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Stift Wilhering: Einmaligkeit durch Zufall

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Ursprünglich durch die Brüder Ulrich und Cholo aus dem Geschlecht der Wilheringer um die Mitte des 12. Jahrhunderts gegründet, gelangte die Neugründung zu einer solchen Blüte, daß von hier aus weitere Klöster errichtet werden konnten: Hohenfurt in Böhmen (1259), Engelszell in Oberösterreich (1293), Säusenstein in Nie- deröstereich (1355). 1733 kam es dann zu dem zerstörerischen Brand: Kloster und Kirche wurden vernichtet und heute erinnert nur mehr das Portal der romanischen Pfeilerbasilika an die alte Stiftskirche.

Durch diese Brandstiftung fiel sogar ein fataler Verdacht auf den damaligen Abt des Klosters, Bonus Pömerl. Dieses war verarmt und desolat, so daß man vermutete, der Abt und seine Mönche hätten den Brand gelegt, um ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu entkommen. Es war für Abt Bonus sichereine Genugtuung, daß im März 1734, wenige Tage vor seinem Tod, die beiden Brandleger ausgeforscht und festgenommen werden konnten.

Erwähnenswert ist sicher noch, daß der Brand durch ein zwölfjähriges Mädchen, angestiftet durch einen arbeitslosen Roßknecht, gelegt wurde. Die Strafen waren, der damaligen Zeit entsprechend, hart: Tod durch den Scheiterhaufen. Während er auch bei dem Anstifter vollzogen wurde, wurde das Mädchen begnadigt.

Der Wiederaufbau

Der Wiederaufbau von Kirche und Kloster begann unter schwierigsten wirtschaftlichen Bedingungen. Während in den reichen und begüterten Nachbarstiften St. Florian und Kremsmünster unter berühmten und teuren Baumeistern Prunkbauten errichtet wurden,’ konnte Wilherings Abt an keinen großzügigen Neubau denken. Er begann unverzüglich mit der Wiederherstellung der Klostergebäude in ihrer früheren Gestalt. Bei der Kirche jedoch bedurfte es einer umfassenden Überlegung und Planung, da durch den Brand größere Gewölbeteile eingestürzt waren und weitere einzustürzen drohten. Ein Abbruch war aus finanziellen Gründen nicht möglich und so stand nur ein Wiederaufbau unter weitestgehender Verwendung der alten Baumaße zur Diskussion. Wohl war sofort nach dem Brand der ehrgeizige Bildhauer und Kirchenausstatter Joseph Matthias Götz aus St. Nicola bei Passau zur Stelle gewesen und hatte sich dem Abt als Baumeister und Architekt für den Neubau aufgedrängt. Aber am 24. April 1734 starb Abt Bonus und sein Nachfolger, Johann Bab- tist Hinterhölzl, schien erkannt zu haben, daß die hochtrabenden Pläne von Götz bei der jammervollen wirtschaftlichen Situation des Stiftes nicht zu verwirklichen waren.

Der Auftrag ging schließlich an den nicht weiter bekannten Maurermeister Johann Haslinger, wobei es sich um dessen ersten größeren Auftrag gehandelt haben dürfte.

Haslinger ließ sich ohne Zweifel sehr stark von der Linzer Karmeli- tenkirche inspirieren, mußte’aber die Ausführung aus finanziellen Gründen weit hinter den Entwurf stellen. Somit ist die Wilheringer Kirche keine wirkliche baumeisterliche Neuschöpfung, was aber ihre Einzigartigkeit keineswegs herabsetzt.

Die Innenausgestaltung

Obwohl zu dieser Zeit der Höhe-Sunkt barocker Gestaltung in ‘sterreich bereits vorbei war, gelang es trotzdem, einige Altmeister des Wiener Barock zu engagieren.

Der ungeheure Reichtum, der die Innenausstattung der Wilheringer

Kirche heute kennzeichnet, läßt nichts mehr von den finanziellen Schwierigkeiten ahnen, mit denen das Stift zu Beginn der Innendekoration zu kämpfen hatte. In den ersten Jahren wurde immer nur stückweise ergänzt, bis die Besserstellung um 1745 großzügigere Ausgaben für den Kirchenschmuck ertaubte.

Die Namen der Dekorateure sind in Vergessenheit geraten und nur von wenigen wissen wir mit SfÄher- heit, daß sie in der Wilheringer Kirche gearbeitet und was sie gemacht haben.

So zum Beispiel der Maler Martino Altomonte, der das Hochaltarbild schuf. Altomonte, der von Kaiser Joseph I. den Auftrag zur Ausstattung des Lustschlosses Augarten erhielt, an der Augustiner- und Peterskirche beteiligt war, Altarbilder für den Stephansdom lieferte, bewies gegenüber Withering menschliche Größe. Er verlangte für das Hochaltarbild nur einen Preis von 700 fl, während das Hochaltarbild der Linzer Ursuli- nenkirche einen Preis von 3000 fl hatte, obwohl es wesentlich kleiner ist.

Wilhering heute

Heute gehören 39 Patres, 4 Kleriker, 2 Novizen und 6 Laienbrüder zum Stift. Die Zisterzienser von Wilhering sehen ihre Aufgabe in „Gotteslob und Menschendienst”, zwei Bereiche, die einander bedingen und untrennbar miteinander verbunden sind.

Gotteslob in der Feier des Chorgebetes und der Liturgie, Dienst an den Menschen auf vielfältige Weise: Ausübung der Seelsorge in den 14 dem Stift inkorporierten Pfarreien und Betreuung einiger anderer Pfarren. Führung des Stiftsgymnasiums und des angeschlossenen Internates für 250 Schüler. 20 Patres sind in Erziehung und Unterricht tätig.

Drei Patres und ein Laienbruder sind Missionare in Apolo, Bolivien.

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