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Kirche in Osterreich wahrend der Verfolgungszeit

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Noch steht bisher eine Obersicht über die Schicksale der katholischen Kirche während der sieben Jahre der Hitlerhcrrsdiaft in Österreich aus.

Auf Grund einer Sammlung authentischen amtlichen Materials beginnen wir heute eine diözesenweise Darstellung mit knappen statistischen Aufstellungen. Es wird die Aufgabe eines Historikers sein, diese heroische Leidensgeschichte, die kulturhistorisch bedeutsam bleiben wird, eingehend darzustellen und dieser erhabenen Passion ein bleibendes literarisches Monument aufzurichten, als ein Zeugnis für die nie aufhörende Nachfolge Christi in seiner Kirche, aber auch für ihre durch kein Leiden zu beugende unbesiegbare Kraft in einer Zeit, wo so viele geistige Werte bezweifelt und in der menschlichen Betrachtung niedergetreten erscheinen. * *

Diözese Linz

Die Verfolgung der Priester •

Von der Diözese Linz befanden sich 3 2 Priester in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald, zeitweise auchjn Mauthausen. Acht Priester starben im Konzentrationslager. Von diesen wurden nach Berichten von Mithäftlingen Pfarrer Spanhng von St. Martin i. I., ehemaliger Brigadepfarrer, im Konzentrationslager Buchenwald mit dem Kopf nach unten gekreuzigt, weil er einem Sterbenden auf dessen Bitte seelsorg-lichen Beistand leistete; Dr. G r u b e r Johann, Direktor des Blindeninstitutes Linz, wurde im Lager Mauthausen in grausamster Weise ermordet, weil er polnischen Mithäftlingen Lebensmittel und ähnliches verschaffte; Pater Engelmar U n z e i t i g, Marianhiller-Mis-sionär, starb im Lager Dachau an Flecktyphus, den er sich im Dienste der Krankenpflege im Krankenrevier Dachau holte.

Außerdem wurden noch 48 Priester zu Gefängnis- und Kerkerstrafen verurteilt. Zwei Priester wurden zum Tod verurteilt wegen „Wehrzersetzung“. P. Paulus W ö r n d 1 e, O. Carm., Pfarrkurat in Linz-St. Josef, wurde in Brandenburg am 26. Juni 1944 hingerichtet, P. Johann Schwingshackl, S. J-, Kaplan in Bad Schallerbach, starb wenige Tage vor seiner Hinrichtung an Lungenentzündung in Stadlheim bei München. Außer diesen beiden starben noch drei Priester in Gefängnissen, so der Abt Bernhard Burgstaller von Wilhering im Zuchthaus Anrath bei Krefeld am 1. November 1941 in der Uotersudiungshaft an Entkräftigung durch Hunger.

Außer diesen waren noch 61 Priester im Polizeigefängnis Linz in der Dauer von zehn Tagen bis drei Monate in „Schutzhaft“. Insgesamt waren aus der Diözese Linz 141 Priester in Haft, dreizehn sind in der Haft gestorben.

Neun Priester waren aus der Diözese ausgewiesen und 146 hatten ausdrückliches Schulverbot.

Zwölf Kirchen und Kapellen wurden in der Diözese Linz gesperrt und zu anderen Zwecken verwendet. Vier Klöster und sechs Stifte (St. Florian, Kremsmünster, Lambach, Wilhering, Schlägl und Engelszell) wurden als „staatsfeindliches“ Eigentum enteignet. Sämtliche anderen Klöster wurden zur Unterbringung von Flüchtlingen, Ämtern und Wehrmachtsstellen zum größten Teil beschlagnahmt und dem kirchlichen Zweck entzogen.

Sämtliche konfessionellen Schulen wurden geschlossen, das sind zehn Mittelschulen, drei Lehrerbildungsanstalten, 20 Hauptschulen und 3 0 Volksschulen, sowie noch zahlreiche Berufsschulen, wie Handelsschulen, Frauenberufsschulen, Haushaltungsschulen, Kindergärtnerinnenkurse und ähnliche, zirka' 1500 kirchliche Vereine und Stiftungen wurden zum Teil von der Behörde unmittelbar aufgelöst und das Vereinsvermögen enteignet, zum Teil wurde deren Auflösung von der Kirche erzwungen.

