6911009-1981_09_06.jpg
Digital In Arbeit

Das Eis gebrochen?

Werbung
Werbung
Werbung

Nach dem ersten gemeinsamen Gespräch zwischen den Parteiobmännern der drei Kärntner Landtagsparteien und den Chefs der beiden zentralen Organisationen der Kärntner Slowenen seit langem waren sich alle einig: Das Klima ist besser geworden.

Was seit dem 7. Juli 1976, da der Nationalrat das Volksgruppengesetz verabschiedet hatte, auf Landesebene auf Eis gelegt worden war, scheint wieder in Gang zu kommen: der Dialog zwischen Mehrheit und Minderheit im Lande.

Zwei Aspekte scheinen da von besonderer Bedeutung. Zum einen ist es um die Aussagen von Landespolitikern, sie hielten den Artikel VII des Staatsvertrages durch das Gesetz aus dem Jahr 1976 für voll erfüllt, stiller geworden. Zum anderen versuchen sich die politisch Verantwortlichen auf slowenischer Seite neuerdings offenbar in der Ausübung einer etwas flexibleren Politik des Pragmatismus.

Freilich gibt es in der Beurteilung des Stellenwertes dieses Gipfelgespräches auf Landesebene vom 6. Februar große Auffassungsunterschiede. Während nämlich in der deutschsprachigen Öffentlichkeit der pauschale Eindruck erweckt wurde, das Eis sei nun gebrochen, differenzieren die slowenischen Wochenblätter das Ereignis mit allzu großer Vorsicht.

Der „Naš Tednik“, das Organ des Christlichen Rates der Slowenen, feiert den Umstand, daß die Obmänner der Parteien die Minderheit expressis ver- bis einmal als Bereicherung und nicht als „Stein des Anstoßes“ für Kärnten betrachten, als „historische Erkenntnis“. Mit dem „Slovenski Vestnik“, dem Wochenblatt der Linksslowenen, ist er sich einig darin, daß erst Lösungen konkreter Probleme den Stellenwert dieses Klimawechsels bestimmen werden.

Auch wird in den slowenischen Medien unmißverständlich darauf hingewiesen, daß die Frage der Beschickung der Volksgruppenbeiräte beim Bundeskanzleramt nur am Rande zur Sprache gekommen ist.

Zu den konkreten Problemen der Slowenen aber zählen im Augenblick sicher primär die Zweisprachigkeit in den Kindergärten, das Thema vermehrter Sendezeiten im ORF sowie Fragen im Schulbereich. Was den ORF betrifft, drängen die Politiker der Slowenen vor allem aber auch darauf, daß sie in der Hörer- und Sehervertretung Sitz und Stimme erlangen.

Matevž Grilc, Obmann des Rates der

Kärntner Slowenen, stellt sich die Marschrichtung für die Zukunft jedenfalls als einfache Formel vor: „Zunächst müssen gewisse konkrete Fragen einer Lösung zugeführt werden. Das Grundproblem aber liegt in der Zurückgewinnung des Vertrauens in die Regierung:“

Erst in weiterer Folge stellt sich für Grilc die Frage nach der Beschickung der Beiräte: „Wenn wir von den Beiräten etwas erwarten können, dann werden wir mitarbeiten.“

In solchem Licht betrachtet, ist in der Entwicklung der Minderheitenproblematik vorsichtigster Optimismus am Platz. Allzu viel an konkreten Ergebnissen in nächster Zukunft zu erwarten, ist sicher verfrüht. Denn vorerst gilt es für beide Seiten, mit großer Geduld das brache Feld des Vertrauens zu durchfurchen, das in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt worden ist. Den Schlußpunkt in dieser Entwicklung setzten sicher im Vorjahr die Vorbereitung und die Durchführung der 60- Jahr-Feierlichkeiten der Kärntner Volksabstimmung.

Zusätzlich angefacht wird der günstige Wind in Kärnten selbst sicher auch durch den Umstand, daß die Parteien im Landtag in nächster Zukunft nicht dem Streß einer größeren Wahlauseinandersetzung im Lande unterworfen sind.

Aber auch auf anderer Seite als auf der primär politischen Ebene gibt es Gelegenheit, an der Verbesserung des Klimas mitzuwirken. Eine Leitfunktion hat hier sicher die Klagenfurter Universität für Bildungswissenschaften übernommen.

Ausgehend vom großen Historikersymposion zum Kärntner Zentralthema im Herbst 1980, hat die Universität nun in Zusammenarbeit mit der Universität in Laibach eine Vortragsreihe eingerichtet, die zur Objektivierung der Standpunkte beitragen soll.

Aber auch bei den Slowenen selbst scheint man die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Denn nicht zufällig überraschte der Obmann des Rates bei den 10. Kulturtagen der Slowenen Ende Dezember erstmals mit der Ankündigung, daß es wieder Gespräche mit ien Parteien geben soll.

Nun ist der Anfang gemacht. Mit Geduld, Fingerspitzengefühl, pragmatischem Talent der Minderheitenpolitiker und vermehrter Toleranz des größeren der beiden Gesprächspartner sind die so erwünschten Fortschritte durchaus zu erzielen.

Der Autor ist Redakteur der „Kleinen Zeitung" in Klagenfurt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung