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Henri Toulouse-Lautrec

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Die vom Kulturamt der Stadt Wien im Museum für angewandte Kunst veranstaltete Toulouse- Lautrec-Ausstellung betont nicht nur notgedrungen das graphische Genie dieses bedeutenden Künstlers. 32 Ölbilder stehen neben etwa 270 graphischen Arbeiten (darunter an die 30 wichtige Handzeichnun- gen!) und beweisen vor allem die großartige zeichnerische Schärft dieser exzentrischen Begabung eines Künstlers, der nur 37 Jahre alt wurde. 1864 als Henri Marie Raymond de Toulouse-Lautrec in Albi geboren, brach er sich als Kind beide Beine, wodurch sein Wachstum gehemmt wurde. Zum Zwerg verkrüppelt, studierte er ab 1882 in Pari Malerei und errang 1891 mit seinen ersten Plakaten schlagartig großen Erfolg. 1898 begann seine Gesundheit erstmals zu leiden, so daß er im darauffolgenden Jahr nach einem Anfall von Delirium tremens in eine Klinik eingeliefert werden mußte. 1901 kam der vollkommene Zusammenbruch. Nach Südfrank

reich gebracht, starb Henri Toulouse-Lautrec auf dem Landgut seiner Mutter.

Entscheidend wurden für ihn in seiner Studienzeit die Begegnungen mit Smile Bernard und van Gogh, der Einfluß der japanischen Holzschnitte vor allem und die Technik und Stoffwahl bei Edgar Degas. Wie jener haßte er es, Modelle zu posieren; die Bewegung oder Haltung eines Modells mußte ihre innere realistische Begründung in sich tragen. Ähnlich wie Degas auch, war er von der Bewegung fasziniert, aber weniger von dem Bestreben, aus ihr ein Substrat, eine Essenz, ein neues klassisches Maß zu gewinnen, als die Wahrheit des Augenblicks, die flüchtige Offenbarung zu erfassen. Die Weite seiner technischen Au - drucksmöglichkeiten waren dazu hervorragend geeignet. Seine Begabung, schnelle Bewegung und die Atmosphäre einer Szene mit wenigen Strichen oder Mitteln wiederzugelben, war einzigartig. Die meisten seiner Bilder rind mit verdünnter

Ölfarbe auf ungrundiertem Karton i gemalt und verwenden den neutra- j len Ton des Malgrundes als Element i des Aufbaues. Er führte eine große Anzahl von Plakaten als Lithogra- 5 phien aus, wobei er die aufs äußerste vereinfachte Linie und , große Farbflächen zu faszinierenden i und oft bizarren Wirkungen stei- i gerte. Hier wird nicht nur der Ein- i fluß Japans, sondern auch der des ; „art nouveau“ sichtbar. Daneben , schuf er viele kleinere Lithographien, i Gelegenheitsblätter, Programme,

Menükarten, Buchumschläge odei

Einzelblätter und Serien von seinen

üblichen Sujets.

Diese waren eng um sein Leben i zentriert: Szenen aus Tanzsälen und

Cafės des Montmartres, wie der berühmten „Moulin Rouge“ oder aus dem Kabarett Aristide Bruants, „Le . Mirliton“, Schauspielerinnen, Tänze- . rinnen, Zirkuskünstler hinter den . Kulissen und viele Akte, wie bei Degas bei der Toilette beobachte! , oder als die Insassinnen der maisons

closes, in denen er für einige Zeil 3 lebte. Der Freund Oscar Wildes und I Beardsleys war nicht wie die Impres-

sionisten am Licht interessiert, sondem nur von Form und Bewegung, i und in den meisten seiner Werke fehlt das Spiel von Hell und Dunkel Für ihn scheint das Licht zu erieuch- . ten, nicht zu beleuchten. Was er sah, . schilderte er leidenschaftslos abei L unbarmherzig. Anklagen oder Anspielungen sind ihm ebenso fremd

wie Sentimentalität oder Mitleid. Seine Größe liegt in der Distanz zu : den Dingen, die er auch in ihrer ; Häßlichkeit schöpferisch gestaltete, i Prof. Novotny und Frau Gertrud Jaksch muß für die Arbeit an dieser Ausstellung, die unter beträchtlichen Schwierigkeiten zustandekam, herzlich gedankt wenden.

Bis zum 18. Juni nur ist im ehemaligen Atelier Professor Herbert i Boeckls, in der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz in Raum 164, eine Atelierschau zum Gedenken an den großen Maler zu , sehen. Neben vielen aus der Aus- ! Stellung im Museum des XX. Jahrhunderts bekannten Bildern sind i auch einige noch nicht gezeigte zu i sehen, außerdem seltene Zeichnungen und Aquarelle sowie die Totenmaske des Künstlers. In der durch Raumnot bedingten Hängung hat das Werk in diesem einzigartigen Querschnitt nicht nur an Konzentration gewonnen, sondern auch an Zusammenhang. Berechtigt darf es s seine Ansprüche gegenüber den . Zeitgenossen erheben; das Dauerhafte an ihm wird einleuchtend sichtbar.

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