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Parnaß in der Festung

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Ein großes Götterarkadien in Bronze: Venus in Verführerinnenpose, Pallas Athene in bekannt-heroischem Auftritt; Kriegsgott Mars, mit apartem Gladiatorenhut, herausgeputzt wie für eine olympische Modenschau, läßt seine Körperkräfte spielen. Und Herkules, der wildeste aller antiken Helden, rast gegen den Zentaur Nessus, der ihm die Gattin entführt hat. Rundum: römische Kaiserbüsten, phantastisches Fabelgetier, prunkvolle Vasen und Ollampen aus Bronze... eine prächtige Antikenszene.

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Ein großes Götterarkadien in Bronze: Venus in Verführerinnenpose, Pallas Athene in bekannt-heroischem Auftritt; Kriegsgott Mars, mit apartem Gladiatorenhut, herausgeputzt wie für eine olympische Modenschau, läßt seine Körperkräfte spielen. Und Herkules, der wildeste aller antiken Helden, rast gegen den Zentaur Nessus, der ihm die Gattin entführt hat. Rundum: römische Kaiserbüsten, phantastisches Fabelgetier, prunkvolle Vasen und Ollampen aus Bronze... eine prächtige Antikenszene.

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Sie ist bis 2. November im Renaissanceschloß Schallaburg bei Melk zu sehen: eine Attraktion! Das Wiener Kunsthistorische Museum hat aus seiner erlesenen Sammlung die Ausstellung „Italienische Kleinplastiken, Zeichnungen und Musik der Renaissance“ mit einigen seiner Wunderwerke der Bronzeskulptu/r' versorgt, die Albertina lieh ein paar Spitzenzeichnungen und seltene Druckgraphik, das Grazer Landzeughaus, eine der wenigen beinahe im Originalzustand erhaltenen Waffenrüstkammern Europas, sandte Harnische und Waffen, die Wiener Nationalbibliothek kostbare Notenhandschriften und Drucke.

Auch diesmal versuchte man auf der Schallaburg einen Querschnitt durch die Renaissancekultur zu bieten, genauer: durch diese speziellen Bereiche, und integriert den Kunstbestand mit viel Feingefühl in dieses architektonische Meisterwerk des Renaissanceschlosses, dessen berühmter Terrakotta-Arkadenhof selbst eines der kostbaren Beispiele der Renaissanceplastik ist.

Wichtig vor allem, daß man diese Renaissanceplastiken einem

großen Publikum zeigt: Denn vieles davon ist sonst im Depot. Auch Kenner werden also ihre Freude dran haben, hier im Kreis um Meister Giovanni da Bologna einem Battista Lorenzi, Fanelli, Leoni, Tiziano Minio, Girölamo Campagna, Sansovino, und dazu einer Menge anonymer Werke

aus den Kunstschulen Venedigs, Paduas, der Toscana zu begegnen. Außerdem ist gerade die Kleinplastik für das Denken der Renaissance so charakteristisch: im Kleinen ein Spiegelbild für das neue humanistische Ideal, für dieses „moderne“ Empfinden für Körperlichkeit — man denke nur an die raffiniert gedrehten manie-ristischen Mercur-Gestalten eines Giovanni da Bologna — und Sinnlichkeit für den Glanz der Bronzeoberfläche, für Individualität. . ,

Die Abkehr von der mittelalterlichen Mystik ist hier sogar in den christlich-religiösen Werken vollzogen, die den sinnlichen Gestus der der Antike nach-

empfundenen Plastiken reduzieren. Als besonders interessante Unterabteilung zeigt die Schau übrigens auch Plakettenarbeiten der Renaissance, die im „Kunst-historischen“ mit edlen Stücken vertreten sind: Werke der Glyp-tiker Giovanni di Bernardi und Valerio Belli, die zum Beispiel im

Bronzereproduktionsverfahren Plaketten von ihren Bergkristallschnitten herstellten, ferner Bronzegüsse nach den berühmten Ca-meensammlungen Papst Pauls II. oder der Mediceer, sowie die Versuche, Donatellos Marmorreliefs, vor allem seine Muttergottes mit dem Jesuskind, in Bronze oder Blei zu vervielfältigen (was heute durchaus einem Serienabguß einer Heiligenstatue als De-votionalienartikel entspräche). Vertreten sind hier vor allem die wirklich zur Eigenständigkeit aufgerückten Meister der Plakette: Caradosso, Moderno, Riccio, der nur in den Initialen IO. FF. bekannte Meister, die hauptsächlich aus dem oberitalienischen Raum stammen.

Und daneben also Zeichnungen, Druckgraphik. Da könnten wir uns allerdings aus den Albertina-Beständen (oder auch aus dem Ausland!) einen reicheren Beitrag vorstellen, um die Querverbindungen zwischen Graphik und Plastik deutlicher zu machen: Um Zusammenhänge in der Symbolik, Unterschiede im Gestus, Charakteristika in den Dekorationsverfahren, Umsetzungen antiker Vorstellungen zu christlichen Motiven reicher vorzuzeigen.

Besser vertreten ist die Musik: Wie hat die Musik dieser Zeit geklungen? Man kann die Frage getrost stellen. Tonbänder beantworten sie mit Beispielen. Konzerte werden für interessante Werkaufführungen sorgen. Wie

hat das Notenbild dieser Zeit ausgesehen? Wie die Musizierpraxis? Was für skurril aussse-hende Instrumente (Dulzian, Pommer, Kxummhorn...) hat es gegeben? Wie sah der Gesellschaftstanz aus und wie klangein die festlichen Musiken der Stadtpfeifer? Da gibt es eine Menge Auskünfte, eine Menge Informationen. Und das sind eigentlich alles Details, die man kennenlernen sollte, wenn man verstehen will, was das ist — „Renaissance“! Karlheinz Roschitz

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