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Kultur und Geschichte Österreichs

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GROSSE ÖSTERREICHER. Neue Oesterreichische Biographie ab 1815. XII. Band. Amalthea-Verläg, Zürich-Leipzig-Wien. 217 Seiten.

Herkunft und Wirken der in einem biographischen Werk dargestellten Menschen können kaum verschiedenartiger sein als in dem vorliegenden Band. In ihm wird das tragische Geschick einer jungen Kaiserin (Maria Ludovika von Ann Tižia Leitich) ebenso liebevoll geschildert, wie der Lebenslauf eines rumänischen Bauernführers (Avram Jancu von Alexander Randa) oder eines ungarischen Offiziers (Geza Fejervary de Komlos-Keresztes von Rudolf Kiszling). Die großen Unterschiede in den äußeren Lebensumständen dieser Persönlichkeiten erhöhen aber nur den Reiz des Buches und gehören ebenso zu dessen Programm wie der Titel, der das allen Genannten Gemeinsame und das Auswahlprinzip in zwei Worte faßt: „Große Oesterreicher“, deren Wollen und Leistungen zuletzt doch vor allem ihrer Heimat zugute gekommen sind, sollen hier ihre gerechte Würdigung finden.

Daß gerade in diesem Band einige Schicksale enthalten sind, die an der Nachlässigkeit und am Undank ihrer Mitwelt schwer zu tragen hatten oder gar daran zerbrochen sind (Franz Schubert, Alban Berg, Avram Jancu, Ludwig von Benedek u. a.), ist vielleicht nicht nur Zufall. Gewiß hat es zu jeder Zeit und überall verkannte Genies, hungernde Künstler und zu Unrecht bloßgestellte Heerführer und Politiker gegeben. Daß ein Land aber in einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne eine solche Fülle von Begabungen hervorbringt, von denen dann ein guter Teil ohne großes Aufsehen und sonderlich böse Absicht, gleichsam nebenbei, scheitern muß („es war ja gar nicht so gemeint“), scheint doch auch ein wenig für „das österreichische Schicksal" typisch zu sein.

In erster Linie aber regt das interessante und aufschlußreiche Werk Gedanken über die positiven Seiten des österreichischen Nationalcharakters an. Die sorgfältige Biographie Carl von Rokitanskys von Etna Lesky, die fesseln le Schilderung des Lebensweges Anton Romakos von Hans Ankwicz-Klee- hoven, das prägnante Porträt Karl Luegers von Kurt Skalnik und die ehrfurchtsvolle Beschreibung der heroischen Leistungen Guido Holzknechts von Ernst Mayer sind dazu, ebenso wie fast alle anderen Beiträge, hervorragend geeignet. Der Größe des Gewürdigten nicht ganz entspricht die Biographie Schuberts von Hans Jaricik, und auch der Beitrag von Julius Deutsch über Karl Seitz könnte gehaltvoller sein. Für den Historiker ist es besonders erfreulich, daß in diesem Band gleich drei große Gelehrte seines Faches (August Fournier von Arnold Winkler, Heinrich Srbik von Wilhelm Bauer und Hans Hirsch von Heinz Zatschek) eingehend gewürdigt werden.

GESCHICHTE UND KULTURLEBEN ÖSTERREICHS VON DEN ÄLTESTEN ZEITEN BIS 1493. Von Mayer-Kaindl. Auf Grundlage der „Geschichte Oesterreichs“ von Franz Martin Mayer und Raimund K a i n d 1. 5„ verbesserte Auflage, bearbeitet von Hans Pirchegger. Universitäts- Verlagsbuchhandlung Wilhelm Braumüller, Wien- Stuttgart. 329 Seiten, 1 Stammtafel und 9 Karten. Preis 180 S.

Der erste Band des allen Historikern, besonders aber der Lehrer- und Studentenschaft wohlbekannten und c(t benützten „Mayer-Kaindl“ liegt nun, nach mehr als 20 Jahren, wieder in einer neuen Auflage vor. Der Nestor der steirischen Geschichtsforschung, Univ.-Prof. Dr. Hans Pirchegger, der schon seinerzeit, nach dem Tod von Mayer und Kaindl, das Werk zu Ende führte, hat diesen bis zum Ende des Mittelalters reichenden Band gründlich überarbeitet und auf den Stand der neuesten Forschung gebracht. So wie die früheren Ausgaben, wird daher auch die verdiente fünfte als umfassende und einprägsame Darstellung der Geschichte Oesterreichs allen Interessierten gute und wertvolle Dienste leisten.

DAS LAND OB DER ENNS. Zur Geschichte der Landeseinheit Oherösterreichs. Von Franz Pfeffer. Veröffentlichungen zum Atlas von Oberösterreich (oberösterreichischer Heimatatlas), 3, herausgegeben vom Institut für Landeskurde von Oberösterreich.

Oberösterreichischer Landesverlag in Kommission, Linz. 318 Seiten, 22 Karten.

Die jahrelangen Vorarbeiten des Autors für die Herausgabe des oberösterreichischen Heimatatlasses führten zur Entstehung dieses Werkes. Sein zentrales Thema ist das allmähliche Herauswachsen des Landes ob der Enns aus seinem Wurzel- und Kernraum, dem Traungau, von den historisch faßbaren Anfängen bis zur Anerkennung der habsburgischen Lehenshoheit durch die Grafen von Schaunberg im Jahre 1361. Das Hauptanliegen Pfeffers war dabei die Erbringung des Nachweises, „daß das Land ob der Enns in seinem ältesten Kern, den viel gesuchten und viel umstrittenen .Drei Grafschaften', als eine der ältesten und beständigsten Landeseinheiten des heute österreichischen Donau-Alpen-Raumes schon im 8. Jahrhundert in sein staatliches Eigenleben eintrat, daß es noch vor Niederösterreich die festen Rechtsgrundlagen eines eigenen Landes empfing . ..“ (S. 11). .

Pfeffer hat sich mit der Frühgeschichte seines im Vergleich zu Niederösterreich also „älteren Oesterreich“ eingehendst beschäftigt. Für den umfangreichen Anmerkungsapparat wurde die gesamte einschlägige Literatur mit allen Neuerscheinungen herangezogen. Was das bedeutet, kann jeder ermessen, der sich nur einmal über den Stand der schwierigen „Tres-comitatus-Frage“ orientieren wollte. Vermutlich werden die Erkenntnisse, die, Pfeffer aus seinen sorgfältigen Untersuchungen über „die Geburt des Landes ob der Enns“ gewonnen hat (S. 181), auf manchen Widerspruch der Fachgenossen stoßen. Das Verdienst, mit seiner Arbeit die Erforschung eines nicht nur für die Geschichte des Landes ob der Enns, sondern auch für das Werden Gesamtösterreichs wichtigen Problemkreises weiter vorangetrieben zu haben, wird Pfeffer allerdings auch dann von niemandem abgestritten werden können.

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