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Osterreichisches Volksleben in der Babenbergerzeit

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Über Österreichs Volksleben und seine Entwicklung in der Zeit zwischen 950 und 1250 zu reden, dürfte schon deswegen am Platz sein, weil man darüber — von Fachkreisen abgesehen — gemeinhin so blutwenig weiß. Die gleichzeitigen Quellen erzählen kaum davon: wohl aus dem Grunde, weil man eben vom Alltäglichen nicht redet. Und Volk im Sinne von keimträchtigem Mutlerboden, von bäurischem Jugendland war dazumal wahrhaftig das „Alltägliche“. Um 1000 gehörten noch mindestens 95, um 1250 gewiß noch 90 vom Hundert der Bevölkerung zu ihm; so sehr, daß sich erst im 12. Jahrhundert der Bauernstand vom Herrenstand zu sondern begann, während der Bürgerstand noch kaum in Erscheinung trat.

Es ist heute schwer, sich davon ein richtiges Bild zu machen. Die meisten würden sich recht fremd fühlen, wenn sie etwa ums Jahr 1000 durch ostarrichis Volk wandern könnten. Sic würden von einer Überraschung in die andere fallen, vielleicht auch von einer Enttäuschung in die andere. Eine „erstaunliche Primitivität“ wäre wohl das erste, wessen sie inne würden ...

Versuchen wir, uns ein Bild der damaligen Zustände zu machen:

Die Wohnhäuser nahezu durchaus aus Holz-, im Osten aus Lehmwänden errichtet, mit winzigen „Windaugen“ (wie der Engländer seine Fenster noch heute nennt), das heißt mit Licht- und Rauchlöchern, die rund oder eckig aus den Wänden ausgeschnitten sind. Darüber ein fast noch zehförmiges SToh- oder Schindeldach, aus dessen ein wenig eingesunkenem First durch ein Rauchloch ohne Schornstein der Herdrauch quillt Das Innere im Kern noch ein Einraum („Fletz“), ein Herdraum oder eine Rauchstube mit offener Vorhalle („Laube“). In der Mitte des dämmerigen, rauchigen Raumes, der bis unter das von zwei „Firstsäulen“ getragene Dachgezelt offen ist, der Herd mit flackerndem Feuer oder qualmender Glut, mit Dreifuß Feuerbock und Hägkessel, im alpen'änd nlien Rauchstub?nhaus schon mit dem mäch'igen, aus Stein oder Lehm gestalteten Koch-, Back-. Schlaf- und Schwitzbadofen verbunden, ganz so, wie man das heute noch in Finnlands Schwitzbadstuben sehen kann. Sonst: breite Bretterbühnen als Schlafpritschen, klobige, schwere Tische und Bänke, da und dort auch schon eine Truhe oder ein Schrein, häufiger aber noch ein Schrank in der Urbedeutung des Wortes, nämlich ein durch Balken abgeschrankter Winkel, in den man die nicht benötigten Geräte und Kleider legt.

Die an diesen Kern des Wohnhauses entweder außen angeklappten oder gesondert errichteten Wirtschaftsbauten, wie Vorratsspeicher („Kler“), Viehpferche, Dreschplätze, Getreide- und Heuschober noch im ovalen Grundriß mit geflochtenen Wänden, an die noch unser Wort „Korbstadel“, aber auch unsere „Wand“ (von winden, flechten) erinnern, ebenfalls mit Zeltdächern. Die umzäunten Hofstellen von einem scharfen Hund bewacht, Felder und Wiesen durch singvögelreiche Hecken geschieden, die besonders das Donauland zu einem wahren Gottesgarten machte, wie man es noch auf Rueland Frueaufs Bildern beobachten kann Der Viehanger ist oft noch mitten in der meist locker hingestreuten Häusergruppe, die von festen Zäunen umhegt ist und durch ein starkes Holztor, die ..Landwehr“ oder da ,Landtor“, abgeriegelt wird Alles durchzogen von Vieh-, Rauch-, Mist-, Rüben-, Kraut-und Most.“ -hen und durchhaut von Rindergebrüll. Hundegebell und Kinderlärm. Wo es schon Kirchen gab, waren auch diese, besonders am Beginn des Zeitraumes, noch aus Holz. Daneben gab es Tanz- und Spielstätten, entweder auf dem Dorfanger oder auf alten Kultplätzen in Waldwiesen und auf Bergeshöhen.

