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Festgaben zum vierten Historikertag

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Anläßlich des 4. österreichischen Historikertages in Klagenfurt vom 17. bis 21. September 1956 brachten der Kärntner Geschichtsverein und das Landesmuseum unter der rührigen und planvollen Leitung des Hofrates Dr. Gorbert Moro wertvolle Arbeiten heraus. Wie kaum ein anderes Bundesland hat Kärnten seit 1946 in seinen führenden geschichtswissenschaftlichen Zeitschriften: Carinthia I, Archiv füf vaterländische Geschichte und Topographie, und Kärntner Museumsschriften (sämtliche erschienen in Klagenfurt, Kärntner Druckerei und Ferd. Klein- mayr) eine für die Erforschung der Landeskunde überaus ersprießliche Publizistik gesteigert. In zehn Jahren konnten nicht weniger als 20 Bände im „Archiv für vaterländische Geschichte“ usw. erscheinen (1946 der 30. Band, 1956 der 50. Band). Zum Historikertag lagen aus dieser Zeitschrift nicht weniger als vier Bände vor (47. bis 50. Band). Im Band 47 legt Herwig Ebner seine Hausarbeit am Institut für österreichische Geschichtsforschung in einer kritischen Untersuchung „Von den E d- lingern in Innerösterreich“ (90 Seiten mit Karte, Preis 36 S) vor. Es gelingt ihm, das bisher vielumstrittene Edlinger-Problem in seiner besitzrechtlichen und wehrhaften Stellung befriedigend zu lösen. Die Edlinger waren waffenfähige Erbrechtsbauern, die wegen verschiedener Verpflichtungen eine Sonderstellung in der sozialen Struktur Karantaniens besaßen. — Einen wertvollen Beitrag für die Ordensgeschichte der Zisterzienser bietet Magda Roscher in ihrer Untersuchung: „Eine Recht- f e r t i g u n g s s c h r i f t des Abtes Johann von Viktring an das Zisterzienser Generalkapitel 148 9“ (48. Band, 68 Seiten, Preis 48 S) mit textkritischer Edition derselben. — Der Nestor der steirischen Geschichtsforschung, Hans Pirchegger, legt im 49. Band (32 Seiten, Preis 10 S) als Zeichen seiner inneren Verbundenheit mit der Kärntner Geschichtswissenschaft und bester Freund der Kärntner Geschichts- os forscher August Jaksch und Martin Wutte einen ast. kurzen Auszug aus seiner unveröffentlichten Arbeit über die ehemals untersteirischen Herrschaften, Güter und Quellen als willkommene Ergänzung zu H. Wießners wertvollen Ausgabe der Gurker Urbare vor. Im Anhang ist das Urbar über das Amt St. Georgen (S. 22 bis 32) ediert (1502). — Im stattlichsten, 50. Band, I. Teil (216 Seiten mit sieben zum Teil farbigen Kartenskizzen, Preis 75 S) erfreut der um die Kärntner Mundart hochverdiente Eberhard Kranzmayer alle Sprach- und Siedlungsforscher mit seinem „Ortsnamenbuch von Kärnten“ (I. Teil: Die Siedlungsgeschichte Kärntens von der Urzeit bis zur Gegenwart im Spiegel der Namen). Diese mühevolle Lebensarbeit ist als sprachwissenschaftliche Ergänzung zu den historischen Arbeiten von Jaksch, Kos und Klebel und zu den vor- und frühgeschichtlichen Untersuchungen von Pittioni, Franz, Egger, u. a. gedacht. Im engsten Rahmen dieser Kritik sei nur auf das schönste und wichtigste Ergebnis hingewiesen: Die vielen Völker und Sprachen Kärntens — es sind deren nicht weniger als zehn (Proto-Italiker, Illyrer, Veneter und die Kelten, Römer und Romanen, Goten und Langobarden, Awaren, Slowenen, die deutschsprachigen Bayern und Oesterreicher), die sich im Laufe der prähistorischen und der geschichtlichen Zeit gegenseitig überschichtet und schließlich meistens abgelöst haben — zeigen das Bild friedlichster Zusammenarbeit und innigsten Zusammenfließens. Instruktiv ist der Anhang über die sprachliche Herkunft der i Kärntner Siedlungsnamen in Prozenten nach dem i Ortsrepertorium von 1905. Der Historiker wird dem gelehrten Sprachforscher innigen Dank wissen, der : die Tradition der aus Kärnten stammenden Sprach- i forscher Mathias Lexer und Primus Lessiak in be- wunderswerter Weise fortsetzt, und zugleich mit Spannung den zweiten Teil dieses aufschlußreichen Ortsnamenbuches erwarten.

