Ortstafelstreit Ende oder Anfang

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Seit Jahrzehnten erhitzen zweisprachige Ortstafeln die Kärntner Gemüter. Ein Lokalaugenschein in betroffenen Dörfern macht die Problematik klarer.

Auf der Ortstafel von Bad Eisenkappel wird bald auch "ˇZelezna Kapla“ geschrieben stehen, auf jener von Eberndorf "Dobrla vas“. 56 Ortstafeln mit blauer Umrandung und 108 Hinweisschilder mit Ortsbezeichnung sollen laut dem jüngst ausverhandelten Paket in Kärnten aufgestellt werden. Seit Anfang Juni läuft eine von der FPK initiierte Volksbefragung, deren Ergebnis am Mittwoch, 22. Juni feststehen soll. Zufrieden sind in Kärnten aber nicht alle mit dem Kompromiss.

Erst kürzlich sprach sich der Eberndorfer Gemeinderat gegen die aktuelle Ortstafellösung aus. Eberndorf galt schon immer als Hotspot im Ortstafelstreit. Der Ortstafelsturm im Jahr 1972 ging auch von hier aus, zweisprachige Ortstafeln in ganz Südkärnten wurden beschmiert, demontiert und Kärntner Heimatlieder gesungen. Dieter Fleiß war damals dabei, "aber als Chorleiter, ich hab’ keine Ortstafel angegriffen.“ Der Bezirksobmann des Kärntner Abwehrkämpferbundes und Gemeindebürger von Eberndorf kann sich auch mit dem aktuellen Kompromiss nicht abfinden. "Die Slowenen haben praktisch alles bekommen“, sagt er. Wenn die Tafeln aufgestellt werden, schließt er einen zweiten Ortstafelsturm nicht aus. "Die Leute verstehen das nicht. Eberndorf ist immer ein deutsches Zentrum gewesen. Und jetzt wird der Ort als slowenischer Ort abgestempelt.“

Bei einem Spaziergang durch Eberndorf lässt nichts darauf schließen, dass hier Kärntner Slowenen leben. Die Leute auf der Straße sprechen Kärntner Dialekt, die Wegweiser im Gemeindeamt sind Deutsch, ebenso alle Plakate.

Problemherd Eberndorf

Lediglich eine Hausaufschrift gegenüber des Kirchenwirts weckt eine Vermutung. "Kulturni Dom“ steht da geschrieben, der slowenische Kuturverein "Srce“ ist hier einquartiert.

Srce-Obmann Stefan Kramer kommt jeden Dienstagabend zur Probe des slowenischen Chors hierher. "Slowenische Musik mögen die Kärntner“, erzählt er, während der Chor im Nebenraum singt. Aber generell sei es nicht immer einfach für Kärnter Slowenen. "Man muss immer kämpfen - für die Ortstafeln, für die Amtssprache, für einen Kindergarten. Slowene zu sein ist noch immer nicht positiv besetzt.“ Daher gingen viele den Weg des geringeren Widerstandes und deklarierten sich nicht als Kärntner Slowenen. Damit verschwinde die Sprache, die Kultur gehe verloren. Gerade deswegen seien öffentlich sichtbare Symbole, wie Ortstafeln, wichtig, weil dadurch Wertschätzung ausgedrückt wird.

Zur selben Zeit, als der Chor probt, versammelt sich ein paar Häuser weiter im Gasthof Pucher eine kleine Runde am Wirtshaustisch. "Es ist sowieso gelaufen“, sagt ein Gast und bekrittelt die Volksbefragung, welche "für den Kübel“ sei. Aber Ängste seien bei manchen Leuten schon noch zu spüren, meint ein anderer. Die Debatte sei geschichtlich stark vorbelastet. Zweimal - jeweils nach den beiden Weltkriegen - stellten die Slowenen Gebietsansprüche. "Und die Grenze ist nicht weit weg.“ In Eberndorf komme aber vor allem noch eines dazu: "Viele haben einen Zorn auf den Rudi Vouk.“

Rudi Vouk, ebenfalls ein Eberndorfer, brachte den Ortstafelstreit vor zehn Jahren an den Verfassungsgerichtshof und erwies sich seither als erbitterter Kämpfer für die Kärntner Slowenen. Vor allem die Amtssprachenregelung will der Anwalt so nicht hinnehmen. Es sollen nur mehr jene Gemeindebürger Slowenisch verwenden dürfen, die in Ortsteilen wohnen, die auch eine zweisprachige Ortstafel haben. Auch wenn im Juli das Gesetz beschlossen wird, ist das für Vouk kein Schluss der Ortstafeldebatte. "Man hätte einen fairen Schluss haben können, den wollte man aber nicht.“

Vorzeigegemeinde Eisenkappel

Ganz anders sieht es in Bad Eisenkappel aus. Franz Josef Smrtnik, der einzige slowenische Bürgermeister Kärntens, verschickt alle Briefe mit zweisprachigen Kopf, wenn nicht mit zweisprachigem Inhalt. Auch sonst ist das Ortsbild von Zweisprachigkeit geprägt, sogar Sportverein und Pensionistenverband machen zweisprachige Aushänge.

Aber vor sechs Jahren geriet auch dieser Ort in die Schlagzeilen: Als der damalige Verkehrslandesrat Gerhard Dörfler die zweisprachige Ortstafel "Vellach/Bela“ im Gemeindegebiet von Bad Eisenkappel abmontieren lassen wollte, kettete sich Smrtnik an die Tafel - und rettete sie. Heute kommt Smrtnik ganz gut mit Dörfler aus. "Er bemüht sich wirklich“, sagt Smrtnik. Er tritt auch für den Lösungsvorschlag ein. "Ich seh’ das nicht als Ende der Ortstafelfrage, sondern als Anfang. Ich hoff’, dass dadurch eine Entkrampfung stattfindet und die Menschen das Slowenische als wertvolles Kulturgut in Südkärnten sehen.

Die zweisprachigen Ortstafeln in Bad Eisenkappel waren schon lange im Gespräch. Nicht so in Finkenstein, die Gemeinde rutschte überraschend ins Ortstafel-Paket.

Überraschung für Finkenstein

Sieben zweisprachige Schilder sind für die Gemeinde vorgesehen. Markus Ressman, Vertreter der Kärntner Slowenen im Gemeinderat, sagt, die Volksgruppe werde hier positiv aufgenommen. Aber wenn die Tafeln dann tatsächlich aufgestellt werden, ist auch er bei einigen Bewohnern skeptisch. So habe er vor einigen Jahren bei der Aktion "Sichtbare Heimat“ mitgemacht, wo Kärntner Slowenen zweisprachige Ortstafeln auf ihren Privatgrundstücken aufstellten. Auf Ressmanns Grundstück stand das Schild "Petschnitzen/Peˇcnica“ - bis vor Kurzem. "Als es in die Endrunde der Verhandlungen ging, war die Tafel auf einmal weg“, sagt er. "Einen Kilometer weiter ist sie in der Wiese gelegen.“

Ressmann möchte, dass der Ortstafelstreit endlich gelöst wird, weist aber darauf hin, dass die Tafeln nicht des Pudels Kern sind. Ein viel größeres Problem der Kärntner Slowenen sei, dass es immer weniger Sprecher gebe und man sich überlegen müsse, wie man die Leute motivieren könne, die Sprache an ihre Kinder weiterzugeben. "Wenn die Tafeln irgendwann nur mehr dazu dienen, daran zu erinnern, dass es hier einmal Kärntner Slowenen gab, nützt uns das auch nicht viel.“

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