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Das Beispiel der Kirche steht zur Nachahmung

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Auf Grund des Synodalgesetzes über das „Zusammenleben der Deutschen und Slowenen in der Kirche Kärntens“ ist die slowenische Sprache in allen kirchlichen Gremien im Bereich zweisprachiger Pfarren und Dekanate und auf Diözesanebene voll anerkannt. Dasselbe gilt für die slowenische Liturgiesprache und den Gebrauch des Slowenischen bei Pfarrämtern und Dekanatsämtern im zweisprachigen Gebiet Kärntens. Alle diese Regelungen, die rund 60 zweisprachige Pfarren und 7 Dekanate betreffen, erfolgte ohne vorherige Ermittlung der zahlenmäßigen Stärke der slowenischen Volksgruppe.

Die Kirche Kärntens nimmt die Tatsache, daß in der Diözese Gurk-Klagenfurt seit Jahrhunderten Deutsche und Slowenen leben, als gegeben an und empfindet es dankbar als Aufgabe der Christen, diese beiden Völker zu besserem gegenseitigen Verständnis und damit zu einem aktiven Zusammenleben im Geist christlicher Nächstenliebe zu führen.

Für den Gebrauch der Gottesdienstsprache in den zweisprachigen Pfarren Kärntens wurden Grundsätze ausgearbeitet, in denen festgelegt ist, daß in der Kirche die gleiche Sprache anzuwenden ist, die auch in der Familie gesprochen wird. Die Anwendung der Sprache im Gottesdienst hat sich daher an der Familiensprache der anwesenden Pfarrangehörigen zu orientieren. In zweisprachigen Pfarren mit weniger als drei Sonntagsgottesdiensten wird die Trennung in rein deutsche und slowenische Gottesdienste seitens der Kirche jedoch nicht gefördert, weil aus familiären und anderen Gründen es den Angehörigen der einzelnen Sprachgruppen nicht immer möglich ist, nur die ihnen gewidmete Messe zu besuchen.

Als repräsentative Vertretung der Slowenen wurde in der Diözese auf Grund der Synodenbeschlüsse außerdem ein Slowenischer Pastorälaus-schuß eingerichtet, dem neben den Pastoralen Anliegen auch die Wahrung sprachlicher Interessen der slowenischen Volksgruppe im kirchlichen Bereich obliegt. Angesichts der Tatsache, daß sich die Kirche Kärntens in den vergangenen Jahren in der Volksgruppenfrage stark engagiert hat, haben die Kärntner Slowenen vom Slowenischen Pastoralausschuß, dem höchsten slowenischen “kirchlichen Gremium, in dem Laien und Priester zusammenarbeiten, auch hinsichtlich der am 14. November stattfindenden Volkszählung besonderer Art eine eindeutige und richtungweisende Stellungnahme erwartet.

In der im Slowenischen Pastoralausschuß am 29. Oktober einstimmig angenommenen Stellungnahme verweist dieser eingangs auf die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils „Kirche in der Welt“, in der es ausdrücklich heißt, daß es „nicht Aufgabe der öffentlichen Gewalt ist, die Kulturformen in ihrer besonderen Eigenart jeweils festzulegen, sondern günstige Voraussetzungen zu schaffen und entsprechende Hilfe zu gewähren, um das kulturelle Leben bei allen, auch bei nationalen Minderheiten, zu fördern. Darum muß man vor allem verhindern, daß die Kultur ihrem eigenen Zweck entfremdet und politischen oder wirtschaftlichen Mächten zu dienen gezwungen wird.“

Dann wird darauf hingewiesen, daß die Muttersprache das vornehmste Kulturgut eines Volkes und das objektive Hauptkriterium der Volkszugehörigkeit ist. „Die gemäß den Weisungen zur Volkszählung von bestimmten Kreisen angestrebte Abweichung des subjektiven Bekenntnisses vom objektiven Tatbestand der Muttersprache“ jedoch, heißt es in der Stellungnahme weiter, „bedeutet bewußte Entfremdung der slowenischen Volksgruppe von der angestammten Kultur. Auch ist die derzeitige allgemeine Geistigkeit im zweisprachigen Kärnten ein großes Hindernis für das freimütige Bekenntnis der slowenisch sprechenden Kärntner zu ihrer Muttersprache.“

Daraus folgt, daß die Ergebnisse der Sprachzählung am 14. November für die Verwirklichung von Minderheitenschutzbestimmungen keine objektive Grundlage bilden können. Zu welchen Ergebnissen die Zählung auch führen mag, für den kirchlichen Bereich sind diese Ergebnisse belanglos. Deshalb hat der Slowenische Pastoralausschuß festgestellt, daß er sich in allen Fragen des Zusammenlebens der Deutschen und Slowenen in der Kirche Kärntens — somit auch in allen Fragen der sprachlichen Anliegen der Volksgruppe — auch nach dem 14. November an die Beschlüsse der Diözesansynode halten wird.

Der Kärntner Diözesanrat richtete an die Katholiken beider Volksgruppen den Appell, „sich durch Gebet und persönlichen Einsatz für ein harmonisches Zusammenleben der Deutschen und Slowenen in Kärnten einzusetzen“.

Damit ist im Bereich der Kirche für beide Volksgruppen der Weg auch nach dem 14. November klar vorgezeichnet. Den starken Rückhalt, den die Kirche in Kärnten wie in ganz Österreich der slowenischen Volksgruppe bietet, ist für die Erhaltung der Volksgruppe von ausschlaggebender Bedeutung. Er stärkt das Selbstbewußtsein der Volksgruppe und die Uberzeugung, daß es in Österreich Kräfte gibt, die am Schicksal von Minderheiten Anteil nehmen. Dies ist um so wichtiger, als man weiß, daß die Mehrheitsparteien in dieser Frage eine reine Opportunitätspolitik betreiben und es auch in den Reihen der ÖVP in entscheidenden Phasen der Verhandlungen keine überzeugenden Schritte in Richtung auf eine gemeinsame und für die Volksgruppe zufriedenstellende Lösung des Kärntner Minderheitenproblems gegeben hat. Man überläßt die slowenische Volksgruppe den Kommunisten, welcher Prägung auch immer.

Sicher hat auch der Ballhausplatz in der Minderheitenfrage nicht jene Ergebnisse zu verzeichnen, die man von ihm allgemein erwartet hat. Er ist jedoch nach dem Kärntner „Ortstafelsturm“ nicht untätig geblieben. Wenn es in der Minderheitfrage auf der Herbsttagung des Nationalrates keine Konfrontation mit Jugoslawien gegeben hat, so ist dies auf die geschickte politische und diplomatische Tätigkeit des Außenministeriums zurückzuführen. Damit freilich ist das Problem noch nicht gelöst. Was übrig bleibt, ist die Hoffnung, daß man nach dem 14. November bereit sein wird, aus dem bisherigen Konflikt die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Die slowenischen Minderheitenvertreter müßten erkennen, daß für sie eine Lösung des Minderheitenproblems nur am Verhandlungstisch in Wien zu erreichen sein wird. Die Folgerung für die politischen Parteien aber wäre die Erkenntnis, daß es eine Lösung von Minderheitenproblemen in Österreich nur in Zusammenarbeit mit der betroffenen Volksgruppe geben kann.

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