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Seggau, die „Stadt auf dem Berg”

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Wenige Bauwerke spiegeln so anschaulich die Kulturgeschichte ihres Landes wider wie die steirische Bischofsburg Seggau, die über der Bezirksstadt Leibnitz aufragt. Schloß Seggau sollte man übrigens klar von der Benediktinerabtei Seckau unterscheiden. Seckau wird als einstiger Sitz der steirischen Bischöfe noch im Namen der Diözese Graz-Seckau genannt, Seggau hingegen wurde zur bischöflichen Sommerresidenz, zum „Castelgandolfo der Steiermark”, ist darüber hinaus aber auch in die Rolle eines Kultur- und Bildungszentrums ersten Banges gewachsen.

Johann Weber, dem heutigen Bischof von Graz-Seckau, wurde unlängst zum 70. Geburtstag ein prächtiger, bilderreicher Band über Schloß Seggau gewidmet. In der Tat haben dieser Bischof (seit 1969) und sein unmittelbarer Vorgänger, Josef Schois-wohl(l954-1968), dessen Wappen und Leitspruch „Non recuso laborem” (Ich scheue keine Arbeit) man in Seggau häufig begegnet, sowie die Gutsverwalter Prälat Karl Wagner und Hans Ranz das heutige Gesicht und Gewicht Seggaus am stärksten geprägt.

Wobei, und das veranschaulicht auch der neue Band, das äußere Gesicht, in den letzten Jahrzehnten, schon aus Denkmalschutzgründen, weitgehend unverändert geblieben ist. Im Lauf der Jahrhunderte davor hatte das Aussehen der Burg -zunächst im Besitz der Salzburger Erzbischöfe, später als Mensalgut der Bischöfe von Graz-Seckau - doch manchen Wandel durchgemacht.

Wie weit die Geschichte dieser Region überhaupt zurückreicht, dokumentieren die in die Schloßmauer eingemauerten Steine aus der Römerzeit, die auf dem nahen Frauenberg und in Flavia Solva weitere deutliche Spuren hinterlassen hat.

Mit wissenschaftlicher Akribie haben die Autoren des Buches die Baugeschichte von Seggau untersucht. Während andere historische Bauwerke mitunter stilistisch aus einem Guß sind, fasziniert an Seggau, daß es ein Konglomerat aus verschiedenen Epochen ist, sich aber trotzdem alles gut zusammenfügt: Relikte der Römerzeit, mittelalterliche Burgmauern, Arkaden eines Renaissanceschlosses, barocke Ausgestaltungen und Zubauten (etwa der sehenswerte Weinkeller mit dem in jeder Hinsicht „kostbaren” und mehrfach ausgezeichneten Seggauer Wein) sowie neuere Elemente bis zum erst wenige Jahre alten Dreifaltigkeitsbrunnen im Hof. Sogar das topmoderne Kongreßzentrum, durch Bäume Blicken von außen weitgehend entzogen, stört das Bild nicht.

Die wirtschaftlichen Standbeine von Seggau sind Bildung und Tourismus sowie Weinbau und Forstwirtschaft. Bischof Weber hat im Zusammenhang mit Seggau von der „Stadt auf dem Berg” gesprochen, der heutige Verwalter Hans Ranz ist bemüht, dieses biblische Bild umzusetzen. Für ihn soll Seggau eine kirchlich-religiöse Komponente als Veranstaltungsort von Tagungen und Seminaren haben, als Bildungsgästehaus und Ort von geschichtlich -kultureller Bedeutung Menschen aus aller Welt offenstehen sowie durch seine Freizeiteinrichtungen Touristen und Urlaubern Erholung bieten. 37 Menschen sind Angestellte der Gutsverwaltung. Ranz ist wichtig, daß hier die Kirche auch als Arbeitgeber im Einklang mit dem Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe positiv in Erscheinung tritt.

Das Problem, altes Kulturgut mit technischen Errungenschaften zu verknüpfen, um den zahlreichen Gästen (35.000 Nächtigungen im Jahr) heutigen Komfort zu bieten, ist nicht immer leicht zu lösen. Wie der Architekt Manfred Fuchsbichler im Schlußkapitel ausführt, ist eine Generalinstandsetzung Seggaus geplant. Daß diese nicht billig kommen wird, kann sich jeder Kenner der Anlage vorstellen, aber sie sollte sich lohnen.

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