Alles Haus- und Feldgerät und alle Kleidung wird in der ersten Zeithälfte noch im Haus erzeugt. Selbstgesponnenes und gewebtes Leinen- und Schafwoll-zeug, dieses auf trogförmigen Rumpelwalken zu dickem oder dünnerem Loden gewalkt, Rinds- und Boddeder mit Knoppern und Rinden gegerbt, oft auch durch Abreiben der harten Oberhaut zu weichem „Irchleder“ verarbeitet, für männliche und weibliche Röcke und Arbeitskittel, für Bundschuhe, Hosenstrümpfe und Wickelgamaschen, bilden die hauptsächlichsten Stoffe. Dazu gibt es noch viel urtracht-liches Gut, wie Holzschuhe, Lindenbast-und Grasmäntel, groblodene Wetterflecke („Kotzen“) und Kapuzenumhangmäntel („Kappen“), breitkrämpige Filzhüte aus Buchenschwamm oder Filz, im östlichen Alpenland auch ungarisch-slawische Schafpelze, auf der weißledernen Außenseite mit bunter Schafwolle bestickt. Die weibliche Kopfbedeckung, „das Gebend“, bestand aus weißen, oft schon kunstvoll gelegten Leinentüchern. Im XII. und XIII. Jahrhundert kam mit dem zunehmenden Wohlstand der Bauern auch schon gekaufter Stoff ins Haus. Auch verstand man sich auf das Färben der Stoffe mit Pflanzcnfarben, wie Nessel für Grün. Safran für Gelb, Weid-;arn (Indigo) für Blau, Krapp für Rot. Dadurch kam in das etwas einförmige Trachtenbild der natürlichen Leinen-, Loden- und Lederfarben etwas mehr Buntheit, die im Laufe der Zeit zunahm. Am Ende des XII. Jahrhunderts kam auch der Zeugdruck auf. Unter dem Einfluß der Kreuzzüge wurden die ursprünglich engen und halbkurzen Röcke weiter und länger.

Die Nahrung war, vom sonntäglichen

Schweine- und Geflügelbraten abgesehen, vor allem Brei aus Gersten-, Hafer- und Hiersemehl. Dieses galt als besonders lecker und hatte auch noch alte kultische Bedeutung. Daneben spielten Hülsenfrüchte, Kraut und besonders Rüben eine große Rolle, weshalb man Bauern und Spielleuten bisweilen den Spottnamen „Ruabendunst“ beilegte, der sich im volkstümlichen Reiftanzspiel bis heute erhalten hat. Alles wurde reichlich mit Speck und Schmalz gekocht, wie es die schwere Bauernarbeit erforderte. Lattich, Obst, Beeren, Honigkuchen und Gewürze, die man unter Nachahmung der Klostergärten auch für Heilzwecke in eigenen „Würzgärtlein“ zog. und viel Birnen und Holzäpfel vervollständigten die Nahrung. Der Weinbau kam erst im Laufe der Zeit in größeren Aufschwung, erreichte aber dann an der Donau größte Bedeutung. Ihm ist besonders das Aufblühen der Handelsstadt Wien und anderer Städte und Märkte zu danken. Die Bauern, zumal in den Alpenländern, blieben freilich be; ihrem Met und Bier, hauptsächlich aber beim Most, der als süßer Birnmost in den Obstgegenden Nationalgetränk wurde, während den ärmeren Gegenden der herbe Holzapfelmost verblieb.

Die Wirtschaft ist am Beginn des Zeitraumes ausschließlich agrarisch. Auch die Herrenhöfe und die ältesten Bürgerhäuser wirtschafteten bäuerlich. Sogar das Flaus in den Städten und Märkten ist anfänglich vom Bauernhaus sehr wenig unterschieden, in den alten städtischen Hof- und Giebellagen merkt man das ja heute noch. Da das Land als Markenland durchaus Krongut war, gab es bei uns, besonders in den Alpenländern, nur recht wenige Freibauern. Das weitaus meiste Bauerngut war lehens-, frondienst- und zinspflichtig, anfänglich oft noch mit drückender Leibeigenschaf verbunden. Das hat sich in der Babenbergerzeit erfreulich geändert. Die vielen, blutigen Kriege haben besonders das Bauernvolk schwer getroffen. In dem an sich dünnbesiedelten Land mußte der arge Mcnschenverlusr ersetzt werden, wozu die große Zahl ehelicher und lediger Kinder jedoch nicht ausreichte. Daher riefen die Grundherren immer wieder neue Ansiedler aus dem benachbarten Bayern, aber auch aus anderen deutschen Stämmen herein. Die aber mußten sie oft mit Freihöfen und Richterämtern begaben und deren Frondienste und Abgaben auf leichte Geldzinse herabsetzen. Das hatte, namentlich im Ostalpenland, einen starken Zuschuß deutschen Blutes zu dem dort vorhin nicht geringen slawisdien Volkstum und überall ein wirtschaftliches Erstarken der Bauern zur Folge. Dazu kam, daß die aufblühenden Städte und Märkte dem Bauern guten Absatz verschafften und zu einer reidieren Grundrente verhalfen.