In der Reihe der „Kärntner Museumsschriften“ liegen ebenfalls vier beachtliche Untersuchungen vor. Der bekannte Geograph und Alpinist Viktor Paschinger, übrigens ein gebürtiger Steirer aus Murau, zeigt in seinem neuesten Werk: „Natur und Geschichte“ (Band X der Museumsschriften, 150 Seiten mit 15 Karten im Anhang, Preis 75 S), über den Rahmen der historischen Geographie und Geopolitik hinaus die natürliche Umwelt auf, inwiefern sie dauernd oder in einer bestimmten Epoche oder bei bedeutenden Ereignissen in der Territorial- und Kulturgeschichte nachweisbaren Einfluß ausgeübt hat. Dieses Buch gehört in die Handbibliothek jeder höheren Schule, denn es gibt die Orientierung für das jeweils einschlägige Kapitel der Weltgeschichte. Die sauber gearbeiteten 15farbigen Karten, die sich von den gebräuchlichen historischen wesentlich unterscheiden, da sie mehl physikalische. Vegetations- und Wirtschaftskarten darstellen, erleichtern das Eindringen in den flüssig geschriebenen Text. — Der um die Erforschung der Wirtschaftsgeschichte Kärntens mit seinem dreibändigen Werk „Der Bauer in Kärnten“ verdiente Walther Fresacher bietet in seiner Untersuchung: „Das bäuerliche Besitzrecht in Altbayern und Kärnten" (Band XI der Museumsschriften, 19 Seiten, Preis 11 S) Ergebnisse seiner jahrelangen Forschung über das Kärntner Bauerntum, die zum Teil auf sehr ähnlichen, besitzrechtlichen Zuständen in beiden Ländern fußen: Gleichheit des Blutes und des Rechtsbewußtseins, dagegen durch, eine andersgeartete, politięęhę Entwicklung begründet sind. — Wilhelm Neumann zeigt in seiner Arbeit „M ichael Gothard Christalnick“ (Band XIII der Museumsschriften, 124 Seiten, Preis 45 S) auf, wie durch einen glücklichen Fund zweier Handschriften in der Stiftsbibliothek von St. Florian (Karl Großmann), der „Historia Carinthiaca“ sowie des „Extractes“ des evangelischen Predigers Michael Gothard Christalnick (gest. 1595), letzterem und dem Lande Kärnten „die Ehre der Verfasserschaft der ersten großen repräsentativen Geschichte seines Landes“ wiedergegeben wurde, ja darüber hinaus die voll entwickelte Geisteswelt des Humanismus in Kärnten aufzeigt, und rechtfertigt somit den Untertitel: Kärntens Beitrag zur Geschichtsschreibung des Humanismus. — Hermann Menhardt gelingt in seiner neuerlichen kritischen Untersuchung: „Der Millstätter Physiologus und seine Verwandten“ (Museumsschriften, Band XIV, 76 Seiten, Preis 60 S) der überzeugende Nachweis, daß die berühmte, vom Geschichtsverein für Kärnten gehütete Sammelhandschrift altdeutscher Gedichte zur Zeit Heinrichs des Löwen in Regensburg entstanden ist (vgl. auch dessen früheren Aufsatz „Die Bilder der Millstätter Genesis und ihre Verwandten“, in: Festschrift für Rudolf Egger, Band III [Klagenfurt 1954], S. 248 bis 371, Carinthia I, 144. Jahrgang, ebenda, wo auch schon auf die Bilder des Millstätter Physiologus Bezug genommen wurde.

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