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Neues Museum bei den Schotten

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Der spätgotische Flügelaltar des „Schottenmeisters“ eine reichhaltige Gemäldesammlung, Möbel, Tapisserien, Paramente und liturgische Geräte werden neu präsentiert.

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Der spätgotische Flügelaltar des „Schottenmeisters“ eine reichhaltige Gemäldesammlung, Möbel, Tapisserien, Paramente und liturgische Geräte werden neu präsentiert.

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Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts war das Schottenstift ausschließlich Mönchen aus Irland (lateinisch „Scotia mai- or“, daher Schotten) vorbehalten. Erst 1418 wurde das Stift auf päpstliche Weisung allen Nationalitäten zugänglich. Vor allem im 15. und 16. Jahrhundert entwickelte sich das Schottenstift zu einem Zentrum des Wiener Geisteslebens.

In den Jahren 1826 bis 1852 gestaltete der Architekt Josef Kornhäusel (1782-1860) die neuen Räume der Prälatur, die heute die Museumsräume beherbergen. In nur zweijähriger Arbeit wurden die dafür notwendigen Umbauten getätigt. Dem Besucher werden Sammlungen von Gemälden, Möbeln, Tapisserien, Paramenten und liturgischen Geräten präsentiert, deren Vorhandensein auf den bedeutenden Barockabt Carl Fetzer (1705- 1750) zurückzuführen sind, unter dessen Amtszeit das Stift eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte erlebte. Die Gemäldesammlung des Schottenstiftes, die heute mit dem Bildbestand der dem Stift inkorporierten Pfarren etwa fünfhundert Exponate umfaßt, zählt zu den bedeutendsten geistlichen Bilder sammlungen in Österreich.

Die Präsentation der Kunstwerke erfolgt nach thematischen Aspekten. Einer Dokumentation zur Stiftsgeschichte mit Urkunden, Plänen und Stiftsansichten der verschiedenen Bauphasen folgt ein schwerpunktmäßig der Stillebenmalerei gewidmeter Raum, der bedeutende Werke der niederländischen und österreichischen Stillebenmalerei des 17. und 18. Jahrhunderts zeigt. So etwa Nicolaes van Veerendael „Waldboden mit Insekten und Reptilien“ (1687) und Franz Werner Tamm „Stilleben mit Blumen, Früchten und Meerschweinchen“ (um 1720). In einer nach spät-barockem Vorbild gestalteten Bilderwand, in der Anordnung und in den Wandfeldern über den Türen wurden Charakteristika eines barocken Bilder- kabinetts nachvollzogen.

Der Raum mit sakraler Kunst präsentiert neben bedeutenden religiösen Gemälden des Barock — unter anderem Jan Cossier „Die heilige Familie“, Giovanni Battista Pittoni

„Abraham opfert Isaak“ (um 1720) und Peter Paul Rubens „Christus als Salvator Mundi“ - eine Kasel mit dem Bild des heiligen Sebastian aus der Mitte des 17. Jahrhunderts (siehe Bild Mitte), eine Tapisserie aus einer mehrteiligen Serie mit Szenen aus der Mosesgeschichte (Antwerpen um 1674/75, Entwurf Abraham von Diepenbeeck), liturgische Geräte als hervorragende Beispiele der Wiener Goldschmiedekunst des 18. Jahrhunderts und ein 1608 datiertes Silberrelief — „Die mystische Vermählung der heiligen Katharina“ (1608) - von zwei der bedeutendsten Augsburger Goldschmiede, Christoph und Zacharias Lencker.

SAAL FÜR SCHOTTENMEISTER

Ein weiterer Raum, der hauptsächlich der Porträt- und Landschaftsmalerei gewidmet ist, umfaßt vor allem Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts: Albert Christoph Dies „Abendlandschaft“ (1801), Johann Christian Brand „Landschaft mit Anglern am Fluß“ (um 1800) und Christian Seybold „Mädchenbildnis“.

Ein Biedermeierinterieur zeigt eine komplette Möblierung mit einer nach historischen Vorbildern gestalteten Tapezierung der Sitzgruppe und zahlreichen hervorragenden Gemälden der Wiener Biedermeiermalerei, unter anderem Thomas Ender „'Die Ruine Rauhenstein bei Baden“ (1832), Johann Peter Krafft „Erzherzog Karl mit seinem Stab in der Schlacht bei Aspern 1809“ (1816) und Johann Baptist Drechsler „Wildenten im Teich“ (1799).

Anschließend wird der von seiner Entstehung her älteste Gemäldebestand der Stiftssammlung mit religiösen Tafelbildern des Internationalen Stils sowie aus der Nachfolge des „Schottenmeisters“ bis hin zur flämischen Malerei des beginnenden 17. Jahrhunderts mit Gemälden von David Vinckboons und Josse de Momper d. J. vorgestellt.

Den absoluten Höhepunkt im Museum des Schottenstifts bietet der spätgotische Flügelaltar (1469- 1480) des sogenannten „Wiener

Schottenmeisters“. Der ehemalige Hochaltar der gotischen Stiftskirche wurde im Zuge der Barockisierung der Kirche zwischen 1638 und 1641 entfernt. Die erhaltenen einundzwanzig Tafeln mit Passionsszenen und Szenen aus dem Marienleben zählen zu den bedeutendsten Werken spätgotischer Malerei in Österreich. Der „Wandelaltar“ bietet, unterschiedlichen Anlässen entsprechend, drei Zustände: acht Passionsszenen bilden die Werktagsseite, sechzehn Darstellungen aus dem Marienleben die Sonntagsseite. Lediglich an Festtagen waren die heute verlorenen Skulpturen des Mittelschreins - wahrscheinlich eine Ma- rienkrönung — zu sehen.

In einem nun neu konzipierten Saal des Museums ist der „Schottenaltar“ wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und durch eine bebilderte Dokumentation zu Entstehungsprozeß und Werk- siattbetrieb erläutert.

Der ebenfalls von Josef Kornhäusel um 1830 gestaltete repräsentative Prälatensaal dient heute der Präsentation des großformatigen ehemaligen barocken Hochaltarbildes von Joachim von Sandrat „Die himmlische Glorie“ (1671).

Das Museum ist ab 10. November donnerstags, freitags und samstags von 10 bis 17 Uhr sowie sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet.

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