So verbreitete sich, besonders i m XIII. Jahrhundert, eine behagliche Wohlhabenheit im Bauernstand, der zu einer bedeutenden Erhöhung des Lebensstandards führte. Die protzigen „Dörper“, wie sie im „Meier Helmbrecht“, in den unter dem Namen „Seifried Helb-ling“ zusammengefaßten österreichischen Dichtungen und bei Neidhart von Reuenthal geschildert werden, zeugen dafür ebenso wie die Fortschritte in der Ausgestaltung der Höfe, des Gerätes und der Kleidung. Dreifelderwirtschaft, Düngen, Eggen, Bewässerung, Obst- und Wiesenbau, Schaf- und Bienenzucht hoben sich, wofür die vielen Herrenhöfe und die immer häufigeren, bis in die Einschichten errichteten Klöster wahre Musterwirtschaften abgaben. Die reiche Zimmermannskunst, die mit Handwerkern aus dem niederdeutschen Nordwesten ins Land kam, gestaltete bessere Scheunen an Stelle der früheren Schober („birlinge“), Ställe statt der früheren Pferche und schuf, zuerst in den Herrenhöfen und Bürgerhäusern eigene Stuben und Kammern mit Riemlingdecken und Getäfel, Einriditungen, die sehr langsam zwar, doch mehr und mehr in die Bauernhäuser kamen. Dazu drang der Kachelofen vom Süden her ein, und durch grundherrliche Vorschriften wurden klare Flur-ordnungen, aber auch die besser zu verteidigenden Gruppenhöfe im Donau- und im oststeirischen Grenzgebiet. durchgesetzt.

Das allerwichtigste aber und die größte Tat des deutschen Bauerntums war d i e Rodung und damit die friedliche Gewinnung von überraschend viel Neuland. Sie erreichte ihren Höhepunkt im 12. und 13.' Jahrhundert. Der Wald, dem man früher als einem unheimlichen Reich scheu ausgewichen war, wurde nun in jahrhundertelanger Arbeit gelichtet Man brannte Teile der riesigen und fast undurchdringlichen Waldgebiete von den Rändern her nieder, legte in der Asche Brandäcker an und gewann so Landstück auf Landstüek. Da damit viel großer Grundbesitz für die Grundherren erst wertvoll wurde, förderten diese die Rodungen auf jede Weise und vergaben das Neuland als günstige Zins-güter „zur ungeteilten Hand“. Eine Menge Bauernland wurde so gewonnen und viele bisher wertlose Gebiete bis hoch hinauf in die Berge besiedelt. In Steiermark zum Beispiel beträgt das so gewonnene Neuland sieben Achtel der gesamten besiedelten Fläche!

Wie sah es nun im geistigen Volksleben aus? Der Volkscharakter zeigt ein kräftiges, teilweise noch recht derbes und kriegerisches Geschlecht, das durch die vielen Kriegszüge zwar rauh, aber auch gestählt und selbstsicher geworden war. Viele germanische Züge schlagen dabei durch, gewalttätige Selbsthilfe ist nicht selten, und auf Erziehung zu Kraft und Gewandtheit wird großes Gewicht gelegt. Selbst in Klosterschulen wurden Wettlauf, Ringen, Steinschleudern, Bogcnsdiießen, Ballspiel und Schwimmen eifrig' gepflegt, und bei den Bauern stählten die Arbeit und die all-samstägigen Schwitzbäder die Gesundheit. Herber und männlicher als später waren auch die Frauen, die Gesichter der beiden Geschlechter waren sich viel ähnlicher, wie man das an alten Bergbauern auch heute noch beobachten kann. Die Kinder wurden hart erzogen und die Rute spielte, auch in den Dom- und Kloster-schulcn, eine gewaltige Rolle. Im übrigen herrschte eine jungfrische Naturverbundenheit und Geselligkeit mit viel Gastfreundschaft und Trinkfreude, und die bäuerlichen Dorfgenossenschaften, denen gewiß noch viel von den alten heidnischen Jünglingsbünden anhaftete, sorgten reichlich für Spiel und frohen Maibrauch auf dem Dorfanger und auf den Tanz- und Spielstätten.

