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Über den Staatsvertrag hinaus!

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Es ist wohl eine selbstverständliche Voraussetzung, daß geprüft werden muß, wo eine „gemischte Bevölkerung“ im internationalen Sinn gegeben ist. Es kann die doppelsprachige Amtssprache —mit allen ihren finanziellen und politischen Belastungen — wohl nicht in Bezirken mit nur geringfügiger anderssprachiger Bevölkerung eingeführt werden.

Der Kärntner Landtag hatte 30 Prozent verlangt, das Bundeskanzleramt seinerzeit auf 20 Prozent hingewiesen. Es gäbe in Kärnten keinen Widerstand, wenn in Bezirken, wo sich 20 Prozent im Wege einer geheimen Mindeiheitenfest- 6tellung als Angehörige der slowenischen Minderheit erklären, die doppelsprachige Amtssprache und topographische Aufschriften eingeführt werden. Aber wer verhindert dies? Die Führung der slowenischen Minderheit selbst, die sich, weil sie sich der geringen Zahl der hinter ihr stehenden Kärntner bewußt ist, einer geheimen demokratischen Minderheitenfeststellung widersetzt. Warum führt dies der Verfasser nicht an? Warum verschweigt er anderseits die großen Vorteile, die der slowenischen Minderheit über den Staatsvertrag hinausgehend schon gewährt wurden, wie durch das Kärntner Minderheitenschulgesetz zum Beispiel das slowenische Gymnasium? Dieses Minderheitenschulgesetz gibt der, slowenischen Minderheit eine weitere, in keinem anderen Minder- heiitengiesetz enthaltene Möglichkeit, diaß slowenische Eltern auch für nur ein Kind in der Klasse Slowenischen Unterricht verlangen kennen.

Ein Geheimerlaß

Herr Kraft wundert sich darüber, daß der Kärntner Landeshauptmann, sicherlich ein den Slowenen gegenüber toleranter Mann, den slowenischen Ministerpräsidenten in Laibach bei einem „Disput über die Durchführung des Artikels 7“, des Staatsvertrages darauf hingewiesen hat, daß das „Problem der Verwendung der slowenischen Sprache als zusätzliche Amtssprache in Südkärnten in der Praxis vollkommen befriedigend geregelt sei, weshalb man nicht von einer offenen Frage sprechen könne“. Für einen Kenner der Verhältnisse wäre diese Äußerung keinesfalls verwunderlich gewesen, weil dieser den Geheimerlaß des einstigen Amtsdirektors Newole kennt, den er bezüglich des Gebrauches der slowenischen Sprache an die Bezirkshauptmannschaften in Südkärnten gerichtet hat und den Landeshauptmann Sima neuerdings unerwarteterweise in Rundschreiben an die Südkärntner Gemeinden in Erinnerung brachte.

Der Verfasser findet auch kein Wort über die in keiner Weise begründeten Forderungen der verschiedenen slowenischen Memoranden und besonders über die letzten sonderbaren Forderungen des Volksrates der Kärntner Slowenen, die Landeshauptmann Sima in Übereinstimmung mit dem Kärntner Landtag als „unrealistisch und Indiskutabel“ bezeichnete.

Die Abstimmung von 1920

Dem Verfasser ist sicherlich der Antrag vom März 1848 bekannt, wonach die „slowenischen Gebiete (in Kärnten, Krain und Steiermark) zu eineur Einheit alls Königreich Slowenien vereinigt“ hätten werden sollen (die natürlich später lals selbständiger Staait aufzusdheinen häitten). Hier ist auch auf die Tatsache hinzuweisen, daß sinh bei der Volksabstimmung 1920 fast 41 Prozent slowenische Kärntner Stimmen für den Anschluß an Jugoslawien ausgesprochen haben, denen rund 49 Prozent deutsche und win- disahe Stimmen enitgegerastamden. Wenn der Verfasser das Ergebnis des 10. Oktober 1920 zu verkleinern sucht („über zwei Fünftel der Abstimmungsberechtigten haben für Südslawien gestimmt“), so zeigt dies eine vollkommene Unkenntnis gegenüber den robusten Methoden, die durch die jugoslawische Verwaltung in Südkärnten vor und während der Abstimmung eingeführt wurden.

Weiß der Verfasser schließlich, daß nicht nur die Ergebnisse der Volkszählung 1951 und 1961 — welche die Slowenen in Kärnten mit einer Stärke von rund 2 Prozent und in Südkärnten mit rund 10 Prozent aufzeigten —, sondern auch das Abstimmungsergebnis 1920 nicht zur Kenntnis genommen werden soll?

Daß die Slowenen es indirekt zugeben, daß sie keinen Grund zur Klage ‘haben — sie sind selbstverständlich vollkommen gleichberechtigte Staatsbürger, genießen Vorteile, die über den Staatsvertrag hinausgehen (siehe Kärntner Minderheiten- schuigesetz) —, beweist ein Bericht in einer der letzten Nummern des „Nas tednik“, in dem sie selbst triumphierend ihre Erfolge aufzählen. Auch die Einführung einer zusätzlichen slowenischen Amtssprache in Südkämten und topographischer Aufschriften in Bezirken mit „gemischter Bevölkerung“ würde, wie gesagt, in Betracht kommen, wenn sie sich einer unbeeinflußbaren geheimen Minderheitenfeststellung in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken stellen würden. Wie hat doch ein österreichischer Staatsmann gesagt?: „Eine Minderheit, die ihre zahlenmäßige Feststellung verweigert, hat keinen Anspruch auf internationale Geltung.“

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