Einem guten Hirten zum Achtziger

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Troubleshooter war er von Beginn seiner Amtszeit an: Entnervt und Hals über Kopf hatte der steirische Bischof Josef Schoiswohl 1969 das Handtuch geworfen - im Gefolge des II. Vatikanums war es zu wilden Richtungskämpfen in der südostösterreichischen Diözese gekommen. Über Nacht wurde Johann Weber, der "einfache", aber beliebte Stadtpfarrer von Graz-St. Andrä zum Bischof der schwierigen Herde.

Drei Jahre später musste er sich erneut in die Nesseln setzen: Bei der Bischofssynode 1971 in Rom trat Weber für die Priesterweihe verheirateter Männer ein - blieb in der Minderheit und wurde dann auch hierzulande von den Bischöfen im Regen stehen gelassen.

In der Passionszeit 1995 meisterte Weber die Affäre Groër, als er nach dem Rücktritt des Wiener Erzbischofs an die Spitze der Österreichischen Bischofskonferenz rückte: Eindrücklich die Erinnerung des Journalisten an die Pressekonferenz des 7. April 1995, als der kleine Mann vor den Mikrofonen der Weltmedien die ob der Pädophilie-Vorwürfe gegen Wiens Kardinal aufgewühlten Wogen zu glätten suchte. Die Jahre danach waren von Versöhnungsinitiativen Webers innerhalb der Kirche und der österreichischen Gesellschaft geprägt - eine undankbare Aufgabe, zumal der steirische Hirte - wie Bischofskollege Helmut Krätzl einmal in der Furche anmerkte - auch als "harmoniesüchtig" erlebt wurde, dem Konflikte "seelische Schmerzen" bereiten würden. Umso mehr ist es Johann Weber zu danken, dass er Österreichs Kirche in diesen Jahren zusammenhielt. Seine wichtigste Initiative blieb 1998 der "Dialog für Österreich", den er nach dem zweiten Aufwallen der Affäre Groër zur Standortbestimmung der Kirchen-Wünsche der Katholik(inn)en machte.

Schon damals wusste Weber, dass er dazu die "jungen" Bischöfe mit ins Boot holen musste - deswegen übergab er Mitte 1998 den Bischofskonferenz-Vorsitz an den Wiener Kardinal Christoph Schönborn. Doch mehr als ein Omen: Am Vorabend der Salzburger Delegiertenversammlung zum "Dialog für Österreich" erkrankte Schönborn und Weber musste dort erneut den Vorsitz übernehmen: Die Salzburger Voten vom 26. Oktober 1998, die überwältigend für eine maßvolle Weiterführung der Kirchenreform eintraten blieben Makulatur - von Rom bekämpft, vom Gros der heimischen Hirten nicht weiterverfolgt.

Österreichs Kirche hat Johann Weber in schwieriger Zeit viel zu verdanken, noch mehr gilt das für seine Diözese Graz-Seckau, die er nicht nur nach den Wirren vor seinem Amtsantritt "befrieden" konnte, sondern deren pulsierendes Leben in vielerlei Hinsicht ein Vorzeigemodell wurde: Der Steirische Katholikentag 1981 oder der "Tag der Steiermark" 1993 zeigten ein Bild von Kirche als gesellschaftsverbindender Kraft. Ein Höhepunkt für Weber war die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung, die er 1997 nach Graz holen konnte, und während der die steirische Hauptstadt Europas "Kirchen"-Zentrum war.

2001 übergab Johann Weber die Geschäfte an Nachfolger Egon Kapellari. Im "Ruhestand", kann er sich als "einfacher" Seelsorger wieder "einfachen" Leuten widmen, die ihm immer besonders am Herzen gelegen sind. Am 26. April begeht er den 80er. Die Furche gratuliert ihrem langjährigen Freund, der Mitte der 70er Jahre, als die Existenz dieser Zeitung stark gefährdet war, an ihrer "Rettung" tatkräftig mitwirkte, in Verbundenheit und Dankbarkeit. ofri

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