6754945-1967_42_22.jpg
Digital In Arbeit

SCHÄTZE UND KOSTBARKEITEN

Werbung
Werbung
Werbung

Wie die Galerie der Akademie der bildenden Kumte ist auch ihr der Bibliothek angeschlossenes Kupferstichkobinett eine wahre kleine und noch weniger beikannte Schatzkammer, die zum Teil erlesene und einzigartige Kbsttoarkeiten birgt. Aus Anlaß des 275jährigen Bestehens der ehrwürdigen Institution wird nun in ihm der erste Teil einer Ausstellung gezeigt, die einen begrenzten Ausschnitt aus der Fülle einer Sammlung vermittelt, die nicht weniger als 29.000 Druckgraphiken und etwa ebenso viele Handzeachnungen umfaßt und nach der Albertina zu den bedeutendsten zählt.

So enthält sie unter anderem den einzigartigen Schatz von nicht weniger als 277 gotischen Baurissen aus der Dombauhütte von St. Stephan, von denen sechs Hans Puchsfoaum oder Anton Pilgram zugeschriebene zu sehen sind, subtile Zeugnisse einer Architektur nach Maß und Zahl, aus einem Bestand, den keine andere Sammlung der Weit aufzuweisen hat. Weitere Höhepunkte dieser großartigen Ausstellung, die die Zeit von der Gotik bis ins Spätbarock umfaßt, finden sich in unglaublicher Fülle. So etwa die Dürer-Zeichnung, ein Jüngling mit Mütze, die zu den schönsten des Meisters gezählt werden muß, die „Kopfstudie eines bärtigen Mannes mit Kapuze“ von Sebald Beham, oder der frühe, expressive „Kopf des hl. Ohrdstopihorus“ von Lucas Cranach d. Älteren. Albrecht Altdorfers „Alpenlandschaft mit Weidenibäumen“ ist ein hervorragendes Gegenstück zu seiner in Budapest befindlichen „Sarmingsteiner Landschaft“ und das kleine Blatt von Niclas Preu, die „Enthauptung der M. Katharina“ darstellend, eine Rarität ersten Ranges. Sehr schön auch das „Porträt eines Mannes“, das früher — sicher zu Unrecht — Grünewald zugeschrieben war und nun unter Christoph Amtoergers Werk eingereiht wurde.

Wahre Juwelen sind die beiden Landschaften von Pieter Brueghel dem Älteren, eine „Felsige Flußlandschaft“ und „Landleute vor einer Hütte“, erstere Eindrücke der Italienreise verarbeitend, letztere, bei aller Feinheit und Großartigkeit der Form, auch ein Beispiel des derben Humors des Künstlers. Zwei schöne Landsehaftskizzen von Rambrandt schließen sich ihnen an. Sehr beachtlich erscheint auch die „Walfcradschaft“ von Anthonie Waterloo, der sicher skizzierte „Stehende Jüngling mit Mantel'“ von Luca Cambiaso, die Blätter von Ludovico Garracci und Luca Giordano. Giovanni Battista Tiepolo ist mit einem schönen Frauenkopf vertreten, Paul Troger mit zwei Zeichnungen, von denen der Entwurf für ein Altarbild stärker beeindruckt. Hervorgehoben müssen noch werden: das frühe niederländische „Brustbild einer Frau mit Haube“ und die Zeichnung nach einer „Kreuzabnahme“ von Rogier van der Weyden, eine sehr sichere und schöpferische Kopie.

Wichtig sind auch noch die Blätter von Fragonard — obwohl die „Wäscherinnen“ ein eher schwächeres Werk darstellen — dem (rMonogrammi9ten MM“, der reizvolle „Bannerträger“ (Jost Amman zugeschrieben), von Paul Bril, Hans Bol, Ochtervelt, Domenico Oampagnola, Wille, Belange und Pillement, nicht zu vergessen die Arbeiten jener österreichischen oder in Österreich wirkenden Künstler wie van Schuppen, Palko, Johann Chr. Brand, Weirotter und Schmutzer, die auf dem Gebiet der Zeichnung Vortreffliches schufen.

Eine wunderbare kleine, unbedingt sehenswerte Ausstellung, für deren Zustandekommen man ihren Initiatoren und Ausführenden zu großem Dank verpflichtet ist. Erwähnt werden muß aber der bedauerliche Umstand, daß alle diese Schätze des Kupferstichkatoinettes durch den leidigen Platemangel und durch daraus resultierender ungenügender Unterbringung und Sicherung dauernder Gefahr des Verfalls ausgesetzt sind und baldigst etwas geschehen müßte, um diese unersetzlichen und einzigartigen Werte für weitere Generationen zu bewahren.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung