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Von Wahrheit zu Gerechtigkeit

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Mit den zwei untenstehenden Stimmen beschließen wir die Diskussion über die Kärntner Slowenen, deren lebhafter Verlauf die Wichtigkeit des Themas, aber auch die Möglichkeit loyaler Lösungen aufgezeigt hat. Die „Furche"

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Mit den zwei untenstehenden Stimmen beschließen wir die Diskussion über die Kärntner Slowenen, deren lebhafter Verlauf die Wichtigkeit des Themas, aber auch die Möglichkeit loyaler Lösungen aufgezeigt hat. Die „Furche"

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Mit dem Aufsatz „Südkärnten in slowenischer Sicht“ von Borut Zerjav (Universität Straßburg) in der „Furche“ Nr. 33 soll man sich doch — wie auch ausdrücklich gewünscht wird — ernster auseinandersetzen. Die Unterlagen aus der letzten Volkszählung haben da wohl vor allem ein maßgebliches Wort mitzureden. Hierbei sei daran erinnert, daß gerade über die Art, was man aus deren Ergebnissen nach der muttersprachlichen Seite und wie man es verlautbart hat, berechtigte Einsprüche lautgeworden sind. Man hat es eben a gewissen Stellen nicht wahrhaben wollen, daß wir in Kärnten das Windische als besondere Eigenart, insbesondere nach der sprachlichen Seite, aufweisen und es wesent-

lieh vom eigentlichen „Slowenischen“ zu unterscheiden haben. Bei den wirklich bodenständigen Kärntnern tritt dieses rein „Slowenische“ auch heute kaum so betont hervor, wie es jetzt immer wieder von dessen, zumeist nichtheimischen Verfechtern hinausposaunt und beispielsweise gerade auch im Klagenfurter Rundfunk ausgemünzt wird.

Es ist gleichfalls kein Geheimnis, daß man durch das in den letzten fünf Jahren auf allen möglichen Wegen bewerkstelligte Einschleusen und Einbürgern nichtkärntnerischer Slowenen auf einen verstärkten Einfluß in der sogenannten „Minderheitenfrage“ hinarbeitet. Die breitere Oeffentlichkeit erfährt aber leider über die Tragweite solcher Schritte nur dann und wann, etwa zufällig aus einer Pressefehde oder aus dem Wahlgeplänkel mehr davon. Und doch hätten aber und haben alle aufrechten Kärntner, und hier gerade auch unsere bodenständigen windischen Landsleute, volles Recht zu wissen, was auf diesem, auch für sie nicht minder heiklem Gebiet für

Schule und Wirtschaft vor sich geht und eiter noch geplant und vorbereitet ist.

Die wiederholten und wohlbegründeten Einsprüche der Eltern südkärntnerischer Gemeinden sprechen deutlich genug, wie heute mehr denn je das Recht der deutschen, aber nicht minder auch dort der mit ihnen betroffenen deutschfreundlichen windischen Bevölkerungsteile eingeschränkt wird. Beim Gesetzentwurf über die Regelung des zweisprachigen Unterrichtes („Kärntner Landeszeitung“ Nr. 49 vom 18. Dezember 1953) ist die maßgebliche Elternschaft, ob nun deutsch oder windisch, überhaupt nicht zu Wort gekommen und ist in diesen doch so einschneidenden Fragen vollkommen ausgeschaltet. (Siehe hierzu die ausgezeichnete Stellungnahme der „Kärntner Landsmannschaft“ in ihrem Blatt vom März 1954.) Dies sieht denn doch weitaus anders aus als das, was in dem erwähnten Aufsatz der „Furche“ aus „slowenischer Sicht“ von den (für diese gemeint) „unbefriedigenden Schulverhältnissen in Südkärnten“ geschrieben ist. Wer so einseitig wie dieser Verfasser unterrichtet ist, läuft dann immer Gefahr, sich für Forderungen einzusetzen, die den Rahmen gesunder Verständigung über Pflichten und Rechte Überspannen und verzerren.

Hier ist auch am Platz, von einem andern argen Irrtum zu sprechen. Man kann und darf nicht, ja gerade in Kärnten nicht, bei Deutschen und Windischen (und um diese geht es letzten Endes und nicht um die kleine Minderheit der ausgesprochenen Slowenen) von zwei Völkern sprechen. Diese beiden Volksteile sind in tausendjähriger engster Nachbarschaft, im besten Sinne brüderlicher Schicksalgemeinschaft versippt und verflochten, zur starken Einheit geworden, was ehrend und vor aller Welt eindeutig das Kärntner Volksabstimmungsergebnis vom 10. Oktober 1920 bestätigt hat. Ja, diese schöne Einheit hat sich gerade darin noch für die Andersdenkenden bewährt, daß jenen Kärntner Windischen und Slowenen, die damals,' ihrer Gesinnung folgend, gegen ein ungeteiltes Kärnten gestimmt haben, dies in keiner Weise nachgetragen und zum Schaden wurde, sofern sie nicht seither sich selbst sträflich gegen das österreichische Gesetz vergangen haben. Hier ist die „notwendige Annäherung“, die der besprochene Aufsatz als wünschenswert hinstellt, seit eh und je in gutem Gang gewesen und nur immer von außen mißdeutet, bedroht und gestört worden. Nie ist ernstlich (von ein paar Wirrköpfen der nationalsozialistischen Parteiführung abgesehen) eine geheime oder gewaltsame Eindeutschung des südkärntneri- schen Sprachgebietes geplant oder angestrebt worden. Die unbeeinflußte geschichtliche Entwicklung hat hier selbst die klügste, günstigste und haltbarste Lösung des Zusammenlebens neben-, mit- und füreinander gefunden, wie es eben den besonderen kärntneri- schen Gegebenheiten entspricht.

Das demokratische Oesterreich und unser Bundesland Kärnten weiß also sehr wohl, wie „eine Nationalitätenpolitik im gemeinsamen Interesse der freien Welt gegen die kommunistische Expansion“ zu pflegen ist. Es ist sein und aller Kärntner gutes und offenes Recht, sich zu wehren, wenn — von welcher Seite immer — in seine naturgegebene und wurzelgesunde Einheit Spaltungen hineingetrieben werden.

Mit dem weiteren Aufsatz „Oesterreich und seine Slowenen“ von Dozenten Dr. Erich Menniger-Lerchenthal („Oesterreichische Furche“ vom 11. September 1954) müßte man sich noch eigens befassen. Wissenschaftlich, sprach- und völkerrechtlich allein läßt sich solchen tief ins Menschliche greifenden Fragen kaum beikommen. Hier sollte lieber einmal ein einfacher, bodenständiger Kärntner Windi.scher mit seinem gesunden Hausverstand gefragt und gehört werden, was er sich über Art, Notwendigkeit und Umfang der zsvei4j rachigen Schule z. B., und was damit alles zusammenhängt, für Gedanken und Sorgen gemacht hat.

Die vom Zeitgeist unverdorbenen, unverbildeten Kärntner Menschen beider Zungen bleiben ja für alle Zeiten die lebendige Zelle der Einheit von Volk und Heimat. Sie haben das gottgegebene Naturrecht, in eigener Sache über Wohl und Wehe letzten Endes zu entscheiden.

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