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Ein österlicher und römischer Mensch

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Zum Tode des Erzabtes von Beiiron, Dr. Benedikt Reetz (gest. am 28. Dezember 1964)

Es war recht und billig, wenn der Rundfunk zum Jahresschluß in der Totentafel Erzabt Benedikt Reetz zu den Großen zählte, die 1964 von uns gegangen sind. Ein unerwarteter, plötzlicher, ja tragischer Tod sollte ihn am Nachmittag des Tages der Unschuldigen Kinder infolge eines Verkehrsunfalles von uns nehmen. Alle seine Freunde im In- und Ausland waren fassungslos bei dieser Nachricht. „Jeder stirbt seinen eigenen Tod“ ; wer dachte nicht an das Wort Rilkes. Und doch — wenn Erzabt Benedikt am Vormittag des 28. Dezember, an dem er noch mehreren Mitbrüdern von Seckau Neujahrswünsche schrieb, selbst nicht an ein plötzliches Ende denken mochte — anläßlich des 800jährigen Jubiläums in Seckau sagte er mir noch, er hoffe, recht alt zu werden — ging er vorbereitet in die Ewigkeit, denn sein Leben war geformt durch die Heilige Schrift, durch erlebte Liturgie und Befolgung der Regel seines Ordensvaters und monasti-schen Namenspatrones, des heiligen Benedikt, der im 4. Kapitel daselbst sagt: „Den drohenden Tod täglich vor Augen haben.

Johann (Baptist) Reetz entstammte einer achtbaren Familie in Ripsdorf in der Eifel, geboren am 14. März 1897. Bereits 1909 kam er in die Klosterschule von St. Andre bei Brügge (Belgien), die Abt Gerard von Caloen (Olinda) als Stützpunkt für den Nachwuchs der brasilianischen Benediktinerkongregation gegründet hatte. Im ersten Weltkrieg mußten die deutschen Mönche Sankt Andre verlassen. Johann Reetz trat daher am 3. Mai 1916 in die Oblatenschule in Seckau ein, die der Beuro-ner Kongregation mit Abt Reetz weitere fünf Äbte schenkte. Die Kriegsmatura legte er am akademischen Gymnasium in Graz ab. Während des ersten Weltkrieges stand er als Unteroffizier an der Westfront in einem bayrischen Regiment. Nach Kriegsende machte er das Noviziat in*St.' Josef in Gerleve (Westfalen) für Seckau und legte am 5. Juli 1921 die'Ördensgelübde ab.

Seine weitere Ausbildung sollte er am internationalen Benediktiner-kolleg in St. Anselm in Rom erfahren, wo er auch, nach der Priesterweihe im Dom im Gebirge (14. September 1924), in Theologie promovierte.

Der römische Aufenthalt sollte für P. Benedikt Reetz von ganz entscheidender Bedeutung werden. Französisch sprach er wie seine Muttersprache, dazu lernte er Italienisch und Englisch. Hier in Rom nahm er Kontakt mit den vielen auf dem Erdkreis zerstreuten Benediktinern. Sodann wirkte er als Kaplan in dem von Seckau aus gegründeten Tochterkloster St. Matthias in Trier an der Mosel. Nach dem tragischen Todesfall des Abtes Suitbert Birkle ging er als der zweitjüngste der wahlberechtigten Mönche am 5. März 1926 aus der Neuwahl hervor, mit kaum 29 Jahren der jüngste aller Benediktineräbte. Mit einem unglaublichen Optimismus ging Abt Benedikt an den inneren und äußeren Aufbau der Abtei, die damals alle Äbte und bedeutenderen Patres der Kongregation als lebensunfähig erklärt hatten. Trotz der allgemeinen mißlichen Wirtschaftslage der Ersten Republik gelang es ihm, nicht zuletzt dank seiner Beziehungen zu den Benediktinern in Nordamerika (P. Lukas Ettlin OSB.), dringende Restaurierungen, Um- und Neubauten durchzuführen. Er gab der Abtei durch Erhebung der von seinem Vorgänger gegründeten Abteischule zum Abtei^ymnasium mit öffentlichkeitsrecht ein stärkeres geistiges Proiii. ü*spesondere durch die Druckerei mit eigenem Verlag, in dem u. a. auch seine zahlreichen literarischen Arbeiten auf liturgischem, dogmatischem und pädagogischem Gebiet erschienen (siehe Bibliographie des Seckauer Abtes Benedikt Reetz in: „Seckauer Hefte“ , 14. Jahrgang, 1951, Heft 1/2, Seite 86 bis 88).

Sein Herzensanliegen war von jeher die religiöse Erziehung der Jugend. Alt- und Jungakademiker, Studenten, Jugendgruppen aus allen Bundesländern strömten nach Seckau, um mit ihm aus dem Reichtum der Liturgie, insbesondere in der Karwoche, Trost und Kraft für den Alltag zu schöpfen. Ostern in Seckau, war der Wunsch vieler junger Menschen in Österreich. Und da war Abt Benedikt in seinem Element. Die vielen Osteransprachen sind ein beredtes Zeugnis seiner großartigen Gedankentiefe und subtilen Kenntnis der Heiligen Schrift. Er verstand es, durch sein Wort die Hörer zu packen und mitzureißen. Gerade in der schweren Verfolgungszeit unter dem NS-Regime 1938 bis 1940 holten sich viele alte und junge Katholiken Lebenskraft in Seckau.

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