Diözese Seckau

Gesamtzahl der in der Diözese im Verlaufe der letzten 7 Jahre in Gefangenschaft gesetzten Welt- und Ordenspriester ...........158

Davon waren in Schutzhaft, beziehungweise Untersuchungshaft . . . .113

Zu Gefängnis- oder Zuchthausstrafen verurteilt...........33

In Dachau oder anderen Konzentrationslagern 12

Aw dem Lande Steiermark verbannt wurden Weltpriester .... I

Eine Anzahl von Priestern wurde zu Geldstrafen von 100 bis 1000 Reichsmark verurteilt. Ein Priester ist während der Untersuchungshaft und einer in Dachau gestorben. Pfarrer Heinrich Dallarosa von der Bergpfarre St. Georgen am Schwarzenbach wurde wegen zwei angeblich staatsgefährlichen Äußerungen in Privatgesprächen zum Tode verurteilt und starb am 24. Jänner 1945 in Wien unter dem Beil des Henkers.

Die Gründe der Verurteilungen waren hauptsächlich: Angeblich staatsgefährliche Äußerungen in Predigt, Sdiule und Privatgesprächen; Abhören ausländischer Radiosendungen; angebliche Übertretung staatlicher Verordnungen betreffend Gottesdienste, kirchliche Feiertage, Glockenläuten, Verweigerung des Hitlergrußes und ähnliches. Ferner Werke karitativer Art, wie Verteilen von Zigaretten an Kriegsgefangene, Beherbergung von Flüchtlingen, weshalb ein Pfarrer zu 5 und ein anderer zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Eine Reihe von Priestern wurde ohne Angabe von Gründen für kürzere oder längere Zeit in Haft gesetzt, hauptsächlich zur Zeit des Umbruches und des Hitler-Attentates in München.

Aus der Benediktinerabtei Seckau wurden alle Stitf sm.itglieder, einschließlich des Abtes, gauverwiesen, mit Ausnahme von 2 Priestern, die zur Weiterführung der Pfarrseelsorge zurückbleiben durften. Ferner wurde eine Reihe von Angehörigen der Stifte Admont, St. Lambrecht und Voran aus der Steiermark verwiesen, außerdem 3 Jesuiten aus Graz und die Kapuziner der Klöster in Hartberg, Leibnitz und Schwan-berg.

Das Schicksal kirchlicher Gemeinschaften

Alle Stifte der Diözese, das ist A d m o n t, St. Lambrecht, Rein, Seckau, Voran, wurden beschlagnahmt, enteignet und das Vermögen konfisziert; ebenso die

Abtei der Benediktinerinnea im Pertr-stein, deren Mitglieder ans dem Lende verwiesen wurden.

Beschlagnahmt und zum Teil zwangsvermietet, zum Teil enteignet wurden ferner:

Das Mutterhaus der Grazer Schulschwestern in Eggenberg und 21 Niederlassungen derselben Kongregation, darunter 14 mit Privatschulen; 13 Filialen der (Ingenbohler) Kreuzschwestern, meist Asyle, Erziehungsheime, Kindergärten und ähnliche,

10 Filialen der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz v. Paul, darunter 8 Schulen.

2 Filialen der Vorauer Schwestern.

Außerdem die Frauenklöster der Sacri-Coeur-Damen in Graz, der Ursulinerinnen in Graz, der Dominikanerinnen in Gleisdorf, der Guten Hirtinnen in Graz, der Armen Sdiul-schwestern in Wildon mit einer Mädchenschule.

2 Filialen der Marburger Schulschwestern. 1 Filiale der Töchter der göttlichen Liebe. 1 Filiale der Armen-Seelen-Schwestern.

1 Filiale der Salzburger Dominikanerinnen in Graz.

2 Filialen der Christkönigsgesellschart: vom Weißen Kreuz in Grax.

1 Filiale der Josefsschwestern m Graz. 1 Filiale der Samariterschwestern in Atten-dorfberg bei Graz.

Folgende katholische Schulen und Erziehungsheime wurden geschlossen:

Das fb. Knabenseminar mit Gymnasium in Graz,

das Realgymnasiums der Marienbruder in Graz,

die Strftsgymnasien in Admont and Seckau,

das Mädchen-Realgymnasium der Grazer Schulschwestern in Gras,

das Mädchen-Realgymnasium der Ursulinerinnen m Graz,

die Frauenoberschule der Sacr£-Coeur-Damen in Graz,

die Lehrerinnen-Bildungsanstalten der Schulschwestern und der Ursulinerinnen in Graz,

das Missionsgymnasium der Gesellschaft des~göttL Wortes in Fürstenfeld.

Mjt Ausnahme des Priestervereines der Diözese Seckau mit karitativem Zweck wurden alle in der Diözese bestehenden kirchlichen Vereine aufgelöst, so der Preßverein, Bonif azius-verein, Borromäus- und Paulusverein, Gesellenvereine und jede Art von Jugendvereinen, auch die St. Vinzenzvereine mit rein karitativem Charakter und die Missionsvereine.

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