6758642-1968_05_08.jpg
Digital In Arbeit

WEG DER HOFFNUNG

Werbung
Werbung
Werbung

Einen halben Papst — einen „mezzopapa“ — nannte noch Pius IX. den Salzburger Erzbischof im Hinblick auf dessen Ernennungsrecht für die Bischöfe von Gurk, Lavant und Seckau, das derselbe bis in unsere Tage, noch nach dem ersten Weltkriege, ausüben konnte. Der Salzburger Erzbischof war fast durch ein Jahrtausend der einzige Bischof in Österreich. Um dieses riesige Gebiet besser pastorisieren zu können, ernannte der Salzburger Erzbischof schon im 11. Jahrhundert einen Bischof „jenseits der Berge“, der seinen Sitz in Gurk hatte. Dieser Bischof bekam erst auf Drängen der Kurie 1072 eine winzige eigene Diözese. Als im 13. Jahrhundert die Babenberger daran dachten ein Landesbistum zu gründen, rief der Salzburger Erzbischof rasch drei weitere Bistümer ins Leben: Chiemsee (1215), Seckau (1218) und Lavant (1228). Auch diese Bistümer waren sehr klein. Das Bistum Lavant umfaßte nur sieben Pfarreien, das Bistum Seckau erstreckte sich vom ob ersteirischen Seckau bis zum untersteirischen Seggau, vorbei an der Landeshauptstadt. Erst Kaiser Josef II. schuf hier eine Wandlung, verlegte den Sitz des Seckauer Bistums nach Graz und teilte ihm. die mittlere Steiermark zu, während für die obere Steiermark ein Bistum Leoben gegründet wurde und das

Bistum Lavant für die untere Steiermark zuständig war. Das 19. Jahrhundert schuf weitere Veränderungen. Das Bistum Leoben wurde auf- gehoben und dem Bistum Seckau die ganze obere und mittlere Steiermark zugewiesen, das Bistum Lavant übersiedelte nach Marburg und war für die überwiegend slowenische Steiermark zuständig. Das 19. Jahrhundert bescherte dem Bistum Seckau gleich zwei große Bischofsgestalten, Zängerle und Zwerger, die die wahren Erneuerer der Kirche in der Steiermark wurden, deren Einfluß bis heute reicht.

So hat die Diözese Seckau, oder wie sie seit 1963 heißt, Graz-Seckau, zwar eine 750jährige Vergangenheit, die aber durch viele Jahrhunderte infolge der Kleinheit der Diözese nur eine beschränkte historische Bedeutung hatte. Begreiflich, daß angesichts dieser Tatsache die Veranstalter des 750jährigen Jubiläums ihren Blick vor allem in die Zukunft wenden, und die Diözese dieses Jubiläum vor allem dazu benützen will, um auf neuen Wegen das ganze Land durch viele Monate mit dem christlichen Geist zu konfrontieren.

Am Samstag, dem 27. Jänner, läuteten die Glocken aller steirischen Kirchen das Jubiläumsjahr ein. Am Sonntag, dem 28. Jänner, wurden in allen katholischen Kirchen der Steiermark bei allen Gottesdiensten das Diözesanjubiläum von Laien proklamiert und von ihnen eine Predigt zum Thema des Jubiläums gehalten. In allen größeren Städten der Steiermark werden zwischen dem 30. April und 30. November Forumsdiskussionen mit hervorragenden Persönlichkeiten des kirchlichen, öffentlichen und publizistischen Lebens gehalten. Das Katholische Bildungswerk veranstaltet unter dem Reihentitel „Kirche im Wandel der Zeit“ eine Sonderreihe zum Diözesanjubiläum. Am 19. April wird in der Kassenhalle des Grazer Hauptbahnhofes eine Ausstellung über das Leben und den Aufbau der Diözese eröffnet, die dann als Wanderausstellung auch an anderen Orten der Steiermark gezeigt werden soll. In einer repräsentativen Festschrift mit einer Massenauflage von 50.000 Stück werden die Geschichte der Diözese und ihr Aufbau nach dem zweiten Weltkrieg gezeigt werden. Die steirischen Stifte und Klöster werden in ihren Räumen Ausstellungen veranstalten, die sich dem Gedanken des Jubeljahres ein- fügen. Ein Höhepunkt der Diözesanfeier wird der Fest- und Dankgottesdienst sein, den Bischof Schoiswohl in Konzelebration mit allen österreichischen Bischöfen im Grazer Dom am 22. September feiern wird. Am Vortag wird die Katholische Pädagogische Akademie in Eggenberg feierlich eröffnet.

Durch 700 Jahre konnte die Diözese Seckau kaum ihre Gründung feiern. 1318, als das erste Jubiläum fällig war, weilte der Papst in Avignon. 1418 stand die Kirche wiederum in einer Krise, die das Konzil von Konstanz vergeblich zu bannen versuchte. 1518 begann die Reformation, 1618 brach der 30jährige Krieg aus, 1718 tobte der Spanische Erbfolgekrieg, 1818 stand die Welt noch unter den Nachwirkungen der napoleonischen Kriege und 1918 war die bescheidene Feier, die die Diözese an einem Sonntag veranstaltete, vom Schatten des vierten Kriegsjahres belastet. So ist es eigentlich das erste Mal, daß die Diözese Seckau in großer Form ihrer Gründung gedenken kann. Die Wege, die sie zur Begehung dieser Feier einschlägt, werden sicherlich für andere Diözesanjubiläen ein formgebendes Vorbild sein.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung