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Fresken und Skulpturen

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In einem felsigen Talkessel in der Nähe von Peč in Serbien liegt die Patriarchatskirche des heiligen Demetrius; südlich davon, umgeben von sanft ansteigenden, waldigen Hügeln, die Klosterkirche Decani; und weiter im Norden, in der Gegend von Novibazar, wächst inmitten einer hügeligen Feld- und Gartenlandschaft die Klosterkirche von Sopocani aus der Landschaft, deren harmonischer Teil sie bleibt. Alle diese Kirchen, die heute noch stehen, haben eine lange und reiche Geschichte. An die sieben- oder achthundert Jahre sind sie alt. In ihrem Inneren halten sie die kostbarsten Fresken des Mittelalters umschlossen. Diese Fresken sind nicht nur Zeugnisse der mittelalterlichen Kunst Serbiens und Mazedoniens, sondern auch wertvolle Belege der späten byzantinischen Monumentalmalerei des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die älteste monumentale Malerei Jugoslawiens blieb im äußersten Süden erhalten, in der Kirche der heiligen Sophie am Ohrid-See. Die Fresken im’Zentralbalkan, also in Mazedonien und Serbien, unterscheiden sich wesentlich von denen des Nordwestens. Sie wurden für die Kirchen der Orthodoxen geschaffen und kommen in Auffassung und Gestaltung ganz aus der Welt des Ostens. Die orthodoxen Kirchen haben nur wenige und schmale Fenster; die großen Mauerflächen dazwischen luden zur Wandmalerei ein. Plastiken in den Kirchen sind hier unbekannt; was nach künstlerischem Ausdruck verlangte, zog sich auf diese Wandflächen zurück: dort hatte es seine Heimstatt. Die Bedeutung dieser Fresken geriet mit der Zeit in Vergessenheit; man ging mit ihnen um, und sie wurden selbstverständlich wie die Waldhänge um die Kirche. Erst vor einigen Jahrzehnten entdeckte man neben ihren ikono- graphischen ihre malerischen Werte neu. Aber erst das Gemälde eines heutigen serbischen Künstlers, das er „Huldigung an die mittelalterliche serbische Malerei" nannte, verhalf ihnen endgültig zu neuem Durchbruch. Man erkannte ihre Gegenwärtigkeit, ihre dauernde Schönheit, ja ihre Aktualität. Und nun wurden sie auf Leinwand kopiert und machen ihre Reise durch Europa. Gegenwärtig sind sie in Wien im Kunsthistorischen Museum zu sehen. Es sind 83 Werke ausgestellt, von denen die aus den Klosterkirchen Mileševa und Sopocani die kostbarsten sind. Die blassen, aber — trotz aller vergangenen Zeit — immer noch intensiven Farben verlangen nach langer betrachtender Versenkung. Man glaubt fast nicht, daß alle diese Fresken’ lange vor der Renaissance entstanden sind. Heilige und Märtyrer und biblische Gestalten sehen uns tief und dunkel an, als seien sie unsere Brüder.

Fritz Wotruba stellt 26 Arbeiten in Stein oder Bronze und einige Gobelins, Zeichnungen und Aquarelle in der Galerie W ü r t h 1 e aus. Die Arbeiten sollen nach Beendigung der Ausstellung für ein Jahr nach Amerika reisen, wo sie in den bedeutendsten nordamerikanischen Museen zu sehen sein werden. Das Institute of Contemporary Art in Boston hat diese Wanderausstellung organisiert; vor Wotruba wurde unter anderen Kokoschka, Le Corbusier und Gropius diese Ehre zuteil. Wir freuen uns über die hohe und verdiente Auszeichnung für Fritz Wotruba.

Gleich die „Hockende Figur" zu Eingang macht einen starken und nachhaltigen Eindruck. Das ist das Seltsame bei Wotruba: seine klobigen Figuren wirken nie ungeschlacht und schwerfällig; und die schlank gegliederten, schmalen haben immer Gewicht, Erdenschwere haftet an ihnen. Nennen wir hier die „Kathedrale", einen weiblichen Torso, der den Blick aus dem vergehenden Gesicht aufwärts gerichtet hat, das flache „Figurale Relief" aus Bronze und die „Liegende Vision einer Figur", die nur als erstarrter Hauch erscheint, und wir haben die Weite seines Werkes einigermaßen angedeutet.

Prachtvolle Stücke sind die beiden Gobelins mit „Dramatischem Thema", die, wie die meisten seiner Zeichnungen und Aquarelle, Gruppen einfacher, schlanker Figuren in klar gegliederten Proportionen zusammenstellen. Auch seine Federzeichnungen verraten den Skulpteur und sind im Hinblick auf das bildhauerische Werk zu verstehen. Unter den aquarellierten Blättern finden sich schöne dunkle Gruppenbilder. Alles strahlt den Glanz seltener handwerklicher Vollendung aus, einer Vollendung, wie sie allerdings nie ein Handwerker, sondern nur der Künstler erreichen kann. Wieland Schmied

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