Seelsorger, Bischof, überzeugter Steirer

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Am 26. April wird Johann Weber 75 Jahre alt. Von seiner Ära werden Steiermark und Österreichs Kirche noch lange zehren.

Für den Journalisten war sein Auftritt knapp vor den Kartagen 1995 ein eindrücklicher Moment: Als Bischof Johann Weber vor Europas versammelte Medienmeute trat, um Kardinal Groërs Rücktritt vom Vorsitz der Bischofskonferenz zu verkünden, war der steirische Hirte wieder in eine Rolle geschlüpft, die er nicht angestrebt hatte, und die er dennoch auf seine Weise meisterte: Drei Jahre lang stand er der Bischofskonferenz vor und versuchte das schwer schlingernde Kirchenschiff durch die Groër- und Kirchenvolks-Begehrens-Wogen zu steuern - mit Bravour, aber von Rom unbedankt.

Johann Weber, der am 26. April seinen 75. Geburtstag begeht, wurde 1969 als Bischof in eine kritische Kirchensituation in der Steiermark berufen - wie ein Vierteljahrhundert später an Österreichs Kirchenspitze. Der Gendarmensohn, der vor seiner Ernennung zum Bischof als beliebter Stadtpfarrer in Graz-St. Andrä gewirkt hatte, übernahm eine gespaltene Diözese: Die von Kaplänen (von denen viele, über die Umsetzung des Konzils enttäuscht, das Priesteramt aufgaben) geführte "junge wilde Kirche", der vieles zu langsam ging, stand die Gruppe der "Bewahrer" fast unversöhnlich gegenüber. Bischof Josef Schoiswohl, dieser Spaltung nicht gewachsen, war Hals über Kopf zurückgetreten und Johann Weber fand sich als Hirte wieder.

Doch es gelang dem kleinen, nie als Kirchenfürst auftretenden Gottesmann das Kunststück, aus der steirischen Krise kein "österreichisches Holland" werden zu lassen, das konservative Schwarzmaler in Anspielung auf schlimmste Kirchenzustände beschworen hatten. Beharrlich, harmonisierend, integrierend, selten mutlos: so erlebten viele den Bischof und mit ihm eine leise, aber lebensfromme Kirche.

Dabei hätte Johann Weber des öfteren Anlass zu Resignation gehabt: Als er 1971 bei der Bischofssynode in Rom als Österreich-Vertreter ein Votum für die Priesterweihe verheirateter Männer abgab, blieb er in der Minderheit. Die Synode entschied, dem Papst keineswegs die Aufhebung des Zölibats zu empfehlen. Wahrscheinlich holte sich Weber damals die ersten "schwarzen Punkte" in Rom, und auch in Österreich nahmen ihm die Konservativen seine Intervention mehr als übel.

Viel später, als Österreichs Kirche durch die Affäre Groër taumelte, zeigte sich, dass die 1971 erfolglosen Vorstöße im Kirchenvolk weiter umgingen. Es war maßgeblich Johann Weber zu danken, dass seine Idee zum "Dialog für Österreich", der sich ursprünglich um die Diskussion der "heißen Eisen" der Kirchenreform drücken wollte, dann zum letzten großen, lagerübergreifenden innerkirchlichen Diskussionsprozess wurde.

Weber versuchte, auch Kardinal Christoph Schönborn mit ins Dialog-Boot zu holen, indem er den Vorsitz der Bischofskonferenz an den Wiener Erzbischof übergab. Wer ihn damals fragte, warum er knapp vor dem Salzburger Delegiertentag 1998 diesen Schritt gesetzte hatte, bekam zur Antwort, wenn der Dialog ein Erfolg sein sollte, müsste die "junge Bischofsgeneration" dafür gewonnen werden.

Kardinal Schönborn erkrankte bekanntlich am Vorabend der Salzburger Versammlung, und Bischof Weber musste die Leitung des "Dialogs" doch wieder übernehmen. Er sollte Recht behalten: Weil nicht genügend "junge Bischöfe" mit im Boot waren, aber auch weil Rom es so wollte, entschlief der "Dialog für Österreich".

Bischof Weber versuchte, wenigstens seine Diözese geordnet zu übergeben; über ein Jahr vor seinem 75-er reichte er schon den Rücktritt ein. Doch zu einer Hals-über-Kopf-Aktion wie sein Amtsantritt gestaltete sich auch der Wechsel zu Nachfolger Egon Kapellari im März 2001.

"Der Mut des Demütigen": So lautete Regina Strassegggers Porträt, das der ORF 1999 zum 30-jährigen Bischofsjubiläum ausstrahlte. Kaum ein Wort charakterisiert Weber besser als dieser Titel. Dieser Mut trug und trägt auch Früchte. Denn Johann Weber ist weit mehr als die "Befriedung" seiner Diözese gelungen. Neben seiner selbstverständlichen Präsenz und seinem offenen Ohr für viele "kleine" Nöte, suchte er den Zusammenhalt von Kirche und Land auch im Großen. Der "Steirische Katholikentag" 1981 oder der "Tag der Steiermark" 1993 zeigte, wie volksverbindend Kirche heute noch sein kann. Dass Graz 1997 mit der Europäischen Ökumenischen Versammlung zum Zentrum des europäischen Christentums wurde (eine derartige Veranstaltung dürfte - aufgrund der Kirchenkonflikte seither - so bald nicht mehr möglich sein), war ein echter Höhepunkt der Ära Weber - einer Ära, von deren Facetten die Steiermark und die Kirche Österreichs wohl noch lange zehren - auch wenn ihr Protagonist nun als "einfacher" Seelsorger in eine Grazer Pfarre zurückgekehrt ist.

Einfache "Seelsorge"? Um nichts anderes hat sich Johann Weber - ob als Bischof, ob davor oder danach - redlich und von Herzen bemüht.

Buchtipp

JOHANN WEBER. Kirche auf der Spur des Konzils. Von Josef Bruckmoser. Verlag Styria, Graz 2001. 288 Seiten, geb., e 22,-

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