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Die Steirische Landesausstellung 2004 lässt die antike Vergangenheit der Südsteiermark "fassbar" erleben.

Die diesjährige steirische Landesausstellung - betitelt "die Römer" - findet gleich an vier verschiedenen Stationen im südsteirischen Großraum Leibnitz statt und ist auf jeden Fall einen Tagesausflug wert. Beginnen sollte man im Schloss Retzhof, vormaliger Alterssitz der Bischöfe von Seckau und heute Bildungshaus des Landes Steiermark. Dem Team von Joanneum Research unter Leitung von Prof. Dr. Bernhard Pelzl (inhaltliche Konzeption) gelang es hier eindrucksvoll, die scheinbar "tote" Welt der römischen Antike mit der unmittelbarsten Neuzeit zu verknüpfen - mittels Multimedia-Schau, einem Großaufgebot modernster technischer Hilfsmittel und der Architektur von DI Michael Kadletz. Auch der historische Laie wird sich hier kompetent begleitet fühlen, Berührungsängste mit römischer Geschichte sind absolut nicht angesagt.

Stammen auch manche Exponate nicht aus der heutigen Steiermark, gelingt es trotzdem vor allem mit Vergleichen antiker und heutiger Gegebenheiten das Weiterwirken der Antike und die Wurzeln europäischer Kultur nachhaltig vor Augen zu stellen. Der Bogen spannt sich von römischen zu heutigen Sportevents, Stadtplanungen, Ingenieurbauten, alles eingebettet in ausgewählte Daten römischer Geschichte. Für den Fachmann gibt es auch Tiefschürfenderes: römische Inschriften zur Landesgeschichte, aufgelöst, übersetzt und exzellent erläutert.

Ein "Römerdorf" erleben

Im Anschluss empfiehlt sich ein kurzer Abstecher in das nahegelegene Wagna, wo auf dem Gebiet des Municipium Flavia Solva ein "Römerdorf" live erlebt werden kann. Heute beinahe vergessene Kulturtechniken wie Töpfern, Schmieden, Weben, Flechten werden einem staunenden Publikum vor Augen geführt; römische Streitwägen sprengen die Straße hinab, Gladiatoren und (römische) Feuerwehr zeigen ihre Fähigkeiten.

Zwar nicht ausdrücklich im Programm, aber sehenswert ist ein Kurzausflug zu den nahegelegenen Aflenzer Römerhöhlen, ehemaligen Katakomben, wo Theater- und Konzertaufführungen stattfinden.

Tunica wird Meßgewand

Auf Schloss Seggau, der alten steirischen Bischofsresidenz, findet die Fortsetzung der Landesausstellung statt; eine kleine Einstimmung dazu bietet das Lapidarium mit interessanten Inschriften im Freiluftbereich. Im Inneren ist besonders die Metamorphose römischer Gewandformen zu liturgischen Gewändern der römisch-katholischen Kirche sehenswert. So entstanden aus dem römischen Untergewand, der Tunica, die Alba und Dalmatica des Diakons, aus dem Pluviale, einem eigentlichen römischen Reise- und Regenmantel, die Kasel und der Vespermantel (der bis heute Pluviale heißt). In mehreren Vitrinen wird auch die moderne Rezeption römischer Messgewänder anschaulich nachvollziehbar gezeigt, bis hin zu tatsächlich getragenen, künstlerisch bemerkenswerten Messgewändern aus Grazer Pfarren. Dabei wird dem interessierten Laien sehr subtil die Rezeption der römischen Antike vor Augen geführt.

Ein "must" ist der Kurzabstecher zum nicht weit entfernten Frauenberg, einer keltisch-römisch-frühchristlichen Höhenburg, die in die Landesausstellung miteinbezogen wurde. Das dortige Schatzkästlein bildet das Münzkabinett, das dem genauen Beobachter die wahre Bedeutung der Römer in der Südsteiermark mit wenigen, aber feinen Exponaten nachvollziehbar macht; eine Augenweide für den Numismatiker, nicht leicht zu finden, aber das freundliche Servicepersonal weist den Weg.

Römisches Münzkabinett

Angesichts der leicht in wenigen Kilometern erreichbaren Ausstellungsorte haben die Veranstalter auf ein Shuttle-Bus-System verzichtet. Sogenannte "Römertaxis" bringen den Besucher zu den wichtigsten Stätten, sie sind allerdings nicht immer sofort zu bekommen (nicht alle Taxiunternehmen sind in diese Aktion einbezogen!).

Ein umfangreiches Rahmenprogramm - bis hin zum Feiern römischer Feste - macht das damalige Leben nachvollziehbar. Im Atrium der Hauptschule Arnfels wird bis Ende Juli noch mehrmals das Stück "Romulus der Große" von Friedrich Dürrenmatt aufgeführt, das sich auf satirische Weise das Ende des römischen Reiches und den Beginn der Völkerwanderungszeit auf die Bühne stellt.

Auf alle Fälle muss man die Steirische Landessausstellung 2004 gesehen haben - wann sonst bietet sich wiederum die Gelegenheit zu einer so vielfältigen Kontaktaufnahme zu längst zurückliegenden Jahrtausenden?

Schloss Retzhof in Leibnitz

Das Schloss wurde 1318 erstmals urkundlich erwähnt und 1559 von Bischof Martin Brenner entscheidend umgestaltet. Seit 1957 ist der Retzhof ein Bildungshaus im Besitz des Landes Steiermark.

Dorfstraße 17

8430 Leibnitz

Das umfangreiche Rahmenprogramm in Leibnitz und der gesamten Region findet sich unter:

www.leibnitz.at

Römerdorf und Museum Flavia Solva in Wagna

Römisches Erlebnisdorf

bis 31. 10 täglich 9-18 Uhr

Josef-Maier-Straße, 8435 Wagna

Tel. 03452/73055

www.roemerdorf.at

www.wagna.at/flaviasolva

Landesmuseum "Flavia Solva"

tägl. 9-18 Uhr

Marburgerstraße 111, 8435 Wagna

Tel 03452/71778

Mail: flaviasolva@museum-joanneum.at

www.museum-joanneum.at

Schloss Seggau in Leibnitz

Das Schloss wurde im 12. Jahrhundert von den Salzburger Erzbischöfen erbaut, war bis 1786 Sitz der steirischen Bischöfe und im 19. und 20. Jahrhundert deren Sommerresidenz. Heute ist Schloss Seggau ein kirchliches Kongress- und Freizeitzentrum.

Besonderheit: Die berühmte Statue des Kaisers Augustus von Prima Porta ist erstmals außerhalb Roms zu sehen.

Seggauberg 1

8430 Leibnitz

Tel. 04352/72900

Mail: dieroemer@steiermark.at

Tempelmuseum Frauenberg in Seggauberg

Das Tempelmuseum befindet sich im ehemaligen Schulhaus direkt über den Mauern eines römischen Tempels, welcher der Muttergottheit Isis geweiht war.

Das Landesmuseum Joanneum zeigt im neuen Kulturhaus der Gemeinde römische Münzen aus der Zeit der Besiedlung der Region.

Öffnungszeiten: täglich 9-18 Uhr

Eintritt frei

8430 Seggauberg 17

Tel. 03452/86320

Mail: gde@seggauberg.steiermark.at

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