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In den Bildern rauscht schillerndes Wasser

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In der Osterreichischen Galerie im Oberen Relvedere in Wien werden ab 14. März in einer Sonderausstellung rund 100 Werke aus allen wichtigen Perioden des französischen Impressionisten Claude Monet (1840-1926) gezeigt. Persönliche Gegenstände, Fotos, eine Rekonstruktion des dritten Ateliers und ein Rahmenprogramm runden dieses Ereignis europäischen Ranges ab.

„Monet, das ist nichts als Auge - aber freilich welch ein Auge." Diese wohl treffendsten Worte über den Hauptvertreter der Impressionisten werden Mo-nets Freund Paul Cezanne zugeschrieben. Die Impressionisten gingen von der Landschaftsauffassung der Schule von Barbizon aus, indem sie wie diese Künstler im Freien malten, wo sie die Flüchtigkeit von Augenblickseindrücken bestimmter Naturphänomene wie Sonnenschein, Nebel, Stürme, Schnee und Tauwetter festzuhalten versuchten. Von japanischen Holzschnitten beeinflußt, wagten sie es, kühne Aufsichten und ausschnitthafte Kompositionen in eine alltägliche Thematik einzubinden. Auch wurden serienmäßige Ansichten desselben Motivs hergestellt. 1874 erhielten diese Neuerer ihren -zunächst spöttisch gemeinten - Namen nach dem von Monet bei der ersten Impressionistenausstellung gezeigten Bild aus Le Ha vre: „Impression, Soleil levant" (Eindruck der aufgehenden Sonne).

Am 14. November 1840 wurde Claude Monet als zweiter Sohn eines Kaufmanns in Paris geboren, Mitte der vierziger Jahre übersiedelte die Familie nach Le Havre. Bereits mit 15 Jahren kann er seine Talente zu Geld machen. Die von ihm angefertigten Zeichnungen und Karikaturen von Persönlichkeiten der Stadt bringen soviel ein, daß er mit einem Startkapital von zweitausend Francs nach Paris gehen kann. In seiner Entscheidung Maler zu werden, wird er von Eugene Boudin, einem unkonventionellen Landschafts- und Marinemaler, bestärkt. Dem holländischen Maler Johan Barthold Jongkind, einem Vorläufer der impressionistischen Malerei und Mitglied der Haager Schule, verdankt er die „endgültige Schulung" seines Auges.

Im April 1859 geht Claude nach Paris an die freie Academie Suisse und wechselt später ins Atelier Gleyre. Er lernt Pissarro, Cezanne, Bazille, Renoir und Sisley kennen. Mit Jean-Frederic Bazille verbindet ihn eine tiefe Freundschaft, ihn malt er gemeinsam mit Camille, seiner späteren Frau, in „Les Prome-neurs, Bazille et Camille" (1865).

Im März 1865 werden zwei Landschaftsbilder von Monet erstmals im Pariser „Salon" ausgestellt. 1870 flüchtet Monet mit Frau und Kind und den Freunden Pissarro und Boudin vor dem Deutsch-Französischen Krieg nach London. Hier lernt er den Kunsthändler Durand-Ruel kennen, der gerade eine Filiale eröffnet hat. Monet sieht in den Museen Bilder von Turner, Con-stable und Whistler. 1871 kehrt die Familie über Holland nach Paris zurück. Sowohl die Landschaft als auch die holländischen Meister des 17. Jahrhunderts und deren Umsetzung durch die Schule von Barbizon sind befruchtend für Monets Kunst.

Die mittlere Schaffenszeit Claude Monets fällt mit der Hochphase des Impressionismus zusammen. Er malt die Seine bei Argentueil (1872-1878), wobei er ab 1874 auf seinem Atelierboot arbeitet. Monet nimmt in seine Landschaftsbilder Zeichen der Industrialisierung (Bahnbrücke als eigene Werkgruppe) und des neuen Lebensgefühls der Pariser, die ihre Freizeit in Argentueil verbringen (Bootssport, Regatten) als realistische Elemente auf. Niemals jedoch wird die Mühsal der ländlichen Bevölkerung dargestellt, die Menschen in seinen Gemälden sind durch leeren Raum vom Be-trachter getrennt.

1877 entsteht in Paris eine Serie von zwölf Arbeiten der Gare St. Laza-re, ab den achtziger Jahren werden die Serien häufiger, sie werden zunehmend im Atelier fertiggestellt. Die Serien sollen der Flüchtigkeit des Augenblicks Dauerhaftigkeit verleihen. Rekanntes Reispiel ist jene Serie von der Kathedrale von Rouen (1893), in der er sich dem Objekt immer mehr nähert. (Maupassant vergleicht ihn mit einem Jäger, der sich an sein Opfer heranpirscht.)

In den drei Seerosenserien von Gi-verny erreichen sie ihren Höhepunkt und den Abschluß seines Lebenswerks. Die künstlerische Ausführung weist weit über den Impressionismus in die Kunst des 20. Jahrhunderts hin -aus. 1879 stirbt Monets Frau Camille in Vetheuil. Er verarbeitet seinen Schmerz in sehr emotionalen Stilleben (ein Sonnenblumenbild beeindruckte Vincent van Gogh nachhaltig) und Winterlandschaften (Eisgang, Überschwemmungen), die er selbst bei klirrender Kälte im Freien malt. Die nun entstehenden Rilder brechen mit der impressionistischen Phase. Die Farbskala ist tonig, auf starke Kontraste wird weitgehend verzichtet.

Während seines Aufenthaltes in Poissy (1881-1883) gestaltet er seine Kompositionen zusehends nach japanischem Vorbild. Es entstehen seh beliebte Marinebilder (beispielsweise in Etretat, „La Manneporte", 1883), Das Bild „Fischer an der Seine' (1882) aus dem Besitz der Öster reichischen Galerie markiert al$ frühes Beispiel diese Phase der künst lerischen Neuorientierung und weis' bereits auf die späten Seerosenbilder hin, die in letzter Konsequenz nur mehr die Wasserfläche mit der Flor; über und unter dem Wasser in äußer ster Nahsicht zeigen.

In Giverny (1883-1926) verwan delt der „Vater des Impressionismus" seinen Garten in ein blühendes Kunstwerk. Aus Japan läßt er sich Pflanzen bringen, legt einen Seero senteich an, eine japanische Brücke wird erbaut. Nacheinander entstehen drei Ateliers, von denen aus sein Gar ten auf immer großformatigere Lein wände gebannt wird. Einige von ih nen schenkt er auf Drängen von Mi nisterpräsident Clemenceau dem französischen Staat. Die Vorarbeiten dazu sind auf einer Installation, die dem ovalen Original, nachempfunden wurde, in der Ausstellung zu sehen.

Zahlreiche Sponsoren und Bildpa ten haben zur Verwirklichung dieser Werkschau beigetragen, der Katalog ist in Deutsch und Englisch erhältlich mehrsprachige Führungen stehen den Besuchern zur Verfügung. Ein Rahmenprogramm mit Konzerten (Schwerpunkt Debussy) und kunstge schichtliche Vorträge sind vorgesehen. Kartenbestellungen und Information: 79557, DW145 und DW 222. Führungsanmeldung: DW 221. Die Ausstellung ist vom 14.3. bis 16.6. täglich von 10-19 Uhr geöffnet.

Die Autorin ist

Kunsthistorikerin undfreie Journalistin.

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