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Aus dem Wiener Kunstleben

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Bilderschau Ballabene

Der Burgenländer Rudolf Raimund Ballabene, dessen Gemälde und Öl-skizzen in den Räumen der Kunsthalle, I., Dorotheergasse 11, zu einer emdrucks-vollen Schau vereinigt sind, gehört zweifellos zu den interessantesten Erscheinungen der österreichischen Gegenwartskunst, nidit nur wegen seines persönlichen Duldertums, sondern vor allem wegen der starken Eigenart seines künstlerisdicn Gestaltens. Daß Ballabene ein Könner ist, der das Handwerkliche seiner Kunst beherrscht, beweisen einige seiner älteren Bilder, wie das koloristisch ungemein noblt Plerde im Sturm“, das Bild der Dogge ..Simba“ oder das farbig so fein differenzierte Bild „Unsere Katze“.

Die geistige Zerrissenheit unserer Zeit hat ihn zu neuen Ausdrucksformen geführt, zur Auflösung der äußerlichen Formen und zum Eindringen in das Wesentliche seelischen Erlebens, aus dem graphisch Gebundenen zu dem malerisch Empfundenen. Trotz seiner — wie Ballabene selbst erklärt — „stenographischen Pinselhandschrift“, die alles Unwesentliche zugunsten des starken Empfindungsmomentes zurücktreten läßt, strömt aus seinen Bildern und öl-skizzen der Atem starken Erlebens auf den Betrachter ein. Er ist kein Porträtist im landläufigen Sinne, er malt nicht den Menschen, wie er ist, sondern den Typus, dessen belanglose Masken der Künstler lüftet, wie zum Beispiel in der „Wählerversammlung“. In dem französisch anmutenden, malerisch kühnen Bild der „Absinthtrinkerin“ erhebt er sich gleichfalls über den Einzelfall hinaus zur Charakteristik morbiden Menschentums.

Ballabene bewährt sich als Blumennialcr ersten Ranges, der mit wirklicher Meisterschaft den zartesten Nuancen farbiger Schwingungen gerecht Wird. An diesen „Blumenstücken“ ist nichts Gestelltes, aber auch nichts Willkürliches, sondern die Blüten selbst in Form und Farbe, fast möchte man sagen, in ihrem süßen Duft, kommen zur Geltung, ob es sich um die üppig prangende Schönheit der „Pfingstrosen“ oder um den zarten Reiz der „Frühlingsblumen“ handelt. Sie leuchten aus sich selbst heraus, sie sind Natur, ohne naturalistisch zu sein. — Das eindrucksvolle Bild des tibetanischen „Wissenden“, die packende Vision „Heimatlos“, ein schöner „Blick über die Dächer Wiens“ und verschiedene Studien menschlicher Typen verdienen Erwähnung.

Noch ist Ballabene ein Suchender, ein um stärkste Ausdrucksmöglichkeiten Ringender, aber sein Können und seine Ausdruckskraft befähigen ihn zu Leistungen, die wir mit Spannung erwarten dürfen.

Gesamtschau der Werke Herbert Böckls

Veranlaßt durch die „österreichische Kul-turvereinigung“, findet gegenwärtig in den Schauräumen der „A kademie der bildenden Künste“ eine Ausstellung statt, die dem Schaffen Herbert Böckls gewidmet ist, einer der stärksten Persön-lidikeiten der österreichisdien Gegenwartsmalerei. Man muß Jahre zurückgehen, um eine Schau von ähnlicher Bedeutung nennen zu können, von gleicher Eindruckskraft. Dabei werden in der Beurteilung dieser

Bilder die kritischen Meinungen heftig gegeneinander prallen; denn Böckls Kunst ist so eigenwillig, so ferne von aller Konvention, daß sie dem Alltagsempfinden nicht ohne weiteres zugänglich ist.

Dies gilt nicht von dem Graphiker Böckl, der mit wenigen sicheren Strichen das Wesentliche seiner Motive überzeugend festhält, in Aktzeichnungen die kühnsten Überschneidungen meistert Probleme gibt er dem Betrachter in seiner Malerei zu lösen, ■ die auf das Graphische, bisweilen auch auf anatomische Richtigkeit keinen Wert legt, sondern die Bilder fast einzig und allein aus dem farbigen Eindruck aufbaut Er modelliert seine Landschaften und

Figuren gewissermaßen au der Farbe heraus, wobei er auf Gegenständlichkeit, auf Naturwahrheit des Kolorits, vor allem auf Schönheit überkommener Prägung verzichtet, weil ihm die Malerei Vision der Farben bedeutet.

Die Glut und Transparenz seiner Farben-gebung ist freilich von starker Wirkung, ausgehend von den blausamtenen Hintergründen bis zu dem grellen Gelb, das er so sehr liebt und das wie eine Fanfare den Gesamtklang der Farben übertönt. Mit welcher Kühnheit und zugleich doch auch wieder mit welcher Beseeltheit gestaltet er die Aufeinanderfolge von Rot, Blau und Gelb, die trotz aller Leuchtkraft niemals knallig wirken! Wundervoll kontrastiert etwa das schmutzige Gelb der Häuser einer südlichen Landschaft gegen das satte, drückende Blau des Himmels. Die prachtvolle Weite kärntnerischer Landschaften, das brennende Gelbrc-t eines Sonnenaufganges in den Alpen, die leuchtende Farbenpracht grüner Vordergründe und sonnenglühenden Gesteins — man muß sich nur in diese farbigen Visionen hineinleben, um zu erkennen, wdche malerische Kraft in diesem akademischen Lehrer steckt, dem so gar nichts Akademisches anhaftet. Am schwierigsten werden es so manche Betrachter in der Beurteilung der figuralen Werke des Künstlers haben, der so gar keine Konzessionen an den Alltagsgeschmack gibt. Jnd doch wird man von den großen Aktbildern gepackt, dieser fast grausamen Malerei.

In diesen Ausstellungsräumen der Aka* demie entrollt sich ein Stück der Geschichte der Malerei, die aus dem Chaos dieser Zeit heraus zu Neuem, Gewaltigem Vorstößt und bei aller Problematik ernste Beachtung verdient.

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