Kostbarer Hintergrund als Hauptaugenmerk

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Fünfzig Exponate der italienischen Malerei zwischen Gotik und Frührenaissance zeigt das Wiener Liechtenstein Museum in seiner eindrucksvollen Schau "Auf goldenem Grund".

Eine Situation - alltäglich und dennoch außergewöhnlich. Zu sehen ist eine Mutter, die ihr Kind stillt. Allerdings handelt es sich nicht um irgendein Kind - sondern um den Gottessohn. Liebevoll wird er von Maria in den Armen gehalten. Sie blickt weder das Kind noch die Betrachter an, sondern schaut vergeistigt in die Ferne. Auffallend an diesem kleinen Bildchen ist neben der faszinierend lebendigen Malweise der Hintergrund. Da gibt es keinen Raum, keine Landschaft zu entdecken. Stattdessen nichts als Gold. Die von Bartolomeo Vivarini um 1450 in Venedig gemalte Darstellung der stillenden Gottesmutter in der Tradition der byzantinischen "Maria Lactans" ist ein charakteristisches Beispiel für "Goldgrundbilder", wie sie im Fachjargon genannt werden. Der goldene Hintergrund sollte dem Bild Kostbarkeit verleihen, zugleich entrückte er die Dargestellten ihrer Weltlichkeit und verlieh ihnen wie auf Vivarinis Tafel göttliche Ausstrahlung. Die aufwendige Technik der Goldgrundmalerei kam aus Byzanz und erlebte im Italien des 14. und 15. Jahrhunderts eine besondere Blüte.

Akzent auf religiöse Motive

"Auf goldenem Grund" nennt sich daher auch eine Ausstellung im Wiener Liechtenstein Museum, die in Kooperation mit der Pariser Galerie Sarti entstand. Eine Präsentation, die nicht nur aufgrund der seltenen fragilen Werke einen Besuch lohnenswert macht, sondern auch aufgrund des perfekten Timings zur Weihnachtszeit.

Im Zentrum der nicht nur für Fachleute spannenden Zusammenschau von fünfzig Exponaten steht die italienische Malerei zwischen Gotik und Frührenaissance. Epochenbedingt liegt der thematische Akzent auf religiösen Motiven - auf Marien- und Christusdarstellungen, auf Heiligen und Engeln. Darunter auch ein herausragendes Ecce-Homo-Bild von Naddo Ceccharelli (um 1347), das zeigt, wie sich die Figur Christi aus dem erzählerischen Zusammenhang löste und der Augenblick des stillen Leidens zum alleinigen Bildmotiv wurde.

Neben kompletten Flügelaltären ist insbesondere eine Vielzahl an kleinen Tafeln zu sehen, die des Verkaufs wegen im 19. und frühen 20. Jahrhundert aus dem ursprünglich sakralen Zusammenhang herausgerissen und zerteilt wurden. Mitunter fanden "Goldgrundtafeln" später als Türen oder Teile eines Tisches Verwendung, manchmal wurden sie verbrannt, um das Gold zurückzugewinnen. Eine Tafel mit einer faszinierend feinfühligen Darstellung des "Heiligen Augustinus" spiegelt das abenteuerliche Schicksal eines ursprünglich 60-teiligen Altars des Sieneser Meisters Sassetta aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Weltweit finden sich heute 27 Fragmente dieses einst so bedeutenden Sakralwerks in unterschiedlichen Museen und Privatsammlungen.

Akzent auf Alltäglichkeit

Aufschlussreich ist der zeitliche Bogen. Denn die Ausstellung präsentiert nicht nur "Goldgrundbilder", sondern zeigt auch, wie sich die Renaissance-Malerei langsam von dieser Darstellungsweise löste und stattdessen die Figuren in weitläufige Landschaften oder reale Räume versetzte. So sitzt die stillende Maria auf einem der spätesten Werke der Schau auf einer Bank im Grünen, im Hintergrund ein Gewässer, Berge und die Silhouette einer Stadt. Auf dem von Girolamo Genga um 1510 gemalten Bild wurde aus der mystisch-verklärt dargestellten "Maria Lactans" der Gotik ein Marienidyll, bei dem der Akzent auf der Alltäglichkeit einer innigen Mutter-Kind-Beziehung liegt.

Einige wenige Exponate repräsentieren die profane Malerei jener Zeit. Sie bilden einen spannungsvollen Kontrast zu den zeitgleichen religiösen Bildern. Eindrucksvoll vor allem eine Tafel des Meisters von Santo Spirito (um 1510). Es zeigt die Römerin Lucretia kurz vor ihrem Selbstmord und fasziniert aufgrund der ungemeinen Dramatik des Geschehens und der emotionalen Zeichnung der Figuren.

Auf goldenem Grund Liechtenstein Museum 1090 Wien, Fürstengasse 1

www.liechtensteinmuseum.at

bis 14. April 2009, Fr-Di 10-17 Uhr

Katalog hg. von Johann Kräftner, Wien 2008, 102 S., e 24

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