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DER MALENDE DICHTER

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Carl Maria Hauser (auch Carry Hauser genannt) wurde am 16. Februar des Jahres 1895, als Sohn eines k. u. k. Beamten, in Wien geboren. Sein Grofjvater, aus den böhmisch-mährischen Ländern stammend, hatte an der Wiener Kunstakademie Architektur studiert und war dann, der Familientradiiion entsprechend in fürstlich-liechtensteinsche Dienste getreten. Theater, Musik, Museen und Ausstellungen — der ganze üppige und vielfältige Reichtum der um die Jahrhundertwende noch so mächtigen, lebens- und kunst- frohen Kaiserstadt, jenes bestimmte und bestimmende Milieu höheren österreichischen Beamtentums, eine Gepflegtheit ohne Verweichlichung, eine natürliche Bescheidenheit der Lebensführung mit viel Takt und Stil und keinerlei Ueberwerlung des Geldbesifzes, dies — und was noch alles zur damaligen franz-josephinischen Aera gehörte — macht die Umgebung seiner Kindheit und Jugend aus. Bis zum zehnten Lebensjahr von der Mutter selbst unterrichtet, brachte der Eintritt in das Schotfengymnasium (OSB.) den ersten Zusammenstof) mit der Außenwelt, die erste Erschütterung des Kinderglaubens. Nach Absolvierung der Unterstufe erlaubte die Klugheit der Eltern den Uebertritt in eine Kunstschule. Als erste künstlerische Versuche der Kinderjahre: ein kleines Volksstück, „Der Haupttreffer”, für das vom Vater verfertigte Marionettentheater verfafjl, und etwas später ein selbstgeschriebenes und mit bunten Bildern versehenes Märchenbuch. Als Elfjähriger sein erster Erfolg: Prämiierung und Ankauf seiner Arbeiten anläßlich einer öffentlichen Ausstellung .yo’n Ki iiermalereien. 1914 rückf der Neunzehnjährige als .Kriegsfreiwilliger beim Wiener Hausregiment ein. Später, als Offizier im Kaiserinfanterifregiment 1, bis gegen Kriegsende an der Ostfront. Nur wenige, zum feil verlorengegangene Skizzenbücher geben von diesen Kriegsjahren Kunde. Im Frühjahr 1918 von der Front ins Hinterland zurückkommandierf, um bei einer Ausstellung des Regiments mitzuwirken, ergab sich für ihn die Möglichkeit künstlerischer Arbeit. In kurzer Zeit entstand eine Reihe meist biblischer Bilder; aber auch solche waren dabei, die ungeschminkt das wahre Gesicht des Krieges zeigten. Seine erste Buchillustration: Zeichnungen zu dem Gedichfband „Erlösung” von H. Nowak. Dann der Zusammenbruch der Monarchie, Rückkehr in die klein gewordene Heimat. Verbittert und angeekelf vom Krieg und Soldafenspiel, dennoch bereichert, auch vom erlebten Grauen, religiös bewußter und naturnäher geworden, verließ er nach wenigen Monaten Wien, um die nächsten Jahre in einem kleinen Dorf, dem Sommerferienort seiner Kindheit und Jugend, nahe der Stifter-Gegend, dem Bayrischen und Böhmerwald, zu verbringen. 1919 seine erste große Kollektivausstellung in Wien („Haus der jungen Künsflerschaft”). Erfolge, Kontrakt mit einem Kunsthändler, Gründung der Künsflervereinigung „Freie Bewegung”. Aber, nach kurzen Aufenthalten in Wien, München, Berlin, immer wieder zurück in das stille Dorf. Viele Ausstellungen seiner Werke, Publikationen und eine ‘eiche, aus jugendlicher Kraftfülle entstandene Produktion. Bilder und Graphiken, auch plastische Versuche. Nur wenig Geschriebenes aus dieser Zeit. Darunter wesentlich: die hand- gemalten Bücher „Die grofje Nacht des Bruder Dominicus” und „Das Buch von der Stadt”. Gröfjere Mappenwerke: „Die Insel”, „Hafenbilder” u. a. Thematisch war das Schaffen meist vom Religiösen und Sozialen her beeinflußt. 1922 schloß C. M. H. die Ehe mit der Gespielin seiner Kinder- und Jugendjahre, der als Gelehrte und Schriftstellerin bekannt gewordenen (Dr. phil.) Gertrud Herzog. Von nun an wieder stpndig in Wien. Durch volksbildnerische Arbeit bemüht, weifen Kreisen das künstlerische Schaffen der Gegenwart näheizubringen. Als Präsident des „Hagenbundes”, einer modernen Künstlervereinigung, und der „Notgemeinschaft für Kunst und Schrifttum’ sowie in anderen Fachorganisationen um Kunst und Künstler besorgt, ankämpfend gegen alle Krisenerscheinungen der Gegenwart, die materiellen und geistigen. Anerkennung seines Wirkens durch Preise, Ankäufe seiner Werke in öffentlichen Sammlungen, Verleihung des Titelsrofessor und des Ritterkreuzes des österreichischen Verdienstordens. Auch als Bühnenbildner tätig (Burg- fheater u. a.), gewinnt er Kontakt mit der Welt des Theaters, Erfahrungen, die ihm später in seinen kleinen dramatischen Werken zugute kommen. Als langsam d’e Früchte zu reifen begannen und eine ruhige Entwicklung möglich zu werden schien, begann der Druck politischer Unruhen sich immer stärker fühlbar zu machen. C. M. Hauser, dessen Veranlagung ihm ein Abseitsstehen nicht ermöglichte, schlofj sich dtenen an, die damals Front gegen den Einbruch des Nationalsozialismus machten. Die Eigenart und Existenz österreichischer Kunst zu wahren, erschien ihm notwendige Aufgabe, die er, bis zur bitteren Märznacht 1938, zu erfüllen bestrebt war. Kurz vorher erscheint sein Buch „Ueber Kunst und Künstler in Oesterreich”. Ein und ein halbes Jahr verbleibt C. M. Hauser noch in Wien. Künstlerisch lahmgelegt, da aus politischer Gegnerschaft ihm die Eindringlinge jede Tätigkeit verbieten. Trotz des Terrors der nationalsozialistischen Polizeischergen und des von ihnen ausgesorochenen Arbeifsverbotes kamen ihm immer wieder aus dem Kreise der Widerstandsgewillfen Aufträge, meist für Bildnisse. Dennoch wird das Leben tagtäglich unerträglicher, Freunde werden untreu, andere geben nach oder resignieren. 1939 verlief; C. M. Hauser seine Heimat. Auf dem Weg nach Holland, wo er mit Frau und K’nd hätte Zusammentreffen sollen, wird er in der Schweiz vom Kriegsausbruch überrascht und an der Weiterreise verhindert. Schweizer Freunde bieten ihm liebevoll ein Asvl. Trotz dir Hemmungen, die durch die Sorgen um Heimat und Familie und nicht minder durch das Verbot entstanden, als freier Künstler und Schriftsteller in der Schweiz seinen Beruf ausüben zu können, schuf er im Laufe der Jahre seines Exi!s nebst den persönlichen Arbeiten für seine Mappe und Schublade, einiges, das in die Oeffentlichkeit durfte. So seine geistlichen Spiele („Adventspiel”, 1941, Volks-Verlag, Elgg, Herausgabe der ändern drei in Vorbereitung), die in Zürich und anderen Orten als Laienspiele zur Aufführung gelangten; das anläßlich seines Geburtstages von Freunden herausgebrachfe Buch „Eine Geschichte vom verlorenen Sohn” sowie Gedichte. Illustrationen für eine Uebertragung von M. de Guerin „Die Bacchantin” (1941) sowie für die „Zwölf kleinen Jesuslegenden” von H. F. Schell; Bilder für die Sf.-Josefs-Kirche in Flims-Waldhaus, Fresken auf’ zwei Privaf- häusern bei Lugano und eines auf dem Simplon. Vorlesunqen im Kreise der Freunde. Weiterarbeit und Fertigstellung des Begonnenen. Nach dem Kriege Rückkehr nach Wien.

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