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Die transparente Katechese

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Der im Herold-Verlag erschienene „Katholische Katechismus“ von Johannes K1 e m e n t liegt nunmehr in seiner dritten, bebilderten Auflage vor. Die Illustration eines Katechismus ist keine leicht zu lösende Aufgabe. Man öffnet daher das Buch nicht ohne Neugierde und stellt zunächst fest: etwas ungewohnt --modern! Neuzeitliche religiöse Kunst, die kennt man aus mancher in den letzten Jahren erbauten Kirche, und mancher skeptische Gedanke steigt auf.

Ja. die Illusionen dieses neuen Katechismus sind durchaus, und zwar im besten Sinn, graphisch modern gestaltet von einem Künstler, der sein getstgetragenes Können auf dem Gebiet der religiösen Kunst bereits wiederholt bewiesen hat.

Das eigentliche Neue an den Bildern Ist nicht nur die Gestalt, sondern vor allem der Gehalt. Allerdings wird man den Bildinhalt nicht mit einem einzigen Blick erhaschen und sozusagen stehenden Fußes wiedergeben können. Längeres Verweilen, Betrachten und Vertiefen ist notwendig und lohnt sich.

Zunächst wird klar, daß die Illustration dem Text keineswegs untergeordnet oder ganz einfach beigegeben ist. Auch handelt es sich weder um rein biblische, dogmatische oder liturgische Einzelaussagen, sondern um eine ganzheitliche Schau des im Lehrstück behandelten Themas. Da ist zum Beispiel als Illustration zur kirchlichen Hierarchie (Lehrstück 30) nicht der Papst, ein Bischof usw. in Einzeldarstellungen oder in ihren Symbolen abgebildet, sondern alle hierarchischen Glieder sind auf Christus bezogen und

— darin zeigt sich der köstliche Ein-fallsreichtum des Künstlers — in Form einer Kette, die von Christus, dem obersten Hirten, über Petrus bis zum schlichten Pfarrer reicht, dargestellt. Beim 83. Lehrstück: Gott verlangt Ehrfurcht vor Leib und Leben, ist nicht etwa nur die bildhafte Aufzählung von gesundheitschädigenden Gewohnheiten und dem entgegengesetzten Guten, sondern in einer Gesamtschau die Würde des menschlichen Leibes gegeben, die im Menschsein Christi und

— die leibliche Aufnahme Maria in den Himmel ist beispielhaft voran-geitellt — in der Verherrlichung unseres Leibes im Himmel gipfelt.

Der Künstler bietet nicht nur durch reale Bildinhalte, sondern auch durch Gestaltung eine überraschende Fülle katechetischer Aussagemöglichkeiten, wie sie das Wort so eindringlich nicht geben kann. Aus der Fülle der Beispiele sei da nur noch das 22. Lehrstück herausgegriffen: Die Sendung des Heiligen Geistes. Wie gewaltig und ebenso eindrucksvoll wie einprägsam fällt der mächtige Feuerstrom des Geistes, der vom Vater und Sohn zugleich ausgeht und doch vom Sohn gelenkt und gesendet erscheint, auf die Kirche aller Zeiten und Zonen nieder 1

Solche Kompositionen ermöglichen es, über den realen Gehalt einer Lehr-stückdarstellung hdmausschreitend, deren tiefstes heilsgeschichtliches Geheimnis oder theologisch-biblische Zusammenhänge für den Katechismus-unterrioht transparent zu machen; zugleich gestatten sie an Stelle des bloß mechanischen Abfragen, eine das Verständnis vertiefende Wiederholung des behandelten Unterrichtsstoffes. Mit Recht sprechen die Autoren dieser neuen Art von Illustration von transparent gemachten Katechesen.

Gar so neu ist diese Art übrigens gar nicht, denn die verwendeten Bildmotive stammen vielfach aus^ der großen christlichen Tradition. Schon den Christen in den Katakomben und vor allem den Christen des Mittelalters schafften sie eine greifbare Vors teil imgsweit des Glaubens. Es ist die Kunst des Sinnbildes, der mannigfachen Beziehungen, wie der Geist des Mittelalters sie liebte, und es ist der ganz reale Bezug auf die Welt der ewigen Dinge, der dieser Kunst die Kraft gibt, das heilige Geschehen lebendig zu vergegenwärtigen und zugleich den ahnenden Blick des Betrachters auf eine übersinnliche Wirklichkeit zu lenken.

Bisweilen werden Klagen laut, „daß sich ein überraschend umfangreiches Maß an rein menschlich-psychologischem und oft recht profanem Illustrationsmaterial in unsere katechetischen Zeichenbücher eingeschlichen hat“ (Dreher und Strittmatter, „NeuesZeich-nen im Religionsunterricht“, Herder, 1954), so daß heute die Hinwendung zum „theologischen Zeichnen“ besonders dringlich erscheint.