Ein Volk, bei dem es viel Arbeit und viel Sitte und Brauch gibt, wird nicht so leicht „sittenlos“, und wenn die natürliche Kraft und Gesundheit auch oft genug überschäumte, so arbeitete doch die Kirche zähe und mühsam an der Zügelung des ungebärdigen Wesens. Gegen die heidnischen Bräuche ging sie dabei, getreu dem alten gregorianischen Rezept „gradatim“, also schrittweise und mit weiser Duldung vor. Stufenweise erfüllte sie das Volk mit christlichem Geist, trotz einzelner Entgleisungen auf dem Gebiete der Ketzerverfolgung am beginnenden XIII. Jahrhundert. Gewiß behielt der christliche Volksglaube noch lange Zeit bewußt und noch mehr unbewußte Bestandteile ausi dem Heidentum. Die alten Riesen und Zwerge, die Waldfrauen und Saugen, die Bergman-derl und der uralte Zauber in Spruch, mit Pflanze und Stein sowie eine tiefgewurzelte Wundersucht hielt sich zäh Aber was daneben durch die hohe Kultur der Liturgie, die dem Volk durch eigene Bauernprediger nahe gebracht wurde, durch Kirchengesang, durch Orgel und Glockenklang und durch die erhabene kirchliche Kunst jener Tage (Dom von Gurk, Heiligenkreuz, Lilienfeld, Klosterneuburger Altar) in die Volkskultur einströmte, das schuf jene wundersame Vermählung von Volks- und Hochkultur, die das ganze Volksleben mit Frühling'glänz durchstrahlte. Wie verkehrt hat man gerade diese Vermählung beurteilt! Man vergaß dabei, was die besten Kenner des germanischen Altertums, Andrear Hensler und Rudolf Much, betont haben, daß gerade diese Verschmelzung von Germanischem und Christlichem erst das gestaltet hat, was wir deutsche Art nennen. Wer wollte etwa die kindselige Liebfrauenminne, wir sie gerade damals in unser Volk einströmte, wer die Krippen- und Hirtenlieder aus unserem Volk wegdenken!

Auch in Sitte und Brauch erfreut uns diese festliche Hochzeit von altem vorchristlichem Kult und christlicher Weihe. Neben den urtümlichen Lärmumzügen (Pflugzichen, Faschingrennen) und Jahrcs-festen, die in alter Kraft und Schönheit weiterlebten, wie die Frühlings- und Sonn-wende im Oster- und Johannisfeuer, eine reiche Fülle von christlichen Oster-, Pfingst-Ernte-, Allerseelen- und Weihnachtsbräuchen, hineingestellt n die Herrlichkeit der Natur und geweiht von frommen Gebeten, Liedern und Gesängen.

In der Volksdichtung dieselbe Entwicklung! Noch lebten die alten, wahrscheinlich noch chorisch getanzten Heldengesänge vom hürnenen Siegfried, von Dietrich von Bern, vom Zwergenkönig Laurin, vom Rosengarten und vom Herzog Ernst, und sogar die lateinischen Dichtungen der Zeit stecken noch voll von diesen alten Stoffen. Nun aber brachten die Kreuzzüge auch noch den wundervollen Märchengarten aus dem Orient in unser Volk herüber und Frau Aventiure schwang ihr Szepter und entriegelte neu das alte Gut. Wollen wir nicht übersehen, daß Walther von der Vogelweide in dieser Zeit „in Österreich singen und sagen gelernt“, daß er, ebenso wie Ulrich von Liechtenstein und viele andere, am Babenbergerhof geweilt, daß er seine Lieder nicht nur höfischen Frauen, sondern auch frischen Bauernmädchen gewidmet hat; und vor allem nicht, daß die großen deutschen Volksepen, das Nibelungenlied und die Gudrun in diesem jungen Österreich gestaltet worden sind. Das alles konnte abermals nicht ohne Einfluß auf das Volk bleiben. Dafür haben schon die vielen Spielleute gesorgt. Wissen wir doch, daß Kürnbergers Lieder noch lange im Volkslied weiterlebten und daß andererseits die Minnesinger sich immer wieder aus dem Volkslied erfrischende Stoffe holten. Ja, als die alte höfische Kunst in ihrer Gesellschaft den einstigen Zauber verlor, trat das volkstümliche Element auch dort an ihre Stelle, wie besonders Neidharts Dichtungen bezeugen.

