Früchte der Sammelleidenschaft

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Das Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal ist nicht nur reich an Geschichte: Seine Kunstschätze sind noch bis Ende Oktober zu bewundern.

Seit fast einem Jahrtausend ist das Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal ein Hort der Kultur. Als es 1809 von Benediktinern aus St.Blasien im Schwarzwald wieder besiedelt wurde, kamen Äbte, die als hervorragende Mäzene der Kunst galten. Sie sammelten mit Leidenschaft und untrüglichem Geschmack Kunstwerke aus allen Epochen der europäischen Kultur. Nun entfaltet sich in einer Ausstellung eine Fülle von erlesenen Schätzen wie eine greifbar gewordene Kunstgeschichte des Abendlandes.

Im - zu dunkel gehaltenen - Raum für die Antike leuchten Goldmünzen aus der Römerzeit, eine kleine Bronze-Nachbildung der Statute des Marc Aurel aus 1700 ist Zeugnis für das Interesse jener Zeit an der Antike. Im Jahr 1930 legte Abt Richard Strelli einen Töpferofen aus Noricum frei, zahlreiche Tongefäße künden von einer damals blühenden Industrie. Die Römer hinterließen winzige Glasgefäße und importiertes Tafelgeschirr. Höhepunkte der romanischen Kunst sind die Pergamenthandschriften der "Metamorphosen" von Ovid und der Oden von Horaz.

Damit begegnet man einem Schwerpunkt der Schätze von St. Paul: Es sind die kostbaren Bücher, auf Pergament geschrieben und mit bezaubernden Miniaturen illustriert, wie das "Hirsauer Evangeliar" von 1129. Aus jener Zeit stammt auch die prachtvolle Glockenkasel aus Leinen mit Seide bestickt. Graziös tritt einem ein gotischer Engel entgegen neben einer Turmmonstranz aus vergoldetem Silber. Besondere Kostbarkeiten sind das St. Pauler Triptychon - ein Gnadenstuhl vermutlich aus der Hand des Thomas von Villach - und das älteste gedruckte Buch der Welt, von Gutenberg 1450 verfertigt.

Dem Hl. Benedikt und seiner Schwester Scholastika ist ein eigener Raum der Ausstellung gewidmet. Die Benediktinerregel "Bete, arbeite, lies" führte zur Errichtung eigener Schreibstuben in den Klöstern. Hier kann der Ausstellungsbesucher erleben, mit welchen Mitteln, unter welchen Bedingungen und vor allem mit wie viel Kunstfertigkeit und Geduld die Kostbarkeiten geschaffen wurden, etwa das Brevier des Geert Groote aus dem 13. Jahrhundert.

Die Äbte von St.Paul förderten nicht nur die bildende Kunst. Sie sammelten auch wissenschaftliche Instrumente, besonders Zeitmesser, wie eine Augsburger Mondphasenuhr von 1700 oder eine Wiener Stutzuhr von 1748. Zum rein wissenschaftlichen Interesse kam auch die Förderung der Medizin. Die Benediktinermönche hatten geschickte und kenntnisreiche Ärzte in ihren Reihen. Sie wussten mit den für die damalige Zeit fortschrittlichen Instrumente umzugehen und kannten die vielfältigsten Naturheilmittel, auf die man heute noch zurückgreift.

Am Beginn der Neuzeit wurden die Länder des fernen Ostens zum Ziel abenteuerlicher Fahrten. Gewürze aus dem Orient, Seide und Porzellan aus China wurden begehrte Luxusartikel. In der Ausstellung ist ein Schiff nachgebaut, aus den Kisten und Ballen der Ladung quellen all diese Schätze, die auch in die Klöster Eingang fanden. Bunte Seidengewänder bilden einen reizvollen Gegensatz zum schwarzen Habit der Mönche, feinstes Porzellan kontrastiert mit einfachem Zinngeschirr, zwei Welten begegneten hier einander.

Seit dem Barock wetteiferten geistliche und weltliche Fürsten miteinander im Sammeln von Kostbarkeiten und Raritäten. In der geistlichen Schatzkammer von St. Paul findet man Objekte von höchster Qualität, an Kostbarkeit des Materials, an Feinheit der Gestaltung und an ideellem Gehalt nicht zu übertreffen. Da liegt das Reliquienkreuz der Königin Adelheid von Ungarn aus dem 12. Jahrhundert, Kreuzpartikel sind im juwelenbesetzten Rahmen eingefasst. Die Reichskrone König Rudolfs von Schwaben entstand im 12. Jahrhundert. Brustkreuze der Äbte aus dem Barock vereinen geistliche Macht mit weltlichem Prunk, ganz im Gegensatz zu einem Pieta-Schrein um 1740, in dem Engel die Leidenswerkzeuge präsentieren.

Dass die Äbte von St.Paul auch den Alltag zu gestalten wussten, davon zeugen das Porzellan für die Tafel, geschliffene Gläser und Besteck aus schwerem Silber. Ein Reisebesteck aus dem Besitz Maria Theresias wurde aus vergoldetem Silber in Augsburg hergestellt. Graziöse Figuren aus Frankenthaler Porzellan brachten eine heitere Note ins Spiel.

SCHÄTZE EUROPAS

Ausstellung im Stiftsmuseum

St. Paul im Lavanttal

Geöffnet täglich 9.00 - 17.00,

bis 31. Oktober 2002

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