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Die alljährlich veranstaltete vorweihnachtliche Ausstellung der Galerie St. Lucas am Josefsplatz ist nun schon zu einer schönen Tradition geworden. Wie immer überrascht sie auch in der diesjährigen mit einer stattlichen Fülle von Neuerwerbungen, unter denen einige Meisterwerke durch ihre erlesenen Qualitäten auffallen. Vor allem muß auf das wunderbar atmosphärische Tondo von Jan van Goyen hingewiesen werden, auf dem ein Sonnenfleck gerade in einer Flachlandschaft ein „Bauerngehöft mit Bäumen“ erfaßt. Von ähnlicher malerischer Qualität ist dann auch das Tierstilleben von Jan Fyt, das tote „Schnepfen und Eisvögel“ unter Blattwerk zeigt, das schöne Kirchehstück von Hendrik Cörnelisz van Vliet, auf dem sich ein rotbrauner Hund nicht gerade ziemlich verhält, der typische Pieter Wouwerman „Falkner zu Pferd“, die beiden venezianischen Veduten, die fast die Qualität Cana-lettos erreichen und der bravourös hingepinselte Magnasco, den eine besonders differenzierte und reiche Tönung auszeichnet. In der entzük-kenden Nonne mit dem stark rötlichen Inkarnat von Domenico Tiepolo meint man eine Figur aus Casanovas Memoiren vor sich zu sehen, während das Frauenbildnis von Frans Floris die für diesen Maler typischen Züge trägt. Ein poetisches Marinebild von Ludolf Backhuysen, ein kleiner kostbarer Hans Schäufe-lein und ein schönes Bild des Meisters des Kreuzigungstryptichons in St. Florian — eine „Anbetung“ —, alle wie die vorher genannten Bilder von Museumsrang, runden das Bild einer Ausstellung in der noch viele Meisterwerke dem Besucher ihre beglückende Gegenwart schenken.

Zwei große Ausstellungen sind derzeit bedeutenden Persönlichkeiten der österreichischen Malerei der Sezessionszeit gewidmet, die sich in eigenartiger Weise ergänzen und durchdringen. Die eine — in der Galerie Schebesta in der Plankengasse — gilt Theodor von Hörmann, dessen leidenschaftliche Freilichtmalerei in so wesentlichen Bildern, wie den „Esparsettenfeldern“, dem „Künstler und Gattin im Garten“, den „Blicken auf Paris“ und den an keinen geringeren als an Manet erinnernden „Tuilerien“ gipfeln, während die anderen Bilder Slevogt, Liebermann und Corinth vorwegzunehmen scheinen. Im „Tümpel im Buchenwald“ geht das Detail und die Technik dem Tachismus sinnvoll voraus, während einige österreichische Landschaften wie die Gründungsbilder einer Landschaftsschule unseres Jahrhunderts wirken. Winzige Skizzen im Postkartenformat belehren, daß künstlerische Größe nicht vom Format abhängt.

27 Jahre später — 1867 i- als Theodor von Hörmann wurde Max Kurzweil geboren, dessen Bilder im Belvedere eine besondere Überraschung darstellen. Mehr als Theodor von Hörmann gelang es ihm vom Pleinairismus zum Impressionismus durchzustoßen, er besitzt größere zeichnerische Disziplin und kompositioneile Festigkeit. Die entscheidenden Anregungen holte er sich wie jener aus der zeitgenössischen Malerei Frankreichs, auf die dann allerdings der provinzionelle Stilwille der Sezession einwirkte. Sieht man jedoch seine zum Teil hervorragenden Graphiken und einige erstaunliche Bilder, die vieles vorwegnehmen, was erst später in Österreich wieder angeschnitten wurde, die sehr delikate Sensibilität seines Kolorits, dann muß man seinen Freitod im Jahre 1916 als einen schweren Verlust für die österreichische Malerei bezeichnen. Bei beiden Ausstellungen jedoch ist es gut, sich vor Augen zu halten, daß ' Cezanne ein Jahr vor Theodor Hörmann und 28 Jahre früher als Max Kurzweil geboren wurde.

In einer sehr eindrucksvollen Ausstellung präsentiert sich die Malerin Johanna Schönborn in der „Jungen Generation“ am Börseplatz. Seit ihrem Debüt vor einigen Jahren in der „Galerie Puchs“ ist sie erstaunlich und folgerichtig gereift und hat ihren Arbeiten neue farbige und formale Dimensionen zugefügt. Unter ihren Landschaften, die Naturformen benutzen, um seelisches Erlebnis zu verdeutlichen, bewegen besonders die „Landschaftsfriese“, „Blaues Gmünd“, „Bäume 1964“, „Mischwald“ und unter der visionären Serie der Bergbilder der „Viadukt“, wobei deutlich wird, daß ein geschlossener Kreis der Darstellungen immer wieder in den darauffolgenden aufgeht, im Sinn der Erweiterung menschlicher und künstlerischer Erfahrung. Die großartige Serie von Collagen „Paradiese im Exil“, die in knappen allegorisch-symbolischen Andeutungen den Weg des Menschen vom Verlust des Kindheitsparadieses über die Begegnung mit der Umwelt, dem Du, der Zivilisation und Gott in den Religionen schildert, zeigt ebensoviel menschliche, lyrische Tiefe wie treffsicheren Geschmack und formales Können. Man kann den nächsten formalen Auseinandersetzungen der jungen Künstlerin mit gespannter Erwartung entgegensehen. Ihr profundes, starkes Talent verdient Förderung und Anerkennung.

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