Von kirchlicher Seite aber wurde gerade damals auch ein ganzer großer Zweig der Volksdichtung, das geistliche Volksschauspiel zum Erblühen gebracht. Mit der segensreichen Reform von Cluny, die — ein wahres Gnadengeschenk — gegen bedenkliche Schäden in der Kirche wirksam wurde, bildeten sich die altkirchlichen, liturgischen Szenen aus der Leidensgeschichte des Herrn zu immer größeren Szenenreihen aus, an denen beim Oster-und Weihnachtsfest auch das Volk mitwirkte. So erwuchs das geistliche Drama, das bei unseren Bergbauern heute noch da und dort als „geistliches Gspiel“ weiterlebt. Aus dem zwölften Jahrhundert besitzen wir in den Klosterneuburger, Seckauer und Lambrechter Osterfeiern Handschriften über diese kirchlichen „officia“, wie man sie damals nannte. Zunädist noch in den Kirchen selbst abgehalten, wobei die Schüler der Kloster- und Domschulen, aber auch die Bauern mit deutschen Liedern und mit dem jodelnden „Halleluja-Singen“ mitwirkten, wurden sie später vor die Kirchen verlegt, weil die Mitwirkung des spielfrohen und begabten Volkes, das in den Teufels- und Rüppelszenen auch viel aus seinen alten Kultspielen hereinbrachte, schließlich doch aus den „Offizien“ zuviel „Volksschauspiel“ machte.

Alles in allem: Die Zeit der Babenberger zeigt ein Emporsteigen des Volkslebens in immer hellere und freundlichere Gefilde. Sie vermählt uralte Volks- und erhabene Hochkultur zu wundersamer Verflochtenheit. Ordnung und

Weihe, Zucht und Würde gestalten jenes frohe östereichische Wesen voll Anmut und Innigkeit, voll frohem Klang, aber auch voll herber Kraft. Donauländische Wein-und Liedfreudigkeit und alpenländische Frische, geadelt von der Würde des kirchlichen Aufschwunges, sie wuchsen damals prächtig auf. Und wer von uns dreihundert Jahre nach der ersten Wanderung, etwa um 1250 abermals durch Österreichs Volk gezogen wäre, der hätte an Stelle der anfänglichen Fremdheit und Betretenheit wohl ein Gefühl stillen Glückes empfunden über die schöne Entwicklung, die unser Volk genommen hat. fienog frieöridi der Streitbare an öfterreidi

Land in lichtem Laub und Blüte, Donauland, mein Österreich, holder Frau, der Lieb erglühte, süßen Lächelns bist du gleich. Unter goldnem Haar und Kranz neigt sie, Zucht und Demut ganz, daß sie ihr Geheimnis hüte, seliger Blicke Glanz.

Bräutlich in des Maien Feier, Schönste, die zum Reiaen trat, Seide üben doch und Schleier leis an ihrem Reiz Verrat. Ach, den Silbergürtel ihr und der Perlen kühle Zier löste mancher starke Freier gern ums Leben schierl

Fern vom Meeresstrand zum Firne sah ich Pracht und Wunder viel. Deutsche Herrin, welche Dirne hielt mich nicht im Minrespiel. All des Wanderns leid und los, aller eitlen Lüste bloß, kehre ich und bera die Stirne dir im Heimatschoß.

Osterland, der zaubersüßen Göttin, die uns narret, gleich, wie der reinen, die wir grüßen, hohen Frau im Himmelreich. Du, der Gnaden aller mild, trüg ich je an Helm und Schild deine Färb' nicht, laß mich's büßen, wie Verrätern gilt.

Hans von Hetmmerstein

(Erstdruck aus „Der letzte Babenberger, dramatische Bilderfolge um Herzog Friedrich den Streitbaren“)

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