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Architekt Dr. Hans Petermalr

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Die Pfarrkirche am östlichen Ortsende steht auf einer ummauerten Terrasse des Wagrams und bietet durch ihre erhöhte Lage von der vorbeiführenden Ortsstraße einen sehr reizvollen Anblick. Die alte, im Kern gotische und im 17. Jahrhundert barockisierte Kirche besaß ein dreischiffiges Langhaus, dessen Mittelschiff durch den in den Baukörper eingebauten Turm beim Kircheneingang sehr verengt war. An das Langhaus schloß ein langgestreckter Chor mit einer Kapelle auf der linken, der Sakristei mit einem Oratorium samt Stiege auf der rechten Seite. Die gotische Architektur hatte sich nur noch im Äußeren des Chorendes erhalten. Im Langhaus besaß das Gewölbe des Mittelschiffes einen sehr schönen Frühbarockstuck, ebenso das Gewölbe der Turmhalle. Infolge der Dreischifflg-keit des Langhauses und der großen Pfeilerquerschnitte war die alte Kirche im Innern sehr unübersichtlich. Sie besaß aber eine wertvolle Einrichtung, sechs hervorragende Gemälde von Joh. Martin Schmidt, vier davon Altarbilder, eine prächtige Barockkanzel, zwei große Barockkruzifixe und einen barocken Kreuzweg. Der originelle, josefinische Hochaltar war leider 1942 abgetragen und durch einen minderwertigen Holzaltar ersetzt worden, auf den man das Hauptgemälde des alten Hochaltars, die Glorie der heiligen Margarethe, samt den alten, aber seines Figuren-schmuckes beraubten Rahmens, aufsetzte.

Der Bauzustand der alten Kirche war in den fünfziger Jahren so schlecht geworden, daß akute Einsturzgefahr bestand. Da die Kirche obendrein zu klein geworden war, faßten das Erzbischöfliche Bauamt und die Pfarrgemeinde den Entschluß, die Kirche nicht bloß

einer gründlichen Instandsetzung zu unterziehen, sondern bei dieser Gelegenheit auch zu vergrößern. Im Einvernehmen mit dem Bun-desdenkmalamt wurde beschlossen, von der alten Kirche den Turm, das gotische Chorende, das südliche Seitenschiff und die Eingangsseite zu erhalten, selbstverständlich auch die Terrassenstützmauer. Alle übrigen Bauteile wurden zur Demolierung freigegeben, und die Vergrößerung der Kirche sollte durch eine Verbreiterung des Kirchenraumes gegen Norden zu erfolgen. Die kirchliche Baubehörde und das Bundesdenkmalamt stellten an den Architekten die Forderung, die charakteristische Ansicht der Kirche von der Ortsstraße her unbedingt zu erhalten.

1955 wurde mit der Erneuerung des Turmabschlusses und mit der Instandsetzung des Turmes begonnen. Statt der früheren spitzen Helmes wurde ein steiles Keildach mit Ziegeldeckung aufgesetzt. 1962 wurde mit den Abbrucharbeiten begonnen, wobei sich die Mauerzüge, welche stehenbleiben hätten sollen, als so schadhaft erwiesen, daß auch sie abgetragen und wieder neu aufgebaut wurden. Bloß der gotische Chorschluß und der Turm blieben in ihrer alten Substanz erhalten.

Die neue Kirche besteht nun aus einem fast quadratischen Hauptraum mit einer segmentbogenförmigen Holzbalkendecke zwischen Stahlbetonrahmen.

Die von runden Betonsäulen getragene Empore mit einer durchbrochenen Holzbrüstung steht frei in den Raum. Rundsäulen aus Stahlbeton trennen auch den Hauptraum von dem niedrigen Seitenschiff. Ein mächtiger Spitzbogen aus gespitztem Beton auf der rechten Seite der Vorderwand des Hauptraumes bildet die Öffnung zum gekürzten gotischen Chorraum, der auch in der neuen Kirche seine Funktion als Aufstellungsort des Hauptaltars beibehalten hat.

