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Schule des Schauens

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An den Paukenschlag der Hemma-Ausstellung im Vorjahr, als die Diözese Kärnten den Landespoliti- kem eindrucksvoll zeigte, wie eine Landesausstellung gestaltet werden könnte, denkt man auf der mächtigsten Burganlage im Gurktai mit Sicht auf die Doppeltürme des Gurker Domes.

Rund 100.000 Besucher lockte im Vorjahr die Schau über die Landespatronin auf die teilrestaurierte

Festung sanalge hochüb er der Stadt Strafiburg. Der Erfolg dieser Ausstellung ließ Kärntens kunstsinnigen Bischof Egon Kapellari samt der kleinen Schar kundiger Mitstreiter, die die Burg vor dem Verfall retten wollten und sie nun zu einem Ausstellungszentrum umfunktionieren, nicht ruhen. Um die Frist bis zum nächsten großen Wurf in ein paar Jahren zu überbrücken - Raphael Donner soll dann im Mittelpunkt stehen - und die Straßburg als Ausstellungsort gebührend einzuführen, galt es, den von Architekt Freytag hervorragend und ausstellungstauglich adaptierten Teil der Burg auch 1989 zu nützen.

So entstand das Konzept zur Ausstellung „Verborgene Schätze“, die auf Depotbestände des Kärntner Diözesanmuseums undauf kaum beachtete Kostbarkeiten aus Kärn tens über tausend Kirchen zurückgreift.

Es wäre nicht die Handschrift von Bischof Kapellan, des Kultur- und Kunstreferenten der österreichischen Bischofskonferenz, wüßte er nicht die kunsthistorischen Bezüge der Ausstellung mit der Vertiefung wichtiger kirchlicher und sakraler Botschaften zu verknüpfen.

Das Ergebnis ist eine auch im Zeitalter des um sich greifenden Televisions-Analphabetismus brauchbare „biblia pauperum“, die anhand von Kunstwerken aus der Romanik bis zur Gegenwart auf wesentliche Inhalte der Lehre ver weist. Christi Leidensweg, der Themenkreis der Auferstehung, das Mysterium der Eucharistie, Jesu Kindheit und das Marienleben sowie das Wirken der Heiligen sind diewichtigstenThemendieserletzt- lich etwas uneinheitlichen Schau, die - oft ganz unbekümmert - erlesene Kunst mit eher zweifelhafter Qualität wetteifern läßt.

So stehen im Vestibül zwei goldgelackte, lebensgroße Engelsfiguren von Hans Gasser (tim 1860) neben einer holzgeschnitzten Figur Johannes des Täufers aus dem 17. Jahrhundert, dem alle drastischen Attri-

bute des Volksbarock eigen sind. Ihm als Widerpart dient ein Tafelbild mit demselben Motiv von Peter Krawagna aus dem Jahr 1987. Das im Titel der Schau anklingende „…bis zur Gegenwart" scheintüber- dies nicht allzu ernst genommen zu sein, denn von Krawagnas Bildtafel abgesehen, findet sich in der Ausstellung nur noch ein Tafelbild-Triptychon zum Thema Kreuzigung des bedeutenden Kärntner Malers Valentin Oman.

Wen die Auseinandersetzung der heutigen Künstler mit religiösen Inhalten besonders reizt, dem sei daher der Abstecher zur „Hemma- Installation“ von Meiną Schell ander empfohlen, die - noch als Relikt der vorjährigen Hemma-Schau - gleich hinter dem Ausgang als wahrer Reibebaum in einem Gewölbe thront.

Wirklich exquisit bedient werden Liebhaber früher Buchdrucke, zudem stechen zahlreiche Exponate aus dem zuende gehenden 16. Jahrhundert und knapp nach 1600 hervor. Ein spätmittjelalterliches Fastentuch (um 1530), eine Krönung Mariens und ein Marientod, zwei Plastiken vom Beginn des 16. Jahrhunderts, wertvoll gearbeitetes Eucharistie-Gerät, ein expressiver holzgeschnitzter Schmerzensmann aus dem 18. Jahrhundert undmanch anderes Exponat laden zu kontemplativem Verweilen ein, sodaß ein Rundgang mit Muße und Sammlung durchaus zur „Schule des Schauens und Staunens“ - wie sie Bischof Kapellari evozieren wollte

— hinfiihren Irnnn.

„Verborgene Schätze“ -Kostbarkeiten aus den Sammlungen der Gurker Diözese auf Schloß Straßburg in Kärnten ist bis 26. Oktober täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet

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