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Ein Land furs ganze Leben
Die Frage, wanma ich als Steirer seit dreißig Jahren in Kärnten lebe, hat mich überrascht. Seit meiner frühen Kindheit habe ich zu Kärnten enge Verbindungen und fühle mich zu dem Land hingezogen. Waren es in jungen Jahren die schönen Fahrten von meinem obersteirischen Geburtsort Unzmarkt nach Klagenfurt - damals gab es sogar eine Schnellzugstation Klagenfurt/Wörther See -, so habe ich später die reiche Geschichte dieses Landes entdeckt.
Das Zollfeld mit dem eindrucksvollen Maria Saaler Dom und der Herzogstuhl sind Symbole für dieses ge-schichtsträchtige Land. Wie kein anderes österreichisches Bundesland ist Kärnten von den großen Völkerströmen der Kelten, Römer, Slawen und Germanen geprägt.
Wenn zuletzt ein wissenschaftlicher Disput um den „Jüngling vom Magdalens-berg" in Gang gekommen ist, so ändert dies nichts an der reichen Tradition Kärntens.
Zu den großartigsten Bauwerken zählt der Gurker Dom mit seiner hun-dertsäuligen Krypta. Kärntens Katholiken begehen in Bälde das Jubiläum der heiligen Hemma von Gurk mit einer großen Gedächtnisausstellung auf der Straßburg und mit einer Dreiländerwallfahrt aus Friaul, Slowenien imd. Kärnten.
Die seit einigen Jahren jeweils in ein anderes Land durchgeführte Wallfahrt imterstreicht die Brückenfunktion dieser Region zwischen Alpen und Adria. In solchen Augenblicken verstummt ethnischer Zwist, dem außerhalb der Landesgrenzen eine oft überdimensionierte Bedeutung zugemessen wird.
Beide Volksgruppen, Deutsch-Kärntner wie Kärntner-Slowenen, sind in diesem Land verwurzelt und haben hier Heimatrecht.
Es muß daher auch Ziel sein, der Volksgruppe im Landtag eine politische Vertretung und damit Verantwortung einzuräumen. Im Zusammenleben nimmt die katholische Kirche eine wegweisende Haltung durch Schaffung des gemeinsamen deutsch-slowenischen Diözesanausschus-ses ein.
Der Verfasser ist Jahr für Jahr immer wieder beeindruckt von der Gedenkfeier am Plöckenpaß, wo sich die wenigen noch lebenden ehemaligen italienischen und österreichischen Soldaten des Ersten Weltkrieges treffen, um gemeinsam eine Gedenkstunde abzuhalten, die in der Kirche „Zum Alten Gott" in Timau, einer kleinen Sprachinsel südlich der Karnischen Alpen, ihre Fortsetzung findet.
Kärntens Söhne haben für Osterreich große Opfer gebracht. Das Land an der Drau hat 1918/19 mit dem Abwehrkampf-und 1920 mit der Volksabstimmung wesentlich zur Staatswerdung Österreichs beigetragen. Kein anderes Bundesland mußte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder so viel Bitterkeit erfahren, wie Kärnten. Seine Menschen harrten in stummer Tapferkeit aus, bis der Staatsvertrag im Jahre 1955 die endgültige Sicherheit der Grenze brachte.
Es war der seinerzeitige Staatssekretär im Innenministerium und spätere Verteidigungsminister Ferdinand Graf, der den Vorschlag machte, in Kärnten eine europäische Universität zu gründen. An diesem großen Gedanken sollte sich die Politik orientieren.
Kärnten ist nicht nur ein Land für einen Sommer, sondern ein Land für ein erfülltes Leben.
Der Autor ist Chefredakteur der JUeinen Zeitung’ in Klagenfurt.
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