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Verletzte Kunst

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Kunst in Kärnten - zerstören - - bewahren - retten ist das The- ma der dritten Ausstellung der Diözese Gurk in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt. Der Ort, die ehemalige Bischöfliche Re- sidenz Straßburg, wird hier zum perfekten Rahmen und Hintergrund der Ausstellung. Zerstört, bewahrt und gerettet wurde auch sie im Lau- fe ihrer achthundertjährigen Ge- schichte. Zu Beginn dieses Jahr- hunderts durch Erdbeben, Blitz- schlag und Plünderung bereits zur Ruine geworden, wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg durch das Bistum und den Verein der Freunde der Straßburg zunächst mit einer Steineindeckung schützend be- dacht, und vom derzeitigen Kärnt- ner Diözesanbischof Egon Kapel- lan mit der großen Hemma-Aus- stellung im Jahr 1988 im wahrsten Sinn des Wortes revitalisiert.

Die diesjährige Ausstellung dient dem Retten und Bewahren der kirchlichen Kunst, einer der zen- tralen Aufgaben der Denkmal- schützer und Denkmalpfleger. Trotz eines in den letzten Jahren stark erweiterten Aufgabengebie- tes dieses Faches ist der sogenann- ten klassischen Denkmalpflege, be- sonders verantwortungsvolle Zu- wendung nach wie vor angemes- sen. Retten und Bewahren ist je- doch nicht allein Aufgabe der staat- lichen Denkmalpfleger, sondern er- fordert die Mitwirkung aller.

Kirchliche Kunst umfaßt einen großen Bereich: von den Werken großer Meister bis zum rührenden Votivbild eines frommen Volksglau- bens, von der vielteiligen Einrich- tung der Gotteshäuser, den durchbeteten Kir- chenbänken bis zu den kultischen Gebrauchs- gegenständen. Viele der tausend Kirchen Kärn- tens sind wahre Schatz- kammern, vor allem an mittelalterlicher Kunst. Die zahlreichen gotischen, im Kern ro- manischen Pfarr- und Filialkirchen, die statt- lichen, ummauerten Wehrkirchen in einsa- men Höhen gelegen, verwahren kostbare mittelalterliche Fres- ken, Skulpturen und gotische Flügelaltäre. Viele dieser Kirchen haben noch ihren ori- ginalen Putz bewahrt, dessen lebendige und verwitterte Oberfläche vom würdigen Alter zeugt. Spuren vermau- erter Fensteröffnun- gen, Fragmente von Fresken und polychro- mer Dekor lassen nicht nur den ursprünglichen Zustand, sondern auch den der folgenden Stilepochen erahnen.

Eine Besonderheit Kärntens sind die urtümlichen vielbewunderten Steinplattldächer, deren Rettung und Erhaltung nur durch den fi- nanziellen Einsatz von Diözese, Bund, Land und der tätigen Mit- hilfe der Bevölkerung ermöglicht werden kann. Die Zeit des Barock hinterließ in Kärnten weniger Prunkvolles an Architektur, hin- gegen erstrangige Stukkaturen, qualitätsvolle Altäre und Kanzeln.

Gefährdete, kostbare Objekte wurden in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts gesammelt und in dem 1917 gegründeten Diözesan- museum aufbewahrt. Hervorragen- de Werke, unter anderem das älte- ste Glasgemälde und die älteste Glocke Österreichs, geben dieser leider viel zu wenig besuchten Sammlung einen besonderen Stel- lenwert. Es mag ein Verdienst un- seres Jahrhunderts sein, daß trotz der genannten Fülle an sakraler Architektur und Ausstattung der Verfall und Verlust durch unzählige Kon- servierungen und Re- staurierungen hintan- gehalten werden konn- te, j a einige bereits auf- gegebene, teils profa- nierte Filialkirchen dank der Mithilfe der Bevölkerung in den letzten Jahren wieder gerettet und zu Kirchen wurden.

Mit 300 Exponaten in zwölf Räumen vermit- telt diese Ausstellung den Besuchern vor al- lem zwei Schwerpunk- te: Zum einen soll die mannigfache Gefähr- dung, der das Kunst- gut ausgesetzt ist, auf- gezeigt werde, anhand der bedrohten Materie die notwendigen Vor- sorgemaßnahmen ver- anschaulicht werden; zum anderen wird die richtige Konservierung und Restau- rierung vorgestellt, die nur der Fachmann, der geprüfte Restaura- tor, vornehmen kann und darf. Eine Nichtbeachtung der strengen Grundsätze der Denkmalpflege kann zur Schädigung, sogar zur Vernichtung von Kunstwerken führen. Ausstellungsleiter Eduard Mahlknecht hat versucht, durch die Gestaltung diese Ausstellungsin- halte zu vermitteln.

Was ist aus dem Gebauten und Geschriebenen, Gemalten und Ge- formten besonders hervorzuheben? Die schöne gotische Relieftafel vom kostbaren Johannes-Altar in Frie- sach, der 1986 gestohlen wurde und sich auf wunderbare Weise in Ita- lien wiederfand, der Altarflügel ei- ner Passionsdarstellung aus Treff- ling, vom bedeutendsten gotischen Maler Kärntens, von Thomas von Villach. In ihr wird die Suggestion und Wirkung religiöser Bilddarstel- lungen auf die Gläubigen vergan- gener Zeiten anschaulich sichtbar: die Gesichter der Häscher und Pei- niger Christi sind zerkratzt! Mit geheimnisvollem Lächeln thront die „Schachner Madonna" neben ihrer Schwester aus Maria Dornach unter einem sicheren Glassturz. Die wertvolle Statue aus dem 14. Jahrhundert wurde in der Hauska- pelle des Besitzers Granegger im Mölltalerst 1984 entdeckt und wird nun das Diözesanmuseum berei- chern.

Die Autorin ist Landeskonservatorin für Kärn- ten.

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