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Bilder, Figuren, Monstranzen

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Was für den Musikkritiker die großen Ereignisse in den beiden Festspielhäusern sind, das ist für den Kunstreferenten, den sein Weg nach Salzburg führt, die IV. Biennale Christlicher Kunst der Gegenwart, die, wie immer, in den Domoratorien gezeigt wird. (Der neue eigene Ausstellungsbau, der hinter der Hofstall- schwemme. im Schatten des Mönchsberges errichtet werden soll, ist in Plänen und Entwürfen zu sehen.)

Lag bei der letzten Biennale der thematische Schwerpunkt beim Parament, so tritt bei der diesjährigen Schau die bil-

St. Patrick. Kleinplastik aus Kupfer von Oisin Kelly (Irland)

dende Kunst und die Architektur stärker ln den Vordergrund. Unter den österreichischen Beiträgen verdienen die in Photos gezeigten Kirchenbauten von Roland Rainer, Karl Schwänzer und Clemens Holzmeisters Gloggnitzer Turmkapelle mit Fresken von Giselbert Hocke besondere Beachtung. Bei all diesen Werken wird zugunsten einer strengen, geschlossenen Raumwirkung auf architektonische Experimente verzichtet, Beton, Verblendklinker und Glas dominieren in ausgewogener Wechselwirkung. Am augenfälligsten wird die Reduktion auf das rein Funktionelle in Ottokar Uhls vieldiskutierter Montagekirche. Albert Birkle geht mit seinem eindringlichen Gląsfen- stdf „Jeremias” ‘/ten Weg’ zu emer’sehy perSfenltchen mötfüifientälen Stilisierung dek -Figürätiven. ‘auch ‘ Bernard Sfefaii Lipka ‘ findet bei Gläsfensterent ürfen zu überzeugenden Lösungen. Karl Weisers Kreuzweg für die Wörgler Kirche bezieht seine Wirkung eher durch die schöne Abstimmung der Farben zum Goldgrund als durch die formale Gestaltung. „Cherubinflügel” nannte Gottlieb Simon seine im Typus neuartige Monstranz aus Gold und Rosenquarz. Sepp Schmölzer stellt wieder meisterlich entworfene und ausgeführte Silberkreuze aus, Marianne Bolza griff bei ihren Kasein aus mattschimmernder Seide konsequent auf das ursprüngliche Vorbild, den Hirtenpiantel, zurück.

Zahlreiche Photos vermitteln einen Eindruck von äußeren Formen und der Innenraumwirkung von Giovanni Micheluccis Autobahnkirche bei Florenz, mit ihrer unregelmäßigen Verschachtelung der Baukörper, ihren durchhängenden Decken und Betonverstrebungen. Emilio Greco schuf für diese Kirche eine Bronzegruppe, die Bronzeportale mit figuralen Reliefs stammen von Pericle Fazzini und Luigi Venturini.

Im Mittelpunkt der Beiträge aus der Deutschen Bundesrepublik steht die Kirche „Maria Regina Martyrum”, die nach Plänen von Hans Schädel und Friedrich Ebert in Berlin-Plötzen see als Gedächtnisstätte für die Opfer des Nationalsozialismus erbaut wurde. Das aus großen Farb- flächen gefügte abstrakte Fresko Georg Meistermanns beherrscht den schmucklosen Innenraum, friesartig ist der plastische Kreuzweg von Otto Herbert Hajek an einer niederen Mauer des Vorhofes angeordnet. Nirgends wird die absolute Strenge eines Symbols und Mahnmales durchbrochen.

Marcel Breuer, USA, erbaute die Kirche der St. John’s Abbey in Minnesota als gewaltige Betonhalle mit zentral angelegtem Altar. Wie ein riesiges Segel erhebt sich der freistehende Glockenturm vor dem kubischen Baukörper. Die Kanadierin Patricia Fulford weist mit ihrer Zementplastik „Das Jüngste Gericht” Henry Moore als ihren Lehrmeister, Krystyna Sadowska abstrahierte in den Eisenplastiken „Christus am Kreuz” und „Grablegung” einen Gruselkabinett- Naturalismus. Aus Irland kam Oisin Kellys Kreuz aus Stächeldraht und eine, uraltes nordisches Formengut zu neuem Leben erweckende, Statuette „St. Patrick” desselben Künstlers.

Der Belgier Mark Macken verbindet in seinem „Franziskus” aus Bronze expressive Kraft und Vergeistigung mit tiefer Innigkeit, seine Landsmännin Corinne Toussein experimentiert handwerklich mit der Oberflächenstruktur dunkler Wandteppiche. Zu den Exponaten, die die Niederlande auf die Biennale schickten, gehören Eugene Laudys farbiges Fenster aus roh gebrochenen, ungeglätteten Glasklumpen, Aad de Haas’ an Masereel geschulte Holzschnittfolge der Passion. Ben Guntenaars steinernes Symbol „Prophet” und der reizvolle, fast koptisch anmutende Wandteppich „Die Werke der Barmherzigkeit” von Frans Smeets.

Tiefen Eindruck hinterlässen die Werke Spanischer Künstler, •• Vor allem Ltiratf Mufioz’ monumentale Reliefs in Holz und Mischtechnik, ‘die wie- NaturbHdungen, wie verwitterte Schluchtenwände erscheinen, aus denen, fragmentarisch, die Gestalten herauswachsen. Weniger überzeugend geriet Ramon Lapayeses Kolossalfigur „Paulus”, bei der man unwillkürlich an einen drapierten Frankenstein denken muß. Aller Ernst und alle Größe des spanischen Katholizismus aber offenbart sich in der Statue des dornengekrönten Christus von Venancio Blanco, der, auf der Tradition seiner Heimat fußend, in Neuland figurativer Gestaltung vorstößt.

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