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... und eine Zwischenzeit von 101 Jahren

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SECKAU. Geschichte und Kultur, 1164 bis 1964. Von Dr. Benno Roth OSB. Verlag Herold, Wien-München. 1964, 560 Selten, 25 Abbildungen auf 84 Tafeln, 44 Textielchnun-en, 1 Faltkarte, 4 Pläne. Preis Leinen 188 S.

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SECKAU. Geschichte und Kultur, 1164 bis 1964. Von Dr. Benno Roth OSB. Verlag Herold, Wien-München. 1964, 560 Selten, 25 Abbildungen auf 84 Tafeln, 44 Textielchnun-en, 1 Faltkarte, 4 Pläne. Preis Leinen 188 S.

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Im Jahre 1940 hätte Seckau das 800jährige Bestandsjubiläum des Stiftes feiern können, doch die politischen Verhältnisse ließen es damals nicht zu, und im selben Jahre wurde das Kloster aufgehoben. So nahm man den 800. Jahrestag der Kirchweihe, den 16. September 1964, zum Anlaß, das Jubiläum festlich zu begehen. Über die Feierlichkeiten wurde aller Orten ausführlich berichtet. Als schönste, bleibende Jubiläumsgabe wurde uns aber das vorliegende Buch beschert.

Ihm liegt die 30jährige Forschungstätigkeit des Stiftsarchivars P. Dr. Benno Roth zugrunde. Die Größe dieser Leistung kann nur der ermessen, der weiß, wie lückenhaft und wie weit verstreut das Quellenmaterial über dieses 1782 bis 1883 aufgehobene Kloster ist. Dieser Umstand erklärt auch, daß manche Epoche der Seckauer Geschichte, wie etwa Reformation und Gegenreformation oder die Kriegsrüstungen gegen die Türken, etwas zu kurz kommt. Dafür wird der Leser aber reichlich entschädigt durch eine farbige und dabei doch höchst quellentreue Schilderung der Geschichte, die auf vielen Gebieten weit mehr bietet, als man von vornherein erwarten darf. So weitet sich der Bericht über die Gründung des Chorherrenstiftes zu einem Uberblick über die Ordensgeschichte der Augustiner-Chorherren, eine angesichts der Schwierigkeit dieser weithin unerforschten Materie für einen Benediktiner doppelt anerkennenswerte Leistung. Die Besitz- und Wirtschaftsgeschichte wird in den großen Rahmen der allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse gestellt und gewinnt dadurch erst Anschaulichkeit und Leben.

Den breitesten Raum nimmt die Kunstgeschichte ein; mit Recht, denn die Kunstwerke des Hauses wahren nicht nur am vollkommensten die Kontinuität vom einstigen Chorherren- zum heutigen Benediktinerstift, sondern sprechen wohl auch die weitesten Kreise an. Die romanische Basilika mit der Kreuzigungsgruppe, der gotische Mariae-Krönungsaltar, das prunkvolle Mausoleum und aus neuester Zeit die Engelkapelle mit den Boeckl-Fresken sind Werke von europäischem Rang. Aber auch die Geistesund Kulturgeschichte des Klosters kommt nicht zu kurz.

Das Chorherrenstift wurde 1140 von Adalram von Waldeck unter Mitwirkung des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg gegründet (zwei Jahre befand es sich in Feistritz-St.-Marein und wurde erst 1142 nach Seckau verlegt). 1218 errichtete hier der Salzburger Erzbisahof ein Bistum. Dies geschah aus politischen Gründen: er wollte damit den Landesfürsten hindern, selbst ein Landesbistum zu gründen (das zweifellos bedeutend größer ausgefallen wäre) und dadurch den Einfluß des Metropoliten zu schmälern. Die neue Würde wertete das Stift zwar gewaltig auf, wurde aber auch zur Quelle mancher Streitigkeit und Rivalität zwischen dem Bischof und seinem Kapitel, das weiterhin als klösterlicher Verband bestehen blieb. Seckau bewährte sioh als eines der wichtigsten religiösen und kulturellen Zentren Innerösterreichs. Im 18. Jahrhundert geriet es in schwere Schulden, die einen willkommenen Vorwand für die Aufhebung unter Joseph II. boten.

Neues monastisohes Leben zog 1883 in Seckau ein, als die aus Beuron vertriebenen Benediktiner hier eine neue Heimstatt fanden. Hat der Verfasser die älteren Kapitel der Stiftsgesohichte als gewissenhafter Historiker geschrieben, so ist dieser letzte Abschnitt einem liebenden Herzen entsprungen. In dem raschen Wachsen und Aufblühen des neuen monastischen Impulses, den Österreich dankbar aus Deutschland empfing, werden wir aber auch inne, daß anderseits beträchtliche Werte und Anregungen aus Österreich auf die Muttergründung zurückströmten. Kurzbiographien der Bischöfe und aller Seckauer Pröpste beziehungsweise Äbte sohließen neben einer ausführlichen Bibliographie den Band ab.

Die vielen Freunde Seckaus werden ebenso wie die Zunft der Historiker für dieses Werk dankbar sein, das lebendige Darstellung mit wissenschaftlicher Akribie vereint.

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