Die gute Illustration soll zwaT eine Hilfe für die Phantasie sein, doch soll sie religiöse Vorstellungen weder einengen noch falsch prägen. Es ist nicht abzuschätzen, „welch verheerende

Folgen die so lange üblich gewesenen Darstellungen des unendlichen Vatergottes als eines gemütlichen, alten Mannes mit Bart' hatten. Oder man denke an die Verniedlichung der Vorstellung ganzer Generationen von einer ewigen Seligkeit in einem .Spielzeug-himmel'... Nicht anders ist es mit dem völlig verzeichneten Christusbild, das weite Kreise haben, dank versüß-lichender Darstellungen von Heilands-looken, mit denen sie aufgewachsen sind.“ (Dr. Willy Lussnig, „Die Barke 1962“, Buchklub der Jugend.) Wieviel echter, wahrer und vielsagender ist da nicht beispielsweise die immer wiederkehrende Vaterhand oder das „gesichtlose“ Geistantlitz des unsichtbaren Gottes in den vorliegenden Illustrationen! Die öftere Wiederholung dieser Darstellung des verborgenen und sich offenbarenden Gottes, des erhöhten und gnadenspendenden Christus und des ausgesandten, alles überströmenden Heiligen Geistes kann dem Kind nur nützen, zumal es sich ja hier nicht mehr um die Unterstufe der Volksschule, sondern um die Zehn- bis Vierzehnjährigen handelt.

Die moderne, ausdrucksstarke, abstrahierende Art des Bildes ist dem heutigen Schüler nicht fremd. Es hat sich ja auch im Zeichnen in der Schule schon längst ein Umbruch vollzogen vom Zeichnen nach formalen Gesetzen und vom kopierenden Zeichnen nach Natur und Modell zum freien Gestalten nach eigenem Ausdruck und Erlebnis, wobei sich bei den Kindern ein überraschender Reichtum an Erlebnisstärke und Formkraft offenbarte. Den Skeptikern der modernen religiösen Kunst gegenüber sei noch ein Wort von Dr. W. Lussnig aus dem oben zitierten Buch gesagt: „Die Streitfrage, inwieweit die graphische Gestaltung religiöser Bücher einer Geschmacksrichtung von gestern oder von morgen verhaftet sein soll, wäre einfach zu lösen, bedächte man, daß die Kinder von heute, deren Geschmack auch durch das Buch geformt wird, das gläubige Volk von morgen und nicht das von gestern sein wird.“

Es leuchtet ein, daß in Anbetracht der Heiligkeit der Vorstellungsinhalte von Katechismusillustrationen wesentlich größere Aufgaben and Forderungen an die Künstlerpersönlichkeit und an die künstlerische Gestaltungskraft gestellt werden als bei profanen Buchillustrationen. Diese Aufgabe hat der namhafte akademische Maler und Graphiker Karl Weiser (*191l, Salzburg) im vorliegenden Katechismus hervorragend gelöst. Der Künstler ist vor allem bekannt geworden durch Glasgemälde, Fresken und Altartafeln für Weyeregg, Dumberg bei Hallein, St. Andrä und Herrnau (Salzburg). Als Erzbriischof Dr. Rohracher bei der Einweihung der Andreaskirche in Salzburg die Glasgemälde K. Weisers würdigte, meinte er, der Künstler müsse viel gebetet und betrachtet haben, um solche Meisterwerke schaffen zu können. Mit Recht kann man wohl diese Worte auch auf seine Katechismusillustrationen anwenden. In harmonischer Zusammenarbeit mit dem Verfasser des auf jeder Seite den erfahrenen Katecheten verratenden Textes hat er ein Werk geschaffen, das mit seinen kraftvoll erregenden, ehrfurchtgebietenden Darstellungen und in seiner monumentalen Art die Ausdruckskraft seiner vollendeten Glasgemälde widerspiegelt. Hier und dort bedient er sich beim Aufbau seiner Komposition eines strengen, stark graphischen Stils, und die Bildinhalte lassen an theologischer Tiefe und Klarheit nichts zu wünschen übrig.

Die Zweifarbigkeit der Bilder dient nicht nur der malerischen Belebung, sondern auch dem Ausdruck von Bildinhalten. So bedeutet Schwarz etwa das Böse, Rot das Gute, oder Schwarz weist auf die Natur, Rot auf die Übernatur hin.

Möge die Bebilderung des Herold-Katechiiismus helfen, die Glaubensverkündigung in der Schule leichter, abwechslungsreicher, aber auch tiefer und fruchtbarer zu gestalten! Auf jeden Fall sollte sich kein Katechet und kein für die religiöse Unterweisung Interessierter die Mühe verdrießen lassen, den in solch ansprechender und fruchtbringender Art ausgestalteten Katechismus besinnlich zu prüfen.

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