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Christian Rohlfs — Alte Meister

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Christian Rohlfs wird zehn Jahre nach Cezanne in Holstein geboren. Seine Malerei steht in fast antipodischem Gegensatz zu der des großen Franzosen. Der Beginn in Weimar ist akademisch, ihm folgt deutsche Freilichtmalerei, der Impressionismus wirkt nur indirekt. Eine Van-Gogh-Ausstellung im Folkewang- museum schafft von 1902 an die Wendung: die „Belvedere-Allee in Weimar", vom Alyscamp-Bild aus Arles beeinflußt, übernimmt zwar die leidenschaftliche Dramatisierung aber nicht die linear gerichtete Tiefenzeichnung des Holländers, die Expression bleibt in der Fläche, ohne Raum und Erscheinung zu gestalten. Während bei Cözanne lateinische Klarheit herrscht, Suche nach Objektivität der Anschauung und Bewußtsein der Tradition, steht bei Rohlfs die subjektive Erregtheit des Individuums vor dem Thema im Vordergrund. Die Freundschaft mit dem beinahe zwanzig Jahre jüngeren Emil Nolde führt seine Arbeiten (später vorwiegend Temperabilder, Aquarelle und Holzschnitte) in den Bereich nordischer Naturmystik, in der das Motiv — reduziert auf intimere Ausschnitte (Blumen) — zur subjektiven Spiegelung der Gefühlswelt wird. Von hier führen die Fäden weiter: Ein Temperablatt wie „Baumstämme vor Nachthimmel“ (1922) öffnet den Weg für Bazaine und Manessier. Von den übrigen deutschen Expressionisten und ihrem meist barbarisch umgeformten Aussagedrang unterscheidet sich Rohlfs durch seine Sensibilität und lyrische Empfindsamkeit. Eine umfassende Ausstellung seines Werkes ist nun in der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz zu sehen.

Besonders sei auf die Ausstellung der Neuerwerbungen der Galerie Sankt Lucas im Palais Palla- v i c i n i hingewiesen, die wieder eine Reihe ausgezeichneter Bilder alter Meister von Galerieniveau enthält. Die Niederländer und Flamen dominieren, wobei in erster Linie eine lyrisch weite Landschaft von Jan Vermeer van Haarlem (den Bildern in Brüssel ebenbürtig), ein qualitätsvoller Joos de Momper (erstaunlich frei von seinen Manirismen), ein im Sujet ungewöhnlicher („Bekehrung des Saul“) und sehr dichter Salomon van Ruysdael, eine sehr schöne Hügellandschaft des Jacob van Ruysdael und ein wertvoller Isaak van Ostade auffallen. Ein bemerkenswert gut komponierter und in der farbigen Durchführung geschlossener Cornelis de Heem (Stilleben mit Weinglas und Obst), ein großes Stilleben von Christian J. Striep und ein die kalte Präzision der neuen Sachlichkeit vorwegnehmendes Blumenstück der Rachel Ruysch schließen sich an. Unter den Italienern und Österreichern, die diese unbedingt sehenswerte Ausstellung abrunden, ist in erster Linie ein Magnasco zu nennen, dessen kalligraphisch expressiv bewegte Pinselführung weniger Manier und mehr Substanz als sonst besitzt. Ein interessantes Bild ist der Massimo Stanzione, „Die heilige Familie“, das zum Teil carravaggieske Effekte in einer sehr geschlossenen Komposition verwendet. Der Evaristo Baschenis (Musikinstrumente) der vom Kunsthistorischen Museum erworben wurde, dürfte links beschnitten sein. Von den Österreichern (Füger, Gauermann) ist das „Italienische Mädchen“ von Romako hervorzuheben.

In der Galerie St. Stephan zeigt Josef Mikl Aktzeichnungen aus der Zeit von 1948 bis 1958. Die Zeichnungen aus der Akademiezeit, dem frühen Leger in ihrer funktionellen Auffassung des Körpers verwandt, berühren am stärksten. Mikl entwickelt sich immer stärker zur subjektiven Freiheit und Willkür. In den letzten Jahren wird auch der Einfluß von Wotruba-Zeichnungen formend spürbar.

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