner Größe dem vorgesehenen Raum nicht entspricht. Aber auch ein größeres holzgeschnitztes Kruzifix würde an dieser Stelle nicht überzeugen! Immer würden die die leeren Rückflächen verdeckenden Strahlen durch ihr peinliches Zusammengedrängtsein die „Notlösung” offenkundig machen. Immer noch würde sich der graugetönte Hintergrund störend bemerkbar machen! Die starke Farbigkeit des die Wand „füllenden” Altares verlangt nach entsprechenden Farben in seinem Zentrum. Dies könnte am ehesten durch ein nicht spiegelndes Fresko erreicht werden, ein Fresko, dessen Farben auf die Gesamtfläche abzustimmen wären, dessen Farben die derzeit „tot” wirkende Fläche zum strahlenden Zentrum der Stirnwand der Kirche werden ließen.

Desgleichen bedürften die beiden Seitenaltäre geeigneter Altarbilder, nachdem die ursprünglichen verloren sind. Es wäre verfehlt, hier Statuen aufzustellen, die die Seitenschiff- altäre in Gegensatz zum gemalten Hochaltar bringen würden.

Schon jetzt überzeugt der in Zusammenarbeit von Klostervorstehung, Bundesdenkmalamt und zahlreichen Restauratoren wiedergewonnene Raum, doch wäre es schwerlich zu verantworten, nach jahrelangem unermüdlichem Bemühen die Arbeit abzuschließen, ehe sie nach unserem bestem Vermögen und Können zu einem wirklich überzeugenden Abschluß gebracht worden ist. Dazu gehört auch, daß der ehemalige Festsaal des Schlosses seiner ursprünglichen Widmung wieder zugeführt wird, daß er als festlicher Saal für die im Schloß untergebr achten Pensionsgäste dienen kann.

Dr. S. Hartwagner Landeskonservator für Kärnten über ein riesiges Kruzifix anzubringen, hätte zur Folge gehabt, daß den überreich mit zartem Stuck ausgestatteten Seitenwänden an der Sirnseite des Raumes eine kahle, nachte Wand gegenübergestanden wäre und das riesige Kreuz an der Altarwand mit den klein- teiligen, die Seitenwände vollkommen bedeckenden Ornamenten schwerlich harmoniert haben würde.

Demzufolge wurde vorgeschlagen, nach einem möglichst flachen, geschnitzten barocken Wandaltar Ausschau zu halten. Derartige Situationen sind besonders für Architekten verlockend, besteht doch hier die Möglichkeit, einen Raum neu zu gestalten, ihn nicht nur mit einem „modernen” Altar, sondern ebenso mit „modernen” Bänken, Leuchten usw. auszustatten. Dazu aber erwies sich die den Raum bestimmende Stuckdekoration als zu wertvoll. Vielmehr galt es, die verlorengegangene Wirkung des Raumes nach bestem Vermögen wiederherzustellen, das unerläßlich Neuzuschaffende einzufügen, ohne den vorherrschenden Klang durch Mißtöne zu stören. Demnach bestand die Aufgabe hier nicht darin, Neues zu gestalten, sondern zu restaurieren, feinfühlend zu ergänzen und ebenso feinfühlend einzuordnen.

Nahezu ein Jahr mühseliger Arbeit erforderte das Freilegen, das Festigen und Ergänzen des Stuckdekors. Dabei kamen an den kleinen, dekorlos verbliebenen Wandgründen Farbspuren der ursprünglichen Raumpoly- chromie zum Vorschein: zarte Lasuren in Lachsrosa, schwerelosem Grau und lichtem Gelb. Durch diese farbig betonten Gründe hoben sich die weißen Stuckomamente äußerst vorteilhaft ab. Sie erst brachten den herrlichen Schmuck der Kirche höchst einprägsam zur Geltung. Wenn aber diese Poly- chromie wiederhergestellt werden sollte, würde sie zu den ungegliederten, kahlen und

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