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Schrittweise Zusammenreden

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Vor kurzem erschien eine Studie über die A rbeiten der Studienkommission für Probleme der slowenischen Volksgruppe beim Bundeskanzleramt, vom bekannten Völker- und Volksgruppenrechtler Theodor Veiter verfaßt. Die Studie trägt den Titel,,Die Kärntner Ortstafelkommission”. Diese Kommission hat sich jedoch während ihrer Tätigkeit von 1972 bis 1975 nicht nur mit der Frage zweisprachiger Ortstafeln, sondern auch mit Vorschlägen für die Regelung eines Verwaltungsamtssprachegesetzes und eines Gerichtssprachengesetzes befaßt.

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Vor kurzem erschien eine Studie über die A rbeiten der Studienkommission für Probleme der slowenischen Volksgruppe beim Bundeskanzleramt, vom bekannten Völker- und Volksgruppenrechtler Theodor Veiter verfaßt. Die Studie trägt den Titel,,Die Kärntner Ortstafelkommission”. Diese Kommission hat sich jedoch während ihrer Tätigkeit von 1972 bis 1975 nicht nur mit der Frage zweisprachiger Ortstafeln, sondern auch mit Vorschlägen für die Regelung eines Verwaltungsamtssprachegesetzes und eines Gerichtssprachengesetzes befaßt.

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Veiters Studie hat große Aktualität, weil die Diskussion um das Kärntner Minderheitsproblem nach wie vor im Gang ist und die Studie in'bezug auf die Regelung von Volksgruppenfragen die vitalen Interessen der slowenischen Volksgruppe immer wieder in den Vordergrund stellt.

Wenn die Studie vom Deutsch-slowenischen Koordinationsausschuß der Diözese Gurk-Klagenfurt anläßlich des 35jährigen Bestandes der Zweiten Republik und anläßlich der 25. Wiederkehr des Tages der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages herausgegeben wurde, dann deshalb, um damit die Bemühungen um den österreichischen Weg in der Kärntner Volksgruppenfrage aufzuzeigen.

Die Arbeiten der Studienkommission markieren diesen Weg. Wenn im Volksgruppengesetz 1976 viele Anregungen und Vorschläge der Stüdien-kommission unberücksichtigt geblieben sind, so ist dies zu bedauern. Den Grundsatz der Erhaltung der Volksgruppe und die Sicherung ihres Bestandes hebt jedoch das Volksgruppengesetz eigens hervor. Hier wird man in Zukunft bei der Suche nach gemeinsamen Lösungen anknüpfen müssen.

Es ist bekannt, daß die Vertreter slowenischer Zentralorganisationen das Volksgruppengesetz ablehnen. Es muß jedoch festgestellt werden, daß das Volksgruppenge,setz, soviele Mängel es auch haben mag, nicht nur Negatives gebracht hat. In den Gemeinden Ebental, Ferlach, Ludmannsdorf, Zell, Bleiburg, Eisenkappel-Vellach, Globasnitz, Neuhaus, Rosseg, St. Jakob, Feistritz im Rosental, St. Margareten und Sittersdorf ist die slowenische Sprache neben der deutschen Sprache als Amtssprache zugelassen.

Die slowenische Sprache ist zusätzlich zur deutschen Sprache auch bei anderen Behörden und Dienststellen des Bundes und Landes, die ihren Sitz in Kärnten haben, zugelassen. Diesbezüglich hat das Bundeskanzleramt an alle Bundesministerien und das Amt der Kärntner Landesregierung Richtlinien zur Verwendung der slowenischen Sprache erlassen.

Es ist bekannt, wie man z. B. im Bereich der Finanzlandesdirektion Klagenfurt bemüht ist, die Amtssprachenregelung anzuwenden. Das Slowenische ist zusätzlich zur deutschen Sprache bei den Bezirkshauptmannschaften Villach Land, Klagenfurt Land und Völkermarkt sowie bei den Bezirksgerichten Ferlach, Eisenkappel und Bleiburg zugelassen.

Eine Verbesserung gegenüber dem früheren Zustand stellt im Volksgruppengesetz zweifellos die Volksgruppenförderung dar. Das Volksgruppengesetz sieht zudem Volksgruppenbeiräte vor, die das „kulturelle, soziale und wirtschaftliche Gesamtinteresse der Volksgruppen” zu wahren haben. Es heißt im Volksgruppengesetz außerdem: „Die Volksgruppenbeiräte können auch Vorschläge zur Verbesserung der Lage der Volksgruppen und ihrer Angehörigen erstatten”.

Eine solche Verbesserung der Lage der slowenischen Volksgruppe und ihrer Angehörigen streben die Kärntner Slowenen an. Man darf nicht übersehen, daß Angehörige der slowenischen Volksgruppe in weiteren 23 zweisprachigen Gemeinden leben, in denen das Slowenische als Amtssprache nicht zugelassen ist.

