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Bücher über Volkskunde

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Pflug und Arl, ein Beitrag zur Volkskunde der Ackergeräte. Von Hanns Koren. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 276 Seiten, 27 Abbildungen, 3 Karten, S 40.—.

Das ist ein Buch, geladen mit Wissen, Scharfsinn, wissenschaftlicher Zucht und Noblesse gegen andere Meinungen, ein Buch, auf das die österreichische Volkskunde mit Recht 6tolz sein darf.

Wenn es auch ganz unmöglich ist, im Rahmen einer kurzen Besprechung auf die Fülle der mit unendlichem Fleiß jahrelang aufgezeichneten archivalischen Nachrichten der Untertananinventare und der Dokumentenbücher einzugehen, so kann doch gesagt werden, daß jeder, der sich mit ähnlichen Forschungen befaßt, hier zum erstenmal, also in vorbildlicher Art aufgezeigt findet, w i e eine solche Arbeit durchzuführen ißt. Man wird 6taunen, was dabei — strengste Gewissenhaftigkeit und wissenschaftlichen Scharfsinn vorausgesetzt — herauskommt. Obwohl die Arbeit auf Steiermark ausgerichtet ist, so ergeben sich doch daraus a'lcin schon Erkenntnisse, die nicht nur die außerordentliche volkskundliche Bedeutung dieses Landeö als Grenz- und Durchkreuzungsland dartun, sondern die auch Ausblicke auf die Nachbarländer und weit darüber hinaus aufschließen und völlig neue Zusammenhänge für die gesamte Pflugforschung, aber auch für die Besiedlungswellen der bäuerlichen Bevölkerung erschließen. „Der Kulturkreis, zu dem die 6teirische Arl gehört, weist nach Westen über Kärnten nach Tirol.“ Aber ebenso wei6t er auch, sowohl Im äußersten Westen wir im äußersten Osten, Formen und Teilbenennungen auf, die der bajuvarischen Arl entsprechen, während sich im M;ttel6tück (Kärnten) eine noch altertümlichere, vor-bajuvarhche Arl bis heute gehalten hat. Diese Urgestalt der Arl war ein vierseitiges Gerät („Rahmenpflug“) mit zweischneidiger Schar und einer Sterze, aber ohne .Sech“ und ohne Radvorgestell. Der Fund von Schandorf (Oberwarth) im Burgenland 6tützt die Annahme, daß es sich hier um ein bodenständiges Gerät handelt, das schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus da war. Ostgermanische Einflüsse sind nicht direkt, wohl aber über slawische, und was bisher nicht beachtet wurde, besonders über bajuvarische Vermittlung anzunehmen, weil im bajuvarischen Volkswerdungsprozeß auch ostgermanische Splitter beteiligt waren. .Sie müssen damals noch viel Eigenart besessen haben, daß sie diese in die Besiedlungsböden retteten, noch ehe sie zur neuen bajuvarischen Kultur umgeschmolzen wurden.“ Jeder, der sich mit Siedlung- oder mit volkskundlicher Sachforschung (Hausformen, Geräte, Trachten) beschäftigt hat, weiß, wie erlösend diese Feststellung eine ganze Reihe von umstrittenen Fragen klärt. Dabei haben wir hier nur e 1 n Beispiel aus vielen ähnlichen gebracht, um zu zeigen, welch bedeutsame Ergebnisse eine mit solcher .Andacht zum Unbedeutenden“, mit solcher wissenschaftlicher Treue und Zucht durchgeführte Arbeit zeitigen kann.

Kein Geschichts-, kein Volks- und Heimatforscher wird an dieser bahnbrechenden Arbeit vorübergehen können; wir hoffen aber auch sehr, daß sie sich alle landwirtschaftlichen Schulen und Ämter und alle Volksbildungsstellen zu Gemüte führen werden. Es Ist beste wissenschaftliche Bauern-kost, die ihnen hier geboten wird.

Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Von Gustav Gugitz. Studien zur Volkskunde, II. Band. Verlag Brüder Hol-linek, Wien 1950. 391 Seiten, ein farbiges Titelbild, 17 Bildbeilagen auf 8 Bildtafeln.

Nun ist auch der zweite und abschließende Band dieses Werkes, das sidi so bescheiden . als Studien bezeichnet, erschienen, ein halbes Jahr nach der Anzeige des I. Bandes in dieser Zeitschrift (10. Juni 1950, .Warte“, Seite 4). Er hält all das, was der I. Band versprochen hat, seine 41 Kapitel stellen die wichtigsten Feste und Bräuche der zweiten Jahreshälfte wieder mit der ganzen umfassenden Kenntnis und liebevollen Durchdringung dar, die für das Lebenswerk des Verfassers charakteristisch 6ind. Aus dem Kranz der Feste vom Peterstag bis Silvester seien hier nur einige herausgegriffen, deien Behandlung besonders wichtig erscheint, über die volkstümliche Verehrung der Heiligen Ulrich, Margaieta, Jakobus und Anna haben schon manche Forscher gearbeitet, über die heilige Magdalena sind gerade in den letzten Jahren wichtige Studien erschienen, dem von Gugitz behandelten heiligen Oswald hat man sich dagegen seit Jahrzehnten kaum zugewendet. Die Marientage, etwa Maria Himmelfahrt, sind in ihrer Brauchbedeutung schon öfter gewürdigt worden, das besonders in den Alpen einst sehr wichtige Fest des heiligen Bartholomäus wird nun durch Gugitz erst herausgearbeitet, und vermutlich wird sich dazu noch manches 6agen lassen. Während die Heiligen Ägydius, Magnus und der Erzengel Michael mannigfach behandelt wurden, hat St. Koloman als alter Landespatron schon längst eine volkskundliche Beachtung verdient, wie er sie nun hier erfährt. Und so könnte man lange fortsetzen: St. Leonhard und St. Wolfgang, die großen mittelalterlichen Volksheiligen, sind selbstverständlich mit ganz besonderem Interesse bedacht, Martin, Katharina, Andreas, Barbara werden wie das ganze Vorweihnachts- und Weihnachtebrauchtum mit dem Aufgebot aller Quellen aus bäuerlichem und bürgerlichem Glaubens- und Brauchgebiet behandelt. Der Darstellung des Lucientages gebührt besondere Anerkennung. Die einzelnen feinen weihnachtlichen Kapitel „Vom alten Christ-kindlmarkt“, „Der Christblock, ein Vorläufer des Christbaumes“, „Alt-Wiener Christmetten“, „Das Christkindlwiegen“ und „Alt-Wiener Weihnachtstage“ können leider nur durch ihre Titel andeuten, wieviel an gründlich und bedacht erhobenem und liebevoll dargestelltem Uberlieferungsstoff sie enthalten.

So zeigt dieser Schlußband, wie ja auch nur zu erwarten war, daß Gugitz mit diesem seinem altosterreichisdien Festkalender ein ebenso gelehrtes wie lesbares Werk geschaffen hat. das wohl ebenso Zeugnis des Standes unserer gestrigen und heutigen Volkskunde und Kulturgesdiichte ist, wie es ein dauerhaftes Handbuch aller österreichischen Brauchtumskunde bleiben wird. Weit herum in Mitteleuropa und, wenn ich recht sehe, auch darüber hinaus gibt es kein Werk dieser Art in der Gegenwart. Man wird darauf noch nach Jahrzehnten zurückgreifen, wie wir heute noch die Bände eines Freiherrn von Reinsberg-Düringsfeld immer wieder dankbar zu Rate ziehen. Daß es der flüchtigste Benutzer immer leicht wird tun können, dafür sorgt ein ausführliches Register. Der echte Leser, dem der warme Ton des alten Meisters unserer Kulturgeschichte eine besondere Freude ist, wird aber jederzeit den größten Gewinn von diesem Werk haben.

Der österreichische Hausbesitz. Jahrbuch für den österreichischen Hauseigentümer 1950. Herausgegeben im Auftrag der österreichischen Hausbesitzerorganisationen von Dr. Hans Türr. 128 Seiten. — Die Entlohnung des Hausbesorgers. Von Dr. Emil H a r i n g. 14 Seiten. — Beide Hefte: Verlag Richter & Springer, Wien.

Eine Reihe von Aufsätzen verschiedener Verfasser, die teils recht gut sind, tcHls grobe Fehler aufweisen, hat der Herausgeber zum Jahrbuch für den österreichischen Hauseigentümer 1950“ zusammengefaßt. Beispielsweise sollte es nicht vorkommen, daß der Erwerb und Besitz“ von Liegenschaften nach der Einverleibung im Grundbuch als .rechtskräftig“ (S. 31) bezeichnet wird. Die Einstellung der Autoren zum Mieterschutz ist fast ausnahmslos einseitig. — .Die Entlohnung des Hausbesorgers“ ist ein Sonderabdruck eines Aufsatzes aus dem .Jahrbuch“.

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