Links vorne befindet sich in einem Anbau die Taufkapelle und rechter Hand, in der Verlängerung des Seitenschiffs, die einstöckige Sakristei. Neben dem Turm ist eine geräumige Vorhalle mit den beiden Eingangstoren zur Kirche, gegen den Kirchenraum durch eine vierflügelige Glastüre abgeschlossen. Über der Vorhalle befindet sich ein Seelsorge-und ein Abstellraum. Erwähnt sei auch die restaurierte Turmhalle, da sich hier die letz-# ten Reste des frühbarocken Deckenstucks erhalten haben.

Den modern empfundenen Innenraum kennzeichnet eine totale Asymmetrie und die Mischung alter und neuer Einrichtungsgegenstände. Die Anordnung und Gestaltung der Funktionsorte erfolgte bereits im Sinne der Liturgiereform.

Der neue Hochaltar aus Granit steht allseits frei gleich hinter dem Triumphbogen, in dem ein wertvolles Kruzifix aus dem 17. Jahrhundert hängt. Die Rüdeseite des gotischen Chores nimmt die Session mit dem erhöhten Priestersitz in der Mitte ein. Der Liturge sitzt ganz im Sinne der neuen Liturgiebestimmungen der versammelten Gemeinde gegenüber, wobei zwischen beiden der Opferaltar steht. Die fünf gotischen Fenster des Chores schmücken farbige Glasfenster nach den Entwürfen des akademischen Malers Franz Deed und haben das Regnum Christi zum Inhalt.

An der Wand neben dem Triumphbogen wurde die alte Barockkanzel wieder angebracht und daneben der alte, in seiner ursprünglichen Form wiederhergestellte spätbarocke Hochaltar zur Sakramentsaufbewahrung aufgestellt, nachdem es gelungen war, den bereits in alle Winde zerstreuten Figuren-schmuck zurückzugewinnen. Zum besonderen Schmuck dieses Altares gehören das große Margarethenbild und das ovale Dreifaltigkeitsbild von Joh. Martin Schmidt.

Steinerne Kommunionschranken mit einem Verkündigungsambo grenzen den vorderen Teil des Kirchenraumes ab, in dem sich gut sichtbar alle liturgischen Funktionsorte befinden.

Im Seitenschiff steht ein renovierter Barockaltar mit einem herrlichen Muttergottesbild von Joh. Martin Schmidt.

Nahe beim Eingang befindet sich ein eingebauter Beichtstuhl. Ein barocker Kreuzweg, eine Werkstattarbeit aus der Schule des Kremser Schmidt, und drei weitere Ölbilder dieses Meisters schmücken die Wände der Kirche. Das aus drei Bankblöcken bestehende Gestühl mit 234 Sitzplätzen ist neu und mit der übrigen Bautischlerarbeit der Kirche einheitlich gestaltet. Die verbleiten Scheiben der großen Fensterwand auf der Nordseite des Hauptraumes, die Fenster im Seitenschiff und in der Taufkapelle wurden ebenfalls vom akademischen Maler Franz Deed entworfen.

Während die Kirche von Süden und Westen gesehen das vertraute Erscheinungsbild weitgehend bewahrt hat, kennzeichnet die Ostseite eine mächtige unsymmetrische Giebelwand, aus der auf der linken Seite der gotische Chor mit einem kleinen Treppen-türmchen daneben herauswächst. Die Nordseite zeigt die große Fensterwand des Hauptraumes und den Anbau der Taufkapelle.

Altes und Neues harmonisch zu vereinen, eine Kirche, zum Teil noch in altem Gewand, den Bedürfnissen der Gegenwart und im be-j sonderen der neuen Liturgie dienstbar zu machen, war hier die heikle Aufgabe.

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