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Das größte Geheimnis bleibt die Klarheit

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Piper-Bücherei: Band 74: Max Beckmann, der Zeichner. 48 Abbildungen. Auswahl und Einführung von Erhard Göpel. — Band 75: Faanz Marc, Botschaften an den Prinzen Jussuf. 16 achtf:rbige Aquarelle und mehrere Schwarzweißvignetten. Mit einem Geleitwort von Maria Marc und einem Essay von Georg Schmidt. — Band 78: Emil Preetoriu. Sprache der Kunst. Aphorismen. Mit 28 Wiedergaben ostasiatischer Kunst and persischer Miniaturen. — Band 80: Christian R o h I f s, Blätter aus Ascona. 16 Tempera-Arbeiten. Mit einem Geleitwort von Helene R o h I f s und einem Essay von Paul Vogt. — Band 85: Tarquinia. Wandmalereien aus etruskischen Gräbern. 16 Farbtafeln nach Aufnahmen von Walter Dräy er. Einführung von Manimo Pa 11o11in o. Band 88: Hieronymus Boich, Garten der Lüste. 53 Tafeln. Einführung von Han Rothe. — Verlag R. Piper & Co., München. Preis: Bildband 2.50 DM, farbiger Bildband 3.50 DM

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Piper-Bücherei: Band 74: Max Beckmann, der Zeichner. 48 Abbildungen. Auswahl und Einführung von Erhard Göpel. — Band 75: Faanz Marc, Botschaften an den Prinzen Jussuf. 16 achtf:rbige Aquarelle und mehrere Schwarzweißvignetten. Mit einem Geleitwort von Maria Marc und einem Essay von Georg Schmidt. — Band 78: Emil Preetoriu. Sprache der Kunst. Aphorismen. Mit 28 Wiedergaben ostasiatischer Kunst and persischer Miniaturen. — Band 80: Christian R o h I f s, Blätter aus Ascona. 16 Tempera-Arbeiten. Mit einem Geleitwort von Helene R o h I f s und einem Essay von Paul Vogt. — Band 85: Tarquinia. Wandmalereien aus etruskischen Gräbern. 16 Farbtafeln nach Aufnahmen von Walter Dräy er. Einführung von Manimo Pa 11o11in o. Band 88: Hieronymus Boich, Garten der Lüste. 53 Tafeln. Einführung von Han Rothe. — Verlag R. Piper & Co., München. Preis: Bildband 2.50 DM, farbiger Bildband 3.50 DM

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Die Kunstpublikationen in der Piper-Bücherei, mit Geschmack und Liebe ausgewählt und ausgestattet, sind heute wohl schon notwendiger Bestandteil jeder

Sammlung eines Kunstliebhabers und zugleich eine kleine Kunstbibliothek in Taschenformat. Die einwandfreie Wiedergabe der Abbildungen und die ansprechenden Einbände machen sie überdies zu freundlichen Aufmerksamkeiten, die man zu allen Anlässen schenken kann. — Hier eine kleine Anthologie aus den letzterschienenen Bändchen:

Eine Charakterisierung Max Beckmanns durch Erhard Göpel: „Max Beckmann nimmt Welt auf, indem er zeichnet, bildet seine Weltanschauung im Zeichnen. Deshalb sind dann die späteren Bilder, obwohl er kaum mehr Vorstudien macht, so welthaltig, so dicht. Sein scharf beobachtendes Auge, das Skizzenbuch in der Hand, erregt Verdacht. Sowohl in Ostpreußen (1914) als auch in Flandern (1915) wird er als Spion verhaftet, man glaubt ihm den Sanitäterrock nicht Wer je von seinem beobachtend aufnehmenden Blick getroffen worden ist, der durchbohrt, röntgt, skelettiert, auf Linien reduziert, wird diese Festnahme verstehen. Beckmann deutete seine Lage als verhafteter Spion schon 1915 existentiell. 1940 bis 1945 fühlte er sich in anderer Weise gefesselt. .Ich dachte daran, wie ähnlich doch eigentlich dieser Moment meinem ganzen übrigen Leben sei. Eingefangen, bewacht und angezweifelt.' Dabei

ist der Zeichenstift seine eigenste Waffe, mit der er sich gegen die andringende Welt verteidigt.“

Max Beckmann über Kunst: „Ich habe gezeichnet, das sichert einen gegen Tod und Gefahr.“

Emil Preetorius über Kunst: „Dunkelverworrenen Formen lassen sich leicht Geheimnisse eindeuten: das größte Geheimnis bleibt die Klarheit.“ — „Ein Kunstwerk zu verstehen ist schwer und nur wenigen gegeben: die meisten begeistern sich lieber dafür.“ — „Goethes Ausspruch, daß jeder, weil er spricht, auch glaube, über die Sprache sprechen zu können, gilt abgewandelt für die Kunst: jeder, weil er sieht, glaubt auch die Kunst sehen zu können.“ — „Die Kunst für das Volk und die Kunst des Volkes sind einander ausschließende Begriffe.“

Maria Marc über die Entstehung der Postkarten mit den „Botschaften des Prinzen Jussuf“: „Bei einer unserer jährlichen winterlichen Reisen nach Berlin lernten Franz Marc und ich Else Lasker-Schüler persönlich kennen___ Franz Marc zeichnete zunächst

ein Blatt in Schwarzweiß, im Format einer Postkarte, die er ihr schickte... Es war die erste der Karten. Sie stellte ein Pferd und daneben stehend einen Reiter dar. Er schrieb dazu: .Der blaue Reiter präsentiert Ihrer Hoheit sein blaues Pferd.. . Euer Fz. M.' Außer dieser kleinen Huldigung stand nichts auf der Karte.“

Franz Marc schrieb auf die Karten meist ein paar Zeilen, die die ganze Poetik seiner Welt einfangen: „Dieses heilige Kälbchen wurde am Tage der Thronbesteigung des Königs lussuf (mit Sultan Ben Jussuf weder verwandt noch identisch!) im Garten des Palastes schlafend gefunden“ etwa; oder ganz kurz: „Die Tränke am Rubinberge“ oder „Zitronenpferd und Feuerochse des Prinzen Jussuf“.

Helene R o h I f s über die „glücklichen Ascona-Jahre“: „Christian Rohlfs war 7S Jahre, als ihm sein Arzt riet, im Süden zu leben. Rohlfs war nie im Tessin oder in Oberitalien gewesen. Als er zum ersten Male nach Ascona fuhr, tat er es mit Vorbehalt, ja er hatte Angst vor zuviel ,Süße' dort. In Saleggi, der mit Birken und Gebüsch durchsetzten Maggia-Niederung, fühlte er sich zuerst wohl; dann eroberten ihn die Blumen, vor allem die große Magnolie von San Materno und die Lotosblüten. Fahrten in die Täler mit den chinesisch anmutenden Felslandschaften und Wasserfällen, alten Kirchen und Burgen, Dörfern und römischen Brücken bezauberten ihn . . . Vom Frühling bis in den Dezember blieben wir dort; das Leben war ein glücklicher Rhythmus von Arbeit und Spiel.“

Christian Rohlfs, als er unter Hitler aufgefordert wurde, aus der Akademie der Künste auszutreten: „Ich habe mich nie um Ehrungen bemüht und nie auf solche Wert gelegt; ich bin als Künstler siebzig Jahre lang meinen eigenen Weg gegangen und habe gearbeitet, ohne zu fragen, wieviel Beifall oder Mißfallen ich dabei erntete. Zustimmung oder Ablehnung. Ehrung oder Nichtehrung machen ein Werk weder besser noch schlechter, ich überlasse das Urteil darüber der Zukunft. Gefällt Ihnen mein Werk nicht, so steht es Ihnen frei, mich aus der Mitgliedsliste der Akademie zu streichen, ich werde aber nichts tun, was als Eingeständnis eigener Unwürdig-keit gedeutet werden könnte.“

Hans Rothe über „Das gewonnene Paradies“

(bekannt als „Garten der Lüste“) von Hieronymus Bosch: „Ob wochentags oder sonntags — es gibt ein Bild im Pradomuseum zu Madrid, das mehr als jedes andere umlagert ist. Die Urkunde, wodurch es am 8. Juli 159? dem Kloster des Escorial überwiesen wurde, bezeichnet es als .pintura de la variedad del Mundo' (Gemälde von der Vielfalt der Welt). Die älteste Beschreibung des Bildes, die Padre Sigüenza im Jahre 1603 gegeben hat, nennt als Thema: .Von der Eitelkeit des Ruhms und dem kurzwährenden Geschmack der Erdbeere' . . Man stutzt, daß Bosch dieses Bild als Flügelaltar gemalt hat. Obwohl Paradies und Hölle darauf zu erkennen sind — in welche Kirche würde der Mittelteil passen?“

Massimo Pallottino über die altetruskische Grabmalerei von Tarquinia: „So. mancher Reisende, der von Rom aus über die Küstenstraße am Tyrrheni-schen Meer nach Norden fährt und nach etwa hundert Kilometern über der grünen Hügelkette die braunen Türme des mittelalterlichen Städtchens Cor-netto erkennt — dort, wo einst die Gräberstadt der alten etruskischen Metropole Tarquinia lag —• wäre wohl überrascht, zu erfahren, daß diese Landschaft einzigartige Kunstschätze, ja geradezu ein Heiligtum der antiken Malerei birgt... Entstanden in einem Randgebiet des griechischen Kultureinflusses, bieten die etruskischen Grabmalereien zahlreiche authentische Betspiele für die Entwicklung der Wandmalerei, mit all ihren charakteristischen technischen Merkmalen. Daß überhaupt kostbare Originalarbeiten der großen etruskischen Malerei erhalten blieben, während die Zeugnisse der griechischen Malerei völlig verloren sind, danken wir nur jener alten mediterranen Tradition, welche die Ausschmückung der . Grabstätte mit Bildern forderte.“

Das sind einige wenige Sätze aus diesen kostbaren kleinen Bnndchen, mit denen die Weite ihres Inhalts und seine Schönheit einigermaßen angedeutet werden sollen; soweit Worte das für Bildbände tun können.

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