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Wenn sich auch in Österreichs sonnigem Süden manch einer scheut, das Ding beim Namen zu nennen, die Fakten sprechen für sich: Im Gurktal, hoch über dem Flecken Straßburg, lädt bis 26. Oktober Kärntens erste Landesausstellung zum Verweilen. Was unter der Ägide des Kärntner Bischofs Egon Kapellari von einem engagierten Kunsthistorikerteam in nicht ganz zwei Jahren zusammengetragen und museumsdidaktisch hervorragend aufbereitet unter dem Titel „Hemma von Gurk“ auf der einstigen Burg der Gurker Bi-

schöfe vorgestellt wird, braucht keinen Vergleich zu scheuen. Mit der Hemma-Schau wurde Exemplarisches geleistet, dessen Ausstrahlung das ganze Bundesland einbezieht.

Zur Ruine war die einstige Bischofsburg verkommen, mit großen Anstrengungen (Grundstückverkäufe et cetera) war es gelungen, dem Verfall der einst mächtigsten Burganlage des Landes Einhalt zu gebieten und sie — auch durch die ebenso behutsame wie zeitgemäße planerische Arbeit des Architekten Franz Freytag - kulturell wieder nutzbar zu machen. Auf fast tausend Quadratmetern Ausstellungsfläche könnten auch in Hinkunft Kunstwerke von Raphael Donners Pietä aus dem nahen Gurker Dom bis zu Gemälden Paul Trogers Publikum anziehen.

Was bietet nun die (Landes-) Ausstellung „Hemma von Gurk“? Zunächst einmal einen an

herausragenden Zeugnissen der Kultur festgemachten Spaziergang durch neun Jahrhunderte Kärntner Geschichte, die zumal im Mittelalter - im 10. Jahrhundert nimmt die Wirkungsgeschichte der Hemma von Gurk ihren Ausgang—nichts von provinzieller Abkapselung eines kleinen, auf sich allein bedachten Bundeslandes an sich hatte.

Dem für die Ausstellung verantwortlichen Kunsthistoriker-Team Barbara Kienzl, Christine und Peter G. Tropper ist Schwieriges geglückt. Bedenkt man, daß die Hemma-Tradition weit tiefer in der Legendenwelt steckt, als daß sie historisch-exakt dingfest zu machen ist, so kann die Zusammenstellung der Schau als eine „Parallelaktion“ bezeichnet werden, die hinter dem Teilbild von Wirklichkeiten eine Annäherung an Wahrhaftigkeit und Wahrheit aufleuchten läßt. Wenn das Wort, daß der Mensch aus der Geschichte lernen möge, ein Wahrwort sein soll, ist dies in der Gestaltung dieser Ausstellung hervorragend gelungen.

In sechzehn Stationen, die in drei Ebenen unaufdringlich geschmackvoll in die mächtige Kubatur des Schlosses eingefügt wurden, durchwandert man, angefangen von den historischen Hintergründen des Carantanien im 10. Jahrhundert, in der Folge Klostergründungen im 11. und 12. Jahrhundert, wird auf die Gründung von Gurk verwiesen, macht einen Blick in den mittelalterlichen Alltag, wird mit Hemmas Tod konfrontiert, erahnt man die Geschichte des Dombaus zu Gurk. Man nimmt Anteil an der Hemma-Verehrung, die bereits im 15. Jahrhundert einsetzte und weit in

den südsteirisch-slowenischen Raum bis ins 20. Jahrhundert lebendig bleibt. Erst 1938 (!) bricht beispielsweise die seit 1607 dokumentierte Krainer Wallfahrt ab. Im selben für Österreich finsteren Jahr wird Hemma von Gurk heiliggesprochen, das Telegramm aus Rom an Fürstbischof Adam Hefter dokumentiert es: „Sancta Hemma orat pro Carinthia“.

Stoßgebete der frommen, deutsch wie slowenisch Sprechenden begleiteten und festigten durch Jahrhunderte den Ruf der Hemma von Gurk, für die der Salzburger Historiker Heinz Dopsch im ebenso umfangreichen wie hervorragend gestalteten Katalog schlußfolgert:

„Zu den Ahnen der Stifterin von Gurk zählen Vertreter des alten slawischen Adels in Kärnten ebenso wie Angehörige von zugewanderten bayerischen Geschlechtern und der fränkischen Reichsaristokratie. Die Familie der heiligen Hemma ist ein schönes Beispiel dafür, wie sich aus diesen verschiedenen ethnischen Gruppen ein neuer, bodenständiger Adel in Kärnten formte. Deshalb kann gerade die heilige Hemma von Gurk als eine Symbolfigur für die Integration beider Volksgruppen Kärntens angesehen werden, die über allen nationalen Interessen steht.“

Diesem überlegten Urteil sollte nach-gedacht werden. Nicht nur während des von der Diözese Gurk-Klagenfurt geführten Hemma-Jubiläums, dessen vorbildlicher kulturhistorischer Eckpfeiler die Ausstellung „Hemma von Gurk“ ist.

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