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Vorwiegend gediegen

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Gleich zwei sehenswerte Ausstellungen wurden vergangene “Woche in der Wiener Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz eröffnet: eine große Schau die der „Ungarischen Kunst der Gegenwart“ gilt — in der Aula und den ebenerdigen Ausstellungsräumen — und das Resultat des Aquarell-Symposiums 74 in Salzburg — im Kupferstichkabinett der Bibliothek der Akademie. Die ungarische Ausstellung zeigt sich als eine großangelegte Schau, die ein durchaus positives Bild zeitgenössischer ungarischer Plastik, Malerei und Graphik ergibt, mit einer deutlichen Betonung des Gegenständlichen, ohne dabei jemals in die Plattitüden der kleinbürgerlichen Kunst des sogenannten sozialistischen Realismus zu verfallen.

Realismus verkörpern in der Plastik am ehesten Miklos Melocca, der trotzdem auch Marini und Manzü nahesteht, und der erzählerische Imre Varga, der alber doch auch von Armitage und Germaine Richier beeinflußt wurde. Tomas Vvgh dagegen setzt plastische Formen und Zeichen, die Morre zum Ahnherrn haben, während Andreas Papachristos einen Spätklassizismus vertritt, der in manchem an Mestrovic erinnert. Erzs&beth Schaar baut maquetten-artige, irreale Räume mit Fenstern, Türen und Spiegeln, in denen erstarrte Personen stehen, Andreas Kiss Nagy modelliert mit sich verschränkenden PostiVnNegativ-For-men Figuren, die vom plastischen Volumen her den stärksten Eindruck der Ausstellung geben. Die Plexiglas-Konstruktionen von György Se-gesdi bezeichnen mit ihrer Verwandtschaft zu Pevsner und Nau/m Gabo einen völlig andersartigen Pol. In der Malerei dominiert ausdehnungsmäßig Endre Domanovszky mit seinen großflächigen, starkfartoigen, weitgehend abstrahierenden, Gobelins und Bildern, die von der Ecole de Paris der ■ Nachkriegszeit bestimmt werden. Von Csaba Fejer stammen sehr noble sülbergraue Stilleben und Bilder, die auch die Collage als Färb- und Strukturwert einbeziehen, von Sandor Vecsesi streng gebaute Landschaften und Kompositionen eines lyrischen Realismus, dessen Schlichtheit besticht. Die Arbeiten der beiden weisen die stärkste Überzeugungskraft und Konzentration auf. Neben ihnen zeigt Joszef Bartl Bilder, die von der naiven Malerei der Volkskunst abgeleitet wurden, Viola Berki Verwandtes, nur noch dekorativer, und Margit Anna „echte“, primitive Malerei. Während Läszlö Lakner mit einem pointierten „trompe d'oeil“ wieder einen Pol verkörpert, stehen die kühlen, aber malerischen, gegenstandslosen Kompositionen von György Kiss, der ebenso wie Karoly KUmo in manchem an de Stael erinnert, für den anderen. Erna Foth, mit seinen surreal abstrakt-illusionistischen Kompositionen und Gyula Hincz mit seinem abstraktem Surrealismus, sohließen sich an, während Endre Bai int dekorative Zeichen für die Realität setzt. Bela Czobel wandelt sehr modisch Elemente von Renoir bis Modigliani ab, Istvan Kürücz läßt an Egger-Lienz und Sterrer denken, Gabor Szinte an den Post-impressionisimus des Schweizers Gubler und Erik Scholz an eine Mythenwelt, die der Skrickas verwandt ist. In der Druckgraphik bestechen die großflächigen Steinbruchabstraktionen von György Kiss und die Vincent-van-Gogh-Variationen von Robert Swierkie-wicz. Op-Art und Neues Ornament sind durch Pal Deim und Ilona Ke-serü vertreten. Eine vor allem auch im Handwerklichen äußerst gediegene, keineswegs revolutionäre, aber durch die Solidität der Leistungen eindrucksvolle Ausstellung.

Bestechend ist auch die kleine Schau der Aquarelle, die anläßlich des vom österreichischen Rundfunk großzügig unterstützten Aquarell-Symposiums in Salzburg entstanden sind. Hier ragen neben den farbig zurückhaltenden Veduten Rudolf Hradils und der expressiven Romantik Hans Kruckenhausers die Arbeiten von Gottfried Salzmann hervor, die mehr Aufbau besitzen und vielfach an Turner erinnern. Kurt Mol-dovan ist mit sehr zaftfarbigen Arbeiten vertreten, deren Expressionismus die Form noch nicht so zerreißt und überdehnt wie Traudl Pichler, die ihre zu groß gewählten Formate und die Form nicht mehr bewältigt. .Arnulf Neuwirths raffiniert an die „peinture naive“ angelehnten Arbeiten stehen etwas fremd in diesem Spät-Expressionistenfest.

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