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Der Gute Hirte von Virunum

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Kärnten darf sich rühmen, das älteste christliche Denkmal aus Oesterreich zu besitzen, den Guten Hirten von Virunum, eine Reliefplastik auf einem Sarkophag des 4. Jahrhunderts. An sieben Orten sind bisher altchristliche Kirchen, durchwegs dem 5. Jahrhundert angehörig, durch Ausgrabungen bekannt geworden. Also mehr als in jedem anderen Bundesland. Davon ist der schöne Mosaikboden in der Friedhofsbasilika von Teurnia besonderer Erwähnung wert. Für die römische Periode sind Bischöfe in Virunum (bei Klagenfurt) und in Teurnia (bei Spittal) bezeugt. Die eigenartige Anlage auf dem Hemmaberg bei Bleiburg, zwei Kirchen (Gemeinde- und Firmungskirche?) und ein Baptisterium, könnte auch dort einen Bischofssitz, etwa innerhalb einer Fliehburg der Spätantike, vermuten lassen.

Dieses blühende . Leben wurde unterbrochen durch die Einwanderung der damals noch heidnischen Slowenen vor 600 n. Chr. Erst hundertfünfzig Jahre später kamen wieder Glaubensboten ins Land, diesmal von Norden, von Salzburg, herein. Der irische Chorbischof Modestus gründete u. a. eine Kirche „Sanctae Mariae in Solio”, in Maria-Saal, wo noch heute ein wuchtiger Tischaltar mit karolingischen Stilmerkmalen seine Reliquien umschließt. Erst Mitte des 10. Jahrhunderts endete die Reihe der Chor- bischöfe von Maria-Saal, die dem Salzburger Erzbischof unterstanden. Da auch Aquileja, das in römischer Zeit das kirchliche Zentrum für Binnennorikum gewesen war, Missionsansprüche erhob, entschied Karl der Große im Jahre 811 zu Aachen, daß die Drau die Grenze zwischen beiden Kirchensprengeln, dem Erzbistum Salzburg und dem Patriarchat Aquileja, sein solle. Diese Regelung blieb dann fast tausend Jahre bestehen.

Im 11. Jahrhundert begannen adelige Geschlechter mit Klosterstiftungen zu wetteifern, wovon Millstatt, St. Paul und Viktring den .vornehmsten Rang einnahmen. Die fromme Gräfin Hemma aus dem Geschlecht der Grafen von Friesach und Zeltschach gründete zu Gurk eine Marienkirche mit einem Frauenkloster. Dreißig Jahre später verwendete der Erzbischof den reichen Besitz zur Ausstattung eines Bischofs von Gurk, der nur eine kleine Diözese von ursprünglich acht Pfarren bekam, darüber hinaus aber den Erzbischof in ganz Karantanien, wozu außer Kärnten auch die Steiermark und das Wiener-Neustädter Gebiet gehörten, zu vertreten hatte. So wird 1072 Gunter von Krappfeld als erster Bischof von Gurk mit päpstlichem und kaiserlichem Privileg vom Erzbischof geweiht und eingesetzt. Mitte des 12. Jahrhunderts besaß Gurk in Roman, früher Propst von Maria- Saal, einen ausgezeichneten Kirchenfürsten. Er genoß das besondere Vertrauen des Erzbischofs. Der Kärntner Herzog sprach ihn in einem Brief als „seinen geliebten Fürsten” an. Dieser Roman begann mit dem Bau des heutigen Gurker Domes, der eine der edelsten Schöpfungen dieser Zeit wurde. Die Krypta mit den hundert Säulen bjldet den vornehmen Rahmen für das Grab der heiligen Hemma.

Die Neuzeit begann mit raschem Szenenwechsel. Reformation und Gegenreformation brausten über das Land hinweg und hinterließen ihre Spur. Zum Wiederaufbau wurden 1604 die Jesuiten nach Klagenfurt berufen. An ihrem Gymnasium wirkten ausgezeichnete Männer, so ein Franz X. Freiherr von Wulfen, als Botaniker eine europäische Berühmtheit, „gleich groß als Priester, Gelehrter und Mensch” rühmt seine Denkmalinschrift.

Noch immer war Gurk nur eine kleine Enklave im Salzburger Sprengel, während südlich der Drau Görz die Nachfolge von Aquileja angetreten hatte. Durch die neue Diözesaneintei- lung Josephs II. verloren die auswärtigen Bistümer ihre Rechte. Nun ūbąrsiedelte Kardinal Salm — der letzte von vier Gurker Bischöfen, die diese Würde als Lohn diplomatischer Verdienste erhalten hatten, bekannt als Organisator der ersten Glocknerbesteigung (1799) und rühmlich bekannt durch sein patriotisches Verhalten während der Franzosenzeit — 1786 von Schloß Straßburg nach Klagenfurt. Seit auch das kleine, aus dem 13. Jahrhundert stammende Bistum Lavant 1857 von St. Andrä im Lavanttal nach Marburg übertragen wurde, gehört nun ganz Kärnten zur Diözese „Gurk in Klagenfurt”.

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