Von 66 Pfarren, in denen bei gottesdienstlichen Handlungen in Südkärn-ten auch die slowenische Liturgiesprache angewendet wird, werden nur 23 von der jetzigen staatlichen Amtssprachenregelung erfaßt. Nur in acht zwei-, sprachigen Gemeinden gibt es zweisprachige Aufschriften, in sechs von diesen nur in einzelnen Gebietsteilen, nicht aber im gesamten Gemeindebereich.

Daraus folgt, daß eine Verbesserung des jetzigen Zustandes im Wege einer Novellierung des Volksgruppengesetzes nicht nur im Interesse der Volksgruppe, sondern auch im Interesse Österreichs und des Landes Kärnten angestrebt werden müßte. Eine solche Verbesserung sollte im Wege der Volksgruppenbeiräte, die eine solche Möglichkeit gesetzlich vorsehen, erfolgen.

Es ergeben sich dabei folgende Möglichkeiten: Die Slowenenvertreter treten für den Zeitraum eines Jahres in den Volksgruppenbeirat ein, um während dieser Zeit zu sehen, wie weit ihre Vorschläge in den Beiräten, aber auch von der Bundes- und Landesregierung aufgegriffen werden. Denkbar aber wäre auch eine vorherige Absprache mit den politischen Parteien über notwendige Änderungen des Gesetzes, die dann mit dem Eintritt in den Beirat formell durchgeführt werden sollten.

Der Weg zur Lösung des Kärntner Minderheitsproblems führt nur über ein „schrittweises Zusammenreden” der betroffenen Gesprächspartner. Wohin die Internationalisierung des Minderheitsproblems geführt hat, wissen wir. Auch das Schreiben an die vier Außenminister der Signatarmächte wegen Nichterfüllung des Artikels 7 des Staatsvertrages hat die Volksgruppe nicht aus ihrer isolierten Stellung herausgeführt.

Andererseits aber muß auch gesagt werden, daß die immer wieder aufgestellte Behauptung, der Staatsvertrag sei erfüllt, bei der Lösung des Kärntner Volksgruppenproblems auch nicht weiterhilft. Das Verschanzen der drei im Landtag vertretenen Parteien hinter das Volksgruppengesetz und hinter die Dreiparteieneinigung trägt nur zur Polarisierung und Verbitterung der Volksgruppe bei.

Kärnten begeht heuer die 60. Wiederkehr des Tages der Kärntner Volksabstimmung. Es sollte dabei nicht übersehen werden, daß zum positiven Ausgang der Kärntner Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 etwa 10.000 bis 12.000 Slowenen wesentlich durch ihr Bekenntnis zur Einheit Kärntens beigetragen haben.

Bei der am 9. Mai 1965 im Großen Konzerthaussaal in Klagenfurt stattgefundenen Republik- und Staatsvertragsfeier der Kärntner Slowenen sagte der damalige Bundeskanzler Josef Klaus wörtlich: „Nach dem Zusammenbruch der Monarchie legten Kärntner Slowenen schon damals ein Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich ab, als sich ein großer Teil von ihnen für Österreich entschied. Es war damals in einer Zeit, in der sehr wenige wirklich an Österreich, an seine Selbständigkeit und an seine Lebensfähigkeit glaubten, es war damals eines der ersten Glaubensbekenntnisse zu Österreich und dafür gebührt ihnen und ihren Vätern und Müttern heute noch Dank und Anerkennung.”

Groß ist auch der Beitrag der Kärntner Slowenen im Kampf gegen den Nationalsozialismus und das Wiedererstehen der Zweiten Republik. Diese Verdienste der Kärntner Slowenen um Österreich sollten im Kärntner Jubiläumsjahr nicht untergehen. Sie sollten eine entsprechende Würdigung seitens offizieller Stellen im Staat und Land im Sinne eines Eingehens auf die Argumente der slowenischen Volksgruppe bei der Lösung noch offener Fragen erfahren.

Der Autor ist Ko-Vorsitzender des Deutsch-slowenischen Koordinationsausschusses der Diözese Gurk-Klagenfurt, Mitherausgeber der Publikationsreihe „Das gemeinsame Kärnten - Skupna Ko-ro.ska”, Schulaufsichtsorgan Tür das Bundesgymnasium Tür Slowenen und Fachinspektor für den Slowenischunterricht an höheren und mittleren Schulen.

DIE ' KÄRNTNER ORTSTAFELKOMMISSION. Von Theodor Veiter. Band 8 der Reihe „Das gemeinsame Kärnten - Skupna Koroska.” Herausgeber: Deutsch-slowenischer Koordinationsausschuß des Diözesanrates Gurk-Klagenfurt